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Ein Hummer macht noch keinen Sommer

Ein Hummer macht noch keinen Sommer

Titel: Ein Hummer macht noch keinen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Wekwerth
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großen, staubigen Buch nachgelesen?«
    Theodor seufzte. »David, hör doch endlich auf, dich als ewiges Opfer zu sehen.«
    »Okay. Gut. Alles klar.« David setzte sich wieder auf. »Dann bitte ich dich hiermit um Verzeihung.«
    »Mich? Was habe ich denn damit zu tun?«
    »Kommst du bitte mal her?« David rutschte in die Mitte des Sofas und klopfte auf den roten Samt neben ihm. Theodor sah ein wenig Staub im Sonnenlicht aufwirbeln.
    »Komm schon, ich beiße nicht«, sagte David.
    »Ich weiß nicht, Herr Vermeer, ich muss auf ein ausgewogenes Nähe-Distanz-Verhältnis achten, und …«
    »Hör doch auf mit dem Quatsch.«
    Irritiert erhob sich Theodor und setzte sich mit einem halben Meter Abstand neben David auf die Couch.
    So saßen sie eine Weile schweigend da, ohne sich zu rühren.
    »Ich habe neulich bei dir angerufen, und da war so ein zugekiffter Amerikaner dran«, sagte Theodor mit vorwurfsvollem Ton.
    »Der ist weg«, erwiderte David schnell.
    »Hat er bei dir gewohnt?«
    »Nur ganz kurz.«
    »Also, mit diesem Typen bist du, ohne zu zögern, zusammengezogen, und mich lässt du jahrzehntelang schmoren?«
    »Theodor, hör doch endlich auf, dich als ewiges Opfer zu sehen!«, rief David.
    »Bist du jetzt ein Papagei, oder was?«
    David stieß einen tiefen, grollenden Ton aus. »Es war ein Fehler. Okay? Ein Fehler, dich zu verlassen. Ein riesengroßer Fehler.«
    »Du sagst es.«
    »Machst du niemals Fehler?«
    Theodor stöhnte. »Doch, den ganzen Tag lang.« Und dann berichtete er von Natalie.
    »Ich habe sie wirklich irrsinnig gern«, schloss er, nachdem er die ganze Geschichte erzählt hatte. »Sie ist charmant, freundlich, witzig, klug und immer gut angezogen. Du würdest sie auch lieben, David. Aber dass sie sich in mich verliebt hat, das konnte ich doch nicht ahnen. Und nun habe ich mich in eine schreckliche Situation hineinmanövriert, als Therapeut habe ich total versagt, und als Freund auch. Ich habe ihr Blumen geschickt, aber ich weiß eigentlich gar nicht genau, was ich ihr sagen soll, und …«
    »Natalie Schilling aus der Büchershow stand nackt an deinem Bett und hielt das Äpfelchenbild vor ihre Brüste?«, unterbrach David, dessen Mundwinkel zuckten.
    »Lach nicht. Das ist nicht lustig.«
    »Doch! Und wie.« David prustete heraus, lachte mit dröhnendem Bass, und es dauerte eine Weile, bis er sich beruhigt hatte. Schließlich wischte er sich die Tränen aus den Augen. »Verzeih mir.«
    »Was soll ich dir verzeihen?«, fragte Theodor, der mit langem Gesicht darauf gewartet hatte, dass David sich wieder unter Kontrolle hatte. »Die Liste ist lang.«
    »Alles!« David, plötzlich ganz ernst geworden, legte seine Hand auf die von Theodor. »Du sollst mir alles verzeihen.«
    »Wenn man jemandem alles verziehen hat, ist man mit ihm fertig«, sagte Theodor.
    »Wer behauptet denn das?«
    »Freud.«
    »Ach, der.«
    »Ja, der.«
    »Ach, Theodor.«
    »Ach, David.«
    Sie seufzten schwer.
    Dann fielen sie sich in die Arme und besiegelten ihre Versöhnung mit einem Kuss.
    ▶◀
    »Wie bist du ihn losgeworden?«
    »Ich habe mir einen Besen geschnappt und ihn mehr oder weniger mit den ganzen Bierbüchsen, der Asche und der Dreckwäsche rausgefegt.«
    »Rausgefegt?«
    »Ja, und vorher habe ich ihm gesagt, dass du tot bist. David dett , habe ich gesagt und bin mir mit der Handkante über die Kehle gefahren. Dett heißt doch tot auf Englisch, oder?«
    »Ja«, antwortete David schwach.
    »Und zum Trost habe ich ihm Schokolade geschenkt.« Hertha sah zufrieden aus.
    »Hat er geweint?«
    »Er hat die Pflanzen von der Fensterbank mitgenommen und so einen merkwürdig rauschenden Stock. Das ist ja ein dolles Ding. Reinschtick hat er das genannt, da sind wohl Samenkörner drin, und wenn man den Stock herumdreht, dann rieseln die …«
    »Ich weiß, was ein Rainstick ist«, unterbrach David sie. »Hat er nun geweint oder nicht?«
    »Überhaupt nicht. Er hat sich sehr über die Schokolade gefreut, und dann ist er mit Ngo Hieu Trang gegangen.«
    »Mit was?«
    »Mit wem , meinst du. Mit seinem vietnamesischen Freund.« Hertha lächelte versonnen. »Sie lassen dich beide ganz herzlich grüßen.«
    »Ich denke, die glauben, ich bin tot!«
    »Das hatten sie wohl gleich wieder vergessen. Hübsche Jungs sind das. Und so nett und wohlerzogen, haben mir beide die Hand gegeben, und der Schwarze hat noch ein Bild mitgenommen, das du mal von ihm gemalt hast. Mit einer Glühbirne in der Hand.«
    »Ach das.«
    »Nicht dein bestes Werk,

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