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Ein Hummer macht noch keinen Sommer

Ein Hummer macht noch keinen Sommer

Titel: Ein Hummer macht noch keinen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Wekwerth
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sie anbetete. Er hatte sich in der Mädchen-Ecke bei Spiele Max ausführlich beraten lassen und brachte ihr jetzt immer etwas mit: Barbies Glitzerkamm, rosa Haarspängchen, Zubehör für den Kaufmannsladen. Neulich hatte er ihr den Disney-Prinzessinnen-Regenschirm geschenkt, den sie sich sehnsüchtig gewünscht hatte, denn sie wollte zukünftig ihren eigenen Schirm über sich halten, wenn sie mit Hertha unterwegs war.
    Obwohl es heiß und eng in der Schaukel war, blieb Rosie zwischen Rudolf und David sitzen. Sie mochte ihre tiefen Stimmen.
    Die beiden sprachen mal wieder über die Hummer. Rosie wunderte sich, dass Erwachsene so beharrlich über ein einziges Thema reden konnten. Doch gerade eben war etwas Neues gesagt worden, das die ganze Atmosphäre veränderte: »Ja, nur ein Raum.« Und plötzlich ruckte ihr Vater unruhig mit dem Hintern hin und her, was zur Folge hatte, dass die Schaukel wimmernd auf und nieder wippte. Das hätte sie mal wagen sollen! Dann hätten alle wieder gemeckert, sie wäre schlimmer als ein Sack Flöhe. Aber Erwachsene durften so etwas. Erwachsene durften alles: ruckeln und zappeln und lügen und vor dem Fernseher ungesunde Sachen essen. So wie ihre Mutter in Bielefeld. Die löffelte ein Glas Nutella leer und aß dazu Wasabi-Chips. Bloß weil sie ein Baby bekam.
    Rosie wurde von dem Geschlinger in der Hollywoodschaukel ein bisschen seekrank, sie erwog, aufzustehen und mit Feivel im Kinderzimmer zu spielen. Vorher wollte sie aber noch wissen, wie es hier weitergehen würde, denn irgendetwas war auf einmal anders.
    »Aber du hast doch eine Galerie, Rudolf?«, fragte David gerade. »Die hast du doch, oder?«
    »Natürlich«, antwortete Rosie, weil ihr Vater schwieg. »Gleich neben dem Teeständer.«
    »Teeständer?« David sah sie verwundert an.
    »Ja, neben dem Teeständer«, wiederholte sie ungeduldig, und dann juckte es sie am Hinterkopf.
    »Ich verstehe nicht, was ein Teeständer in einer Kunstgalerie verloren hat«, sagte David. »Ich glaube, ich weiß nicht einmal genau, was ein Teeständer überhaupt sein soll.«
    Rosie verdrehte die Augen und stöhnte. »Du weißt doch wohl, was Tee ist.«
    »Ja, schon.«
    »Und du weißt auch, was ein Ständer ist.«
    »Hm.«
    »Also ist ein Teeständer ein Ständer, auf dem Tee steht. Kapiert?«
    »Ist das Kunst?«, fragte David an Rudolf gewandt.
    »Da lief gerade ein kleines Tier über Rosies Scheitel«, sagte Rudolf.
    »Ob der Teeständer Kunst ist, will ich gern wissen.« David schien seine Geduld zu verlieren. »Und jetzt hör endlich mit dem verdammten Gezappel auf, Rudolf, und sag mir, was hier gespielt wird!«
    »Pediculosis capitis!«
    »Was?«
    »Rosie hat Läuse!«, rief Rudolf, woraufhin Rosie in gellendes Geschrei ausbrach und damit alle weiteren Fragen zu Galerieräumen und Teeständern unmöglich machte.
    »Neiiiiiiiiiin!«, brüllte sie. »Das ist ja so wiiiderlich!«
    »Papi rennt ganz schnell rüber in die Apotheke und holt ein sehr wirkungsvolles Mittel für Rosilein!«
    »Ich wiiill keine Läääuse haaaabeeeen!«
    »Entschuldige, David«, rief Rudolf gegen das Gebrüll seiner Tochter an und erhob sich eilig. »Bin gleich wieder da. Würdest du so lange bei Rosie bleiben?«
    »Klar, doch«, antwortete David, der in seinem Leben noch keine Laus gesehen hatte. »Zeig mal, Rosie.«
    »Geh weg.« Sie schlug nach ihm.
    »Ich will doch nur mal sehen, ah ja, tatsächlich, da rennt eine. Die ist aber ordentlich groß!«
    Rosie begann wieder zu kreischen, was Feivel anlockte. Aus kreisrunden Augen glotzte er seine tobende Herrin an. Dann ging er wieder.
    »Jetzt hör schon auf«, sagte David und klopfte Rosie vorsichtig auf den Rücken. »Die Nachbarn werden die Polizei rufen, weil sie glauben, dass ich dich foltere.«
    Sie schniefte.
    »Ich frag mal Hertha.« David holte sein Handy aus der Brusttasche.
    Während er auf der Tastatur herumtippte, kratzte sich Rosie wie rasend den Kopf. Wenigstens hatte sie aufgehört zu schreien.
    »Was tut man, wenn man Läuse hat, Herthalein?«
    »Du hast viel zu wenige Haare dafür.«
    »Ich frage ja auch nicht für mich«, gab David verstimmt zurück. Den Verlust seiner Lockenpracht hatte er nie richtig verwunden.
    »Wir haben das früher mit Mayonnaise gemacht. Das erstickt die Viecher, und die Nissen lassen sich leicht herauskämmen. Für das Haar ist es auch nicht schlecht. Aber heutzutage würde ich lieber etwas mit richtig viel Chemie nehmen. Das ist sicherer. Was macht denn mein Rosilein?«
    »Um

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