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Ein Hummer macht noch keinen Sommer

Ein Hummer macht noch keinen Sommer

Titel: Ein Hummer macht noch keinen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Wekwerth
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flüsterte Rudolf. »Das war viel zu wenig, ich weiß, aber ich hatte irgendwie keine Gelegenheit gefunden, dir zu sagen, dass …« Er ließ den Kopf hängen. »Es tut mir leid.«
    »Und mir erst!«, tobte David, und bevor er mit seinen Fäusten Unheil anrichten konnte, drehte er sich um und rannte laut schreiend aus der Wohnung.
    Eine Vernissage in einer Apotheke am Rüdesheimer Platz? Dagegen war ja Neuruppin glanzvoll gewesen! Wie ein ausgerasteter Stier galoppierte David mit gesenktem Kopf, den Siegfriedbrunnen missachtend, zur U-Bahn.
    Er stolperte die Treppen hinab, sah noch die Rücklichter seiner Bahn im Tunnel verschwinden, dann brach er keuchend auf einer Wartebank zusammen und stützte den Kopf in beide Hände. Was war er doch für ein Narr gewesen!
    Er hätte viel früher stutzig werden müssen: Rudolfs wirres Gerede über Farben und Formen, sein Schwärmen für van Gogh ( Sternennacht hing als gerahmtes Poster in Rudolfs Küche.), sein Fachsimpeln mit Hertha über Arthrose und Harnröhrenentzündungen, das passte doch alles nicht zusammen, das war doch Bockmist, nicht mehr als das geckenhafte Geschwätz eines … Schmetterlings. Ein treffenderer Begriff wollte David nicht einfallen, denn soeben kam mit viel Getöse die U-Bahn. David stieg ein, fand keinen Sitzplatz und ärgerte sich bis zum Hohenzollerndamm maßlos über sich selbst (wie dumm war er gewesen, wie blind, wie dämlich), an der Spichernstraße übermannte ihn Selbstmitleid, und am Wittenbergplatz beschloss er auszusteigen, um sich im KaDeWe etwas Gutes zu tun. Er würde sich irgendetwas sündhaft Teures kaufen, was er sich gar nicht leisten konnte. Wenn er schon untergehen sollte, dann wenigstens stilvoll.
    Wie ein russischer Graf.
    Na, dachte David, das passt doch: ein russischer Graf im KaDeWe.
    Um die Verkäuferin in der Taschenabteilung ein wenig zu ärgern, begrüßte er sie mit Dobre djin , was er für Russisch hielt und woran er sich aus Fliegereitagen erinnerte. Die Frau erwiderte seinen Gruß mit einem unverständlichen, zwitschernden Wortschwall, und wenig später hatte David ein Reise-Necessaire für 365 Euro erstanden. Er fühlte sich um keinen Deut besser. Jetzt wollte er ein Glas Champagner auf seinen Untergang trinken.
    Mit dem Fahrstuhl fuhr er in den sechsten Stock, setzte sich neben drei beschwipst kichernde Touristinnen an die Veuve-Clicquot-Bar und begann zu grübeln. Er hatte zwei gemalte Hummer verschenkt, keinen einzigen verkauft, dafür einem echten das Leben gerettet. Der Champagner wurde vor ihn hingestellt. David trank durstig und versank dann wieder in düsterem Zwiedenken.
    Er hatte außerdem seine Beziehung vermasselt, sich einen degenerierten Amerikaner angelacht, der ihm wie eine Zecke an der Wade hing, und er hatte bis vor einer halben Stunde jemandem vertraut, der ihn doch bloß auf den Arm genommen hatte. Ach, Rudolf. Er würde ihn wohl nie wiedersehen. David schluckte. Jetzt bloß nicht anfangen zu heulen, dachte er. Das hätte gerade noch gefehlt. Doch dann fiel ihm Rosie ein, seine süße kleine, rosa Lullu-Fee, und es gab kein Halten mehr. Tränen, die er fortwischte, perlten immer wieder nach, liefen über sein Gesicht und tropften auf seine Hose. Eilig stand er auf, warf einen Geldschein auf den Tresen und ging … Wohin?
    Nach Hause, er wollte nach Hause. Doch wo war das?
    ▶◀
    Natalie erwog, auch noch ihren BH auszuziehen. Damit ihr Anliegen unmissverständlich war. Und dieser verwaschene Slip musste auch weg. Den Rest würde sie Theodor überlassen. Und dann könnte man sich vielleicht auch endlich duzen.
    Sie legte eine Hand auf die Klinke und ein Ohr an die Tür. Alles war totenstill. Ob er schlief? Ob er las? Vielleicht wälzte er sich auch voller Verlangen hin und her? Aber das würde sie doch hören. Hinter dieser Tür wälzte sich niemand hin und her. Vielleicht hatte er seine bohrende Leidenschaft ganz allein niederringen müssen und lag nun verschwitzt in zerwühlten Laken, immer noch halb wahnsinnig vor Verlangen nach ihr? Natalie verzog das Gesicht. Sie hatte definitiv zu viel miese Bücher vorgestellt, in denen muskulöse Männer reizende, reuige Rebellinnen bezähmten und ihnen verruchte Küsse von den sündigen Mündern stahlen und …
    Also los jetzt, feuerte sich Natalie an, schlüpfte aus dem Slip und öffnete ihren BH .
    Theodor lag tatsächlich in zerwühlten Laken, was weniger mit Natalie zu tun hatte als mit den vielen Gedanken, die ihn quälten.
    Wieder starrte er in die

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