Ein Iglu für zwei (German Edition)
Gesicht und lass mich die Wand herunterrutschen, bis der Boden mich auffängt. Die Minuten vergehen und ich sitze immer noch so da. Wie kann er es wagen, so willkürlich mit mir umzugehen? Er hat mir nicht mal die Möglichkeit gegeben, es ihm zu erklären. Weshalb nur verurteilt er mich jedes Mal vorschnell? Nie erhalte ich eine Chance, mich zu rechtfertigen.
Wenn er mit all seinen Mitmenschen so verfährt, dann wäre es erstaunlich, wenn er auch nur einen einzigen von ihnen genau kennen würde.
Ich sollte morgen versuchen, mit ihm zu reden. Seine Vermutung, Richard Daniels könnte der Grund meiner Zurückweisung sein, ist einfach absurd. Mit meinen festen Vorsätzen gehe ich zu Bett.
Trügerische Ruhe
Ich kann es kaum glauben, als ich am nächsten frühen Morgen aus dem Fenster meines Zimmers sehe. Danny verlässt mit wütendem Schritt das Haus. Er geht auf eines der geparkten Autos zu und steigt ein. Der Motor heult auf und mit quietschenden Reifen rast er vom Hof.
Die Suche nach einem Zettel oder einer kleinen Nachricht irgendwo im Haus bleibt vergeblich. Warum sollte für ihn auch gelten, was er mir aufdiktiert hat? Dann brauche ich zukünftig wohl auch keine Meldungen mehr zu machen, weshalb ich das Haus verlasse.
Ich trotte zum Telefon und verabrede mit Lucy ein Treffen für diesen Sonntagnachmittag. Wir treffen uns vor einem kleinen Café.
„Hey, Malina! Endlich! Erzähl, wie geht es dir? Verträgst du dich mit ihm?“, erkundigt sie sich, als sie mich zur Begrüßung umarmt.
Ach, Lucy! Wie schön, mal wieder ein vertrautes Gesicht zu sehen. Du ahnst gar nicht, wie sehr du mir fehlst. Und mein altes Leben. Wenn die Zeit mit Danny doch nur schon längst vorbei wäre. Ich sehne mich nach meinen Eltern und ich wüsste gern, was mein Bruder gerade so treibt. Ich fühle mich isoliert von der Außenwelt.
Wir betreten das Café und setzen uns an einen kleinen Tisch am Fenster.
„Muss ich mir Sorgen machen um dich? Du wirkst so anders.“
„Nein, nein, keine Angst, alles in Ordnung. Ich vermisse dich nur so schrecklich. Dich und mein altes Leben. Ich sehne mir den Tag herbei, an dem ich endlich wieder frei bin.“
„Ihr kommt also nicht miteinander klar? Erzähl schon! Wie läuft’s?“
Auf einmal sprudelt es nur so aus mir heraus. Ohne eine Atempause erzähle ich jedes kleinste Detail aller Geschehnisse.
Auch als der bestellte Milchkaffee serviert wird, finde ich keine Pause. Lucy rührt in ihrer Tasse und hört mir aufmerksam zu. All mein angestauter Kummer rauscht wie ein Wasserfall aus meinem Mund.
„Stell dir vor, dann hat er sich heute ohne ein Wort aus dem Staub gemacht. Keine Ahnung, wie es nun weitergehen soll.“
So, das war mein letzter Satz. Etwa eine Stunde feinstes Gesprächsmaterial. Ohne mir zuvor Notizen gemacht zu haben. Einfach so frei erzählt. Das fällt mir erst jetzt auf.
Lucy schüttelt befreiend ihren Kopf und reibt sich mit beiden Zeigefingern die Ohren. Das könnte ein Indiz für eine Überbelastung ihrer Sinne sein. Sorry. Was ist nur mit mir los?
„Malina, ich erkenne dich nicht wieder. Du redest ja ohne Punkt und Komma. Dannys Gegenwart scheint einen guten Einfluss auf dich zu haben.“
Wie bitte?! Hat sie mir denn gar nicht zugehört? Das Zusammenleben mit ihm ist ein Inferno! Was redet sie da? In meiner derzeitigen Situation erwarte ich mehr Mitgefühl von ihr. Jedenfalls, wenn sie von sich behaupten will, eine gute Freundin zu sein.
Alles hätte ich gern gehört, nur nicht, dass er einen Einfluss auf mich hat. Und schon gar nicht einen guten.
„Du solltest noch nicht aufgeben, Malina. Vielleicht ist er es sogar wert.“
Was wert? Okay, er hat viel Geld. Also ist er genau genommen auch viel wert. Aber so meinte sie das sicher nicht, oder?
„Ich verstehe dich nicht“, bemerke ich.
„Schreib dein Buch über ihn. Du kannst das. Er ist bestimmt kein schlechter Mensch. Lern ihn erst einmal näher kennen. Versuch es doch wenigstens!“
Klar! Das wäre das Vernünftigste. Mir bleibt auch kaum was anderes übrig. Der Vertrag.
„Du hast Recht“, ergebe ich mich.
Sie hat ständig Recht. Ich hasse das!
Als wir uns verabschieden, ist es bereits zwanzig Uhr. Mir war gar nicht aufgefallen, wie schnell die Zeit vergangen ist. Trotzdem fehlt mir die Lust, schon zurückzufahren. Darum entscheide ich mich noch zu einem Spaziergang an diesem herrlich lauen Sommerabend, um in aller Ruhe über den gestrigen Abend nachzudenken. Wenn er doch bloß nicht
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