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Ein Hummer macht noch keinen Sommer

Ein Hummer macht noch keinen Sommer

Titel: Ein Hummer macht noch keinen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Wekwerth
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außergewöhnlichen Geschmack, auch roh im Salat ist er eine aromatische Wohltat. In Salzwasser gedämpft, passt er hervorragend zu Fisch. Sogar braten kann man ihn, in Olivenöl zum Beispiel und mit Knoblauch.
    Ihrer Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Lassen Sie den Köppernickel in Ihre Küchen und Kochtöpfe hinein, und er wird Ihre Herzen im Sturm erobern.
    Natalie massierte sich die Schläfen. Sie hatte Kopfschmerzen.
    »Wieder zu viel Wein getrunken, altes Mädchen«, sagte sie schnell zu sich selbst, bevor der Zwerg irgendetwas sagen konnte.
    Sie stand auf und streckte sich. Nachher würde sie Theodor wiedersehen. Als ihren Therapeuten. Natalie lächelte, sie wusste, dass sie sich vollkommen auf seine Professionalität verlassen konnte. Mit ein bisschen Glück hatte er sogar den Kinn-Kuss vergessen.
    Heute würde sie gern mit ihm über die Büchershow reden. Sollte sie weitermachen oder aufhören? Sollte sie Wir lesen durch bis morgen früh noch moderieren, in der Hoffnung, dass es ihr etwas bringen würde? Sollte sie wirklich? Obwohl sie die fünf abgeleiertsten Bücher der Welt anzupreisen hatte?
    Unschlüssig kratzte sich Natalie den Kopf.
    Ein Spaziergang wäre jetzt genau das Richtige. Und sie würde nicht in den Lietzenseepark gehen und dort wie eine manische Stalkerin zu Theodor Silberstadts Wohnzimmerfenster hochstarren. Nein, sie würde ganz zivilisiert in den Schlosspark gehen, der ja auch nicht weit entfernt lag, ein wenig in die Springbrunnen und Blumenbeete träumen, und derartig erfrischt und ausgeglichen könnte sie dann in Theodors Praxis gehen und präzise formulierte Sätze hervorbringen. Und im Anschluss würde sie ihn zum Abendessen bei sich zu Hause einladen.
    »Was ziehe ich an?« Natalie öffnete den Kleiderschrank.
    Die seidene Schmetterlingsbluse hatte ihm gut gefallen, also würde sie die tragen und dazu ganz lässig einen Jeans-Minirock und hohe Absätze. Nicht zu hoch, denn sie wollte ja vorher durch den Schlosspark spazieren. Aber ein Jeans-Minirock ohne Absätze sah einfach nicht gut aus. Was vielleicht an deinen Beinen liegt und nicht am Rock , gab die Zwergenstimme in ihrem Kopf zu bedenken.
    »Mag sein«, murmelte Natalie und dann packte sie die Absatzschuhe in eine Plastiktüte, zog flache Ballerinas, den Minirock und die Schmetterlingsbluse an, schminkte sich, schluckte eine Migränetablette und eilte aus der Wohnung. Sie hatte vergessen, sich die Haare zu kämmen.
    Wenig später lief Natalie, mit der Plastiktüte und Lisa der Listigen am Arm, in Richtung Schloss. Es war ein herrlicher Vormittag. Wo waren sie hin, all die Wolken der letzten Nacht? Auf und davon. Der Park präsentierte sich in gleißendem Sonnenschein, war bevölkert von Kinderwagen schiebenden jungen Frauen, rüstigen Rentnern, Joggern und fotografierenden Japanern. Natalie schlenderte zum Springbrunnen und weiter bis zum Ententeich. Dort taten ihr die Füße weh. Die Ballerinas waren zwar flach, aber ganz schön hart und eng. Natalie blickte auf die Uhr. Noch zwei Stunden bis zum Termin. Sie seufzte. Vielleicht sollte sie jetzt schon mal ganz langsam zum Ausgang zurückgehen, sich am Spandauer Damm ein Taxi nehmen und es einen Umweg über den Ernst-Reuter-Platz fahren lassen, damit sie a) nicht zu früh in der Praxis eintraf, b) nicht wieder Ärger mit einem unfreundlichen Berliner Taxizwerg bekam und c) ihre Füße nicht anfingen, auf unappetitliche Weise zu bluten und Blasenflüssigkeit abzusondern.
    Ja, das klang doch alles recht vernünftig, fand Natalie und humpelte los …
    Der Taxifahrer, der sie, bereitwillig und ohne Fragen zu stellen, mehrere Male um den Ernst-Reuter-Platz chauffierte, war ein riesengroßer, glatzköpfiger Pole mit breitem Lächeln. Einerseits war Natalie erleichtert, keinem weiteren Zwerg ausgesetzt zu sein, andererseits fragte sie sich im Stillen, ob wohl die gesamte Märchenwelt auf die Berliner Taxifahrerszene losgelassen worden war, denn der Mann erinnerte sie an Shrek.
    » Do widzenia , du lustig Frau!«, rief er wenig später mit dröhnendem Bass, nachdem er in der Leonhardtstraße vor dem Haus gehalten hatte, in dem sich Theodors Praxis befand. Natalie zahlte und stieg aus. Sie war immer noch über eine geschlagene Stunde zu früh dran, ihre Schmetterlingsbluse war verschwitzt und knitterig, ihre Füße schmerzten. Ein wenig absurd kam ihr ihr Vormittagsprogramm plötzlich vor. Sie hätte die Zeit besser nutzen und eine Kolumne über Schokoladendesserts schreiben oder mal

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