Ein Hut voller Sterne
ihrer Hand auf, wogte wie Rauchschwaden und reflektierte das Sternenlicht, bevor er wieder zu Boden sank, so langsam, als hätte er alle Zeit der Welt.
Tiffany war nie zuvor so müde gewesen.
Sie hörte noch immer die inneren Stimmen. Der Schwärmer hatte einige wenige Erinnerungen hinterlassen. Tiffany erinnerte sich daran, als es noch keine Sterne gegeben hatte, nicht einmal so etwas wie »gestern«. Sie wusste, was sich jenseits des Himmels und unter dem Gras befand. Aber sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie zum letzten Mal geschlafen hatte, richtig geschlafen, in einem Bett. Bewusstlosigkeit zählte nicht. Sie schloss die Augen, und schloss sie erneut.
Jemand trat ihr hart gegen den Fuß.
»Du darfst nich' schlafen!«, rief Rob Irgendwer. »Nich' hier! Hier darfst du nich' schlafen! Steh auf!«
Tiffany fühlte sich noch immer ziemlich benebelt, als sie aufstand, in Wolken aus aufsteigendem Staub, und sich der dunklen Tür zuwandte.
Sie war nicht mehr da.
Sie sah ihre Fußspuren im Sand, aber sie reichten nur ein oder zwei Meter weit und lösten sich langsam auf. Um sie herum erstreckte sich nur endlose tote Wüste bis zum Horizont.
Sie drehte sich um und blickte wieder zu den fernen Bergen, doch etwas versperrte ihr die Sicht: eine große, ganz in Schwarz gekleidete Gestalt mit einer Sense. Sie war vorher nicht da gewesen. GUTEN TAG, sagte Tod.
12
Der Egress
Tiffany blickte zur schwarzen Kapuze auf. Ein Totenkopf steckte darin, doch die Augenhöhlen leuchteten blau.
Vor Knochen hatte sich Tiffany nie gefürchtet. Sie waren nur Kreide, die einmal herumgewandert war.
»Bist du.?«, begann sie, doch Rob Irgendwer schrie und raste zur Kapuze hinauf.
Es pochte. Tod trat einen Schritt zurück und hob eine knöcherne Hand zur Kapuze. Er zog Rob Irgendwer am Haar darunter hervor und hielt ihn auf Armeslänge vor sich, während der Größte fluchte und trat.
GEHÖRT ER DIR?, wandte sich Tod an Tiffany. Die Stimme war schwer und erklang um sie herum wie Donner.
»Nein. Er, äh. gehört sich selbst.«
ICH HABE HEUTE NICHT MIT EINEM WIR-SIND-DIE-GRÖSSTEN GERECHNET, sagte Tod. SONST HÄTTE ICH SCHUTZKLEIDUNG GETRAGEN, HA, HA.
»Sie kämpfen viel«, räumte Tiffany ein. »Du bist der Tod? Ich weiß, die Frage klingt seltsam.«
HAST DU KEINE ANGST?
»Noch nicht. Aber, äh. wo geht's zum Egress, bitte?«
Es folgte eine kurze Pause. Dann fragte Tod verwirrt: ÄH, WAS MEINST DU DAMIT?
»Ich finde es erstaunlich, dass du das nicht weißt«, sagte Tiffany. »Egress bedeutet >Weg hinaus<. Ausgang.«
Tod streckte die Hand aus, die immer noch den überaus zornigen Rob Irgendwer hielt.
DORT ENTLANG. DU MUSST DIE WÜSTE DURCHQUEREN.
»Den ganzen weiten Weg bis zu den Bergen?«
JA. ABER NUR DIE TOTEN KÖNNEN DIESEN WEG NEHMEN.
»Früher oder später musste mich loslassen, du großer Haufen Anatomie!«, rief Rob Irgendwer. »Und dann mach dich auf ordentliche Tritte gefasst!«
»Es gab hier eine Tür!«, sagte Tiffany.
JA, erwiderte Tod. ABER ES GIBT AUCH REGELN. ES WAR EIN EINGANG, VERSTEHST DU?
»Macht das einen Unterschied?«
JA, SOGAR EINEN ZIEMLICH GROSSEN, TUT MIR LEID. DU MUSST SELBST EINEN WEG HINAUS FINDEN. SCHLAF HIER NICHT. DER SCHLAF AN DIESEM ORT ENDET NIE.
Tod verschwand. Rob Irgendwer fiel in den Sand, rappelte sich sofort kampfbereit auf, aber sie waren allein.
»Du musst einen Ausgang schaffen«, sagte er.
»Ich weiß nicht wie! Ich habe dir ja gesagt, dass du nicht mitkommen solltest, Rob! Kannst du hinaus?«
»Ja. Wahrscheinlich. Aber ich muss dich beschützen. Die Kelda hat mich mit einer Mission beauftragt. Ich muss die Hexe der Hügel retten.«
»Das hat Jeannie dir gesagt?«
»Ja«, bestätigte Rob Irgendwer. »Und sie hat sich sehr klar ausgedrückt.«
Tiffany ließ sich wieder auf den Sand sinken, der um sie herum aufwirbelte.
»Ich werde nie einen Weg hinaus finden«, sagte sie. Diesen Ort zu erreichen, war nicht schwer. Aber ihn wieder zu verlassen.
Sie sah sich um. Wenn sie genau Ausschau hielt, erkannte sie gelegentliche Veränderungen im Licht und kleine Staubwolken.
Personen, die sie nicht sehen konnte, gingen an ihr vorbei und machten sich daran, die Wüste zu durchqueren. Tote, die herausfinden wollten, was hinter den Bergen lag.
Ich bin elf, dachte Tiffany. Einige Leute werden sehr betroffen sein. Sie dachte an die Farm und daran, wie ihre Eltern reagieren mochten. Aber es würde keine Leiche geben. Die Leute würden also hoffen und hoffen, dass sie
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