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Ein Hologramm für den König

Ein Hologramm für den König

Titel: Ein Hologramm für den König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Eggers
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sagte er.
    Alan lächelte, und der Mann begann den komplizierten Vorgang, seine Maschine einsatzbereit zu machen.
    – Sind Sie der Mann für die Anästhesie?, fragte Alan.
    Der Mann lächelte, die Augen strahlend und glücklich. Doch anstatt zu antworten, begann er zu summen, laut und beinahe wie im Delirium.
    Alan legte sich wieder hin und sah die Decke an, die ihm nichts verriet. Er schloss die Augen und war nach wenigen Sekunden kurz vorm Einschlafen. Wäre nicht das irre Gesumme des asiatischen Betäubers gewesen, er wäre sofort weggedöst. Menschen starben auf OP -Tischen, dachte er. Er war vierundfünfzig, alt genug, um zu sterben, ohne übermäßige Bestürzung auszulösen. Seine Mutter war mit sechzig an einem Schlaganfall gestorben. Als es passierte, war sie unterwegs, um eine Cousine zu besuchen, und fuhr gerade durch Acton. Ihr Wagen rutschte von der Straße und prallte gegen einen Telefonmast, ohne dass sie oder der Wagen ernstlichen Schaden davontrugen – sie hätte ihn beinahe verfehlt. Aber sie wurde erst am nächsten Morgen gefunden, und da war sie schon tot. Allein zu sterben, irgendwann mitten in der Nacht, im Straßengraben. Alan betrachtete das als Botschaft: Im Tod darfst du nicht auf Würde hoffen, sondern solltest dich auf Chaos gefasst machen.
    – Hallo, Alan. Wie fühlen Sie sich heute?
    Er kannte diese Stimme. Er öffnete die Augen. Dr. Hakems Kopf verdeckte das Licht. Er sah ihr Gesicht nur als verschwommenen Fleck.
    – Gut, sagte er und schaute sich um. Irgendwie war der Raum plötzlich voller Menschen. Er zählte sechs oder sieben, alle mit Gesichtsmasken.
    – Freut mich, Sie zu sehen, sagte sie, ihre Stimme kühl wie Wasser. Wir haben hier eine ziemlich internationale Truppe, um bei dem Eingriff zu helfen. Das ist Dr. Wei aus China, sagte sie und zeigte auf den Betäuber. Er ist unser Anästhesist. Und Dr. Fenton hier ist aus England. Er ist als Beobachter dabei.
    Sie stellte das restliche Team vor, aus Deutschland, Italien, Russland. Sie nickten, nur ihre Augen sichtbar, und es ging alles viel zu schnell, als dass Alan sich hätte merken können, wer wer war. Er lag auf dem Rücken, nackt bis auf ein blaues, falsch herum getragenes Cape, und tat sein Bestes, um zu lächeln und zu nicken.
    – Wenn Sie so weit sind, können Sie sich auf den Bauch drehen, sagte Dr. Hakem.
    Alan drehte sich um, das Gesicht jetzt in dem steifen Kissen, das nach Bleichmittel roch. Er wusste, dass er entblößt dalag, doch sogleich legte ihm eine Krankenschwester zuerst ein Laken und dann eine Decke auf den unteren Rücken.
    – Ist das warm genug?, fragte Dr. Hakem.
    – Ja. Danke, sagte Alan.
    – Okay. Könnten Sie den Kopf bitte zur Seite drehen?
    Er drehte ihn nach links und drückte die Arme flach auf den Tisch.
    – Ich werde jetzt den Bereich um die Geschwulst herum vorbereiten, sagte sie.
    Er spürte, dass sie seinen Kittel oben aufband. Dann etwas Nasses auf seiner Haut. Ein Schwamm, Tupfen. Ein Wasserrinnsal, das ihm übers Schlüsselbein rieselte.
    – Okay. Dr. Wei wird jetzt ein Lokalanästhetikum in den Bereich injizieren. Sie werden ein paar Einstiche spüren.
    Alan spürte das schmerzhafte Eindringen der Nadel knapp unterhalb seiner Zyste. Dann noch einmal links davon. Und noch einmal und noch einmal. Dr. Hakem hatte von ein paar gesprochen, aber jetzt hatte Dr. Wei ihn vier-, fünf- und schließlich sechsmal gestochen. Wenn er es nicht besser gewusst hätte, hätte Alan gedacht, es würde dem Mann Spaß machen.
    – Spüren Sie das?, fragte sie. Ich drücke auf Ihre Zyste.
    Er spürte etwas, sagte aber Nein. Er wollte nicht übersediert werden. Er wollte eine Version des Schmerzes fühlen, ganz gleich wie gedämpft.
    – Gut. Sind Sie bereit?, fragte sie.
    Er bejahte.
    – Dann fang ich jetzt an, sagte sie.
    Er entwarf geistige Bilder, die zu dem unterschiedlichen Druck passten, den er spürte, zu den Geräuschen und Bewegungen der Schatten über ihm. Anscheinend erfolgte zuerst eine Reihe von kleinen Einschnitten. Das schloss er aus den Bewegungen von Dr. Hakems Arm. Danach betupfte ihre andere Hand den Bereich mit einer Art Schwamm. Er spürte den Druck des Schwamms auf sich. Schnitt, Tupfen, Schnitt, Tupfen. Im Hintergrund das Summen des Betäubers und von oben die Musik von Edith Piaf, so schien ihm.
    – Okay, ich habe die Zugangsschnitte gemacht, sagte Dr. Hakem. Wahrscheinlich spüren Sie gleich ein Ziehen, wenn ich die Zyste entferne. Die sind manchmal recht verklebt.
    Und

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