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Ein Hologramm für den König

Ein Hologramm für den König

Titel: Ein Hologramm für den König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Eggers
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in einen Lebensmittelladen traben.
    Alan setzte sich auf und wischte sich den Sabber von der Wange.
    – Wie lang hab ich geschlafen?, fragte er.
    Salem blickte nicht von seinem Handy auf. – Rund eine Stunde. Sie haben geschnarcht. Sehr niedlich.
    Ein Mädchen in einer Burka, der Größe nach zu schätzen etwa sieben Jahre alt, kam an Salems Fenster. Sofort drückte er einen Knopf, um die Türen zu verriegeln. Die Kleine blieb vor seinem Fenster stehen, klopfte dagegen, rieb die Finger zusammen.
    Jetzt bemerkte Alan, dass da Dutzende Frauen und Kinder, überwiegend Mädchen, alle in schwarzen Burkas, von Auto zu Auto schwebten, sich Fenstern näherten, wieder wegschwebten.
    Alan begann, sein Fenster runterzukurbeln. Beim Anblick eines mitfühlenderen Gesichts eilte das Mädchen auf seine Seite des Wagens, die Hände ausgestreckt.
    – Nicht, nicht!, sagte Salem. Machen Sie das Fenster zu.
    Alan gehorchte, und die hochgleitende Scheibe hätte beinahe die kleinen Finger des Mädchens eingeklemmt. Jetzt klopfte sie mit verstärkter Eindringlichkeit an die Scheibe, den Kopf fragend zur Seite geneigt, während ihr Mund sich fieberhaft bewegte. Alan lächelte und zeigte seine leeren Hände. Sie schien entweder nicht zu verstehen oder sich nicht drum zu scheren. Sie klopfte weiter.
    Salem machte sie auf sich aufmerksam und zeigte nach oben. Prompt drehte sie sich um und ging. Es war wie ein Zaubertrick.
    – Was bedeutet das, fragte Alan, wenn man so nach oben zeigt? Er ahmte die Geste nach.
    Salem war schon wieder mit seinem Handy beschäftigt.
    – Es bedeutet, Gott sorgt für dich .
    – Und das funktioniert?
    – Es beendet die Diskussion.
    Als das nächste Kind sich ihrem Fenster näherte, die Augen glasig und gelb, zeigte Alan zum Himmel. Es verschwand.
    – Sie brauchen kein schlechtes Gewissen zu haben, sagte Salem. Die kommen schon klar.
    Alan schaute sich auf dem Parkplatz um und sah endlich, was offensichtlich hätte sein müssen: dass da eine ungewöhnlich große Zahl ganz unterschiedlicher Menschen alle zur selben Zeit in dieselbe Richtung fuhren. Und jetzt sah er es ganz deutlich. Ein Mann in dem Mercedes direkt vor ihnen, nur mit ein paar weißen Tüchern am Leib und Sandalen an den Füßen. Familien zusammen, die sich für die Fahrt mit Vorräten eindeckten.
    – Ist das hier die Pilgerfahrt?, fragte Alan.
    Salem blätterte wieder in seinem Handy, und es klang wie ein tickender Geigerzähler.
    – Nicht der offizielle Hadsch. Der ist dieses Jahr im November. Das hier ist die Omrah, sozusagen eine kleine Pilgerfahrt für Leute, die während der großen nicht kommen können.
    Yousef tauchte mit einem Einkaufswagen voller Proviant aus dem Laden auf. Salem entriegelte die Türen, und Yousef lud alles in den Kofferraum. Sekunden später waren sie wieder unterwegs, und Alan döste wieder ein. Die schwarze Straße, so glatt, und die Sonne, so klein, das lullte ihn in den Schlaf. Er wurde von einer hitzigen Diskussion zwischen Yousef und Salem geweckt.
    – Was ist los?, fragte Alan.
    Yousef wandte sich ihm zu und deutete auf ein Schild weiter vorn über der Straße. Dort gabelte die Straße sich, und die drei Hauptspuren waren nur noch für Muslime frei. Ein Schild in Rot zeigte die Ausfahrt für die Umleitung um Mekka herum an, für Nichtmuslime auf der Durchreise. Yousef spielte mit dem Gedanken, mit Alan die Hauptroute zu fahren.
    – Wir könnten Ihnen einen Thawb zum Anziehen geben. Damit würden Sie durchkommen.
    – Das ist es nicht wert, sagte Salem. Er war nicht glücklich. Die Umleitung außen herum ist nur zwanzig Minuten länger. Bitte.
    Yousef wandte sich an Alan. – Wollen Sie durchgeschmuggelt werden?
    Alan wollte nicht. Er wollte nicht gegen so eine Regel verstoßen. Aber sie waren immer noch auf der Spur ganz links, und die Ausfahrt für Nichtmuslime, drei Spuren weiter rechts, kam schnell näher.
    Ein Schwall auf Arabisch von Salem. Yousef reagierte nicht. Plötzlich ein einziges Chaos. Salems Oberkörper war auf dem Vordersitz, und er hechtete nach dem Lenkrad, Alan wurde gegen die Tür gestoßen. Yousef stieß Salems Hände weg und schlug ihm ins Gesicht. Als er das Geräusch hörte, ein lautes Klatsch , lachte er amüsiert. Salem zog sich auf seinen Sitz zurück, resigniert.
    Dann, mit einer einzigen fließenden Bewegung, schoss Yousef seitwärts über die Schnellstraße und war gleich darauf auf der Straße für Nichtmuslime.
    Im Rückspiegel richtete Yousef einen enttäuschten Blick an

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