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Ein Hologramm für den König

Ein Hologramm für den König

Titel: Ein Hologramm für den König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Eggers
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Ich wollte eben eine rauchen gehen, sagte sie. Kommen Sie mit?
    Alan folgte ihr durch eine Glastür auf einen breiten Balkon, wo andere KAEC -Mitarbeiter und Consultants rauchten, sich unterhielten, Tee und Kaffee tranken.
    – Vorsicht, Stufe, sagte sie, aber es war zu spät. Er war über die Schiene unter der Tür gestolpert, und seine Arme flogen nach vorn, als wollte er fliegen. Ein Dutzend Augenpaare sahen, wie es passierte, und ein Dutzend Münder lächelten. Es war kein einfaches Stolpern. Es war komisch, wild, theatralisch. Der schwitzende Mann, der da reinkam, dessen Arme überallhin schlackerten, wie von unsichtbaren Puppenspielern gezogen.
    Hanne lächelte mitfühlend und bedeutete ihm, sich ihr gegenüber hinzusetzen, auf eine niedrige Couch aus schwarzem Leder. Ihre Augen wirkten fast kokett, aber das war unmöglich. Nicht nachdem er sich gerade erst blamiert hatte. Wahrscheinlich nie.
    – Sie arbeiten für Reliant?, fragte sie.
    – Seit Kurzem, ja.
    Alan massierte seinen Knöchel. Er hatte ihn sich noch mehr verstaucht.
    – Und Sie sind wegen einer Präsentation hier?
    – Wir möchten die Stadt mit IT beliefern, ja.
    Sie plauderten eine Weile so weiter, während er sich umschaute. Keine der Frauen, ob Saudi oder nicht, hatte den Kopf bedeckt. Eine schwarze Plastiktrennwand auf beiden Seiten des Balkons verhinderte, dass sie irgendetwas anderes sahen als das Meer vor ihnen. Und, so dachte Alan, sie verhinderte ebenso, dass irgendwer von unten einen Blick auf die egalitäre und lockere Welt im Innern der Black Box werfen konnte. Das war das Katz-und-Maus-Spiel, das im Königreich gespielt wurde. Die Menschen wurden in die Rolle von Teenagern gezwungen, die ihre Laster und Vorlieben vor einer Schattenarmee aus Eltern verbargen.
    – Wie läuft es denn so bei Reliant?, fragte sie.
    Er erzählte ihr, was er wusste, was sehr wenig war. Er erwähnte ein paar Projekte, ein paar Innovationen, aber sie war ohnehin über das alles im Bilde. Wie sich herausstellte, wusste sie über alles Bescheid, was er machte, über sein Geschäft und alle anderen, die damit zu tun hatten. Binnen weniger Minuten, in denen sie einander kennenlernten, abschätzten, wo ihre Wege sich gekreuzt haben könnten, handelten sie eine Handvoll Consultingfirmen ab, die Kunststoffbranche in Taiwan, den Sturz von Andersen Consulting, den Aufstieg von Accenture.
    – Dann sind Sie also hier, um sich ein Bild von der Lage zu machen, sagte sie, drückte ihre Zigarette aus und zündete sich eine neue an.
    – Ich versuche wirklich bloß, mir ein Bild von der zeitlichen Planung zu machen. Wann wir damit rechnen können, irgendwas Neues über den König zu erfahren, so was eben.
    – Was hat man Ihnen erzählt? Ich hoffe, die haben Ihnen nichts versprochen.
    – Nein, nein, sagte er. Die haben sich recht deutlich geäußert. Aber ich hoffe dennoch, dass es bald so weit ist. Mir wurde der Eindruck vermittelt, dass unser Chef den König irgendwie kennt. Dass die Sache hier etwas zwischen den beiden wäre und, na ja, schnell über die Bühne gehen würde, Sie verstehen.
    Ihre Augen registrierten neue Informationen. – Tja, das wäre gut für uns alle. Der König war schon eine Weile nicht mehr hier.
    – Wie lange ist eine Weile?
    – Nun ja, ich bin seit achtzehn Monaten hier, und er hat sich noch kein einziges Mal blicken lassen.

XIV.
    HANNE BEMERKTE WOHL , dass Alan die Gesichtszüge entglitten.
    – Aber hören Sie, sagte sie. Sie sind bei Reliant. Ich bin sicher, Ihre Leute wissen mehr als ich. Ich bin bloß Consultant. Ich mach Lohnbuchhaltung. Bestimmt wird er wegen Ihrer Präsentation bald herkommen, nicht? Selbst wenn der König morgen käme, wäre ich nicht im erlauchten Kreis derer, die Bescheid wüssten.
    Sie drückte ihre zweite Zigarette aus und stand auf. – Sollen wir?
    Sie führte ihn hinein. Sie gingen durch die Lobby und in einen Korridor, der gesäumt war mit Glaskästenbüros und Konferenzräumen. Ein paar Dutzend Männer und Frauen hetzten umher, zu gleichen Teilen in westlicher Geschäftskleidung und einheimischen Gewändern. Die Büros und Arbeitswaben waren nahezu gänzlich leer, ohne irgendwelche Hinweise darauf, dass jemand Wurzeln geschlagen hatte oder von einer dauerhaften Benutzung ausging. Auf manchen Schreibtischen stand bloß ein Monitor, der Computer entweder abgeklemmt oder entfernt. Telefone hatten keinen Besitzer, Projektoren blickten auf Fenster. Das Ganze wirkte wie ein Start-up, was es vielleicht auch

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