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Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Titel: Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Nohl
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Wie kommst du denn mit den Kindern klar?“
    „Ganz gut“, sagte Emily und versuchte die vorwurfsvollen
Lizzy-Augen zu vergessen. „Er ist Musiker, Cellist hier im städtischen
Orchester“, sagte sie stolz. Jetzt hatte sie es sich auch schon angewöhnt, die
Musiker als bessere Menschen zu sehen, das färbte anscheinend ab. „Es wäre
schön, wenn ihr ihn kennenlernen könntet, solange ihr in Heidelberg seid. Ich
muss schauen, ob er vielleicht morgen Abend Zeit hat.“
    „Nun, so schnell kommt man zu zwei Enkelkindern“, scherzte
ihre Mutter. Und Emily umarmte sie für diese Bemerkung, die immerhin zeigte,
dass ihre Mutter sie nicht wie so oft für ihre Entscheidung kritisieren würde.
Außerdem hatte ihre Mutter dann gleich ihrem Vater etwas zu erzählen und Emily
würde drum herumkommen, die Neuigkeit ihrem Vater direkt mitzuteilen. Der würde
dann nur klammheimlich analysieren können, warum sie sich ausgerechnet einen
älteren Mann mit Kindern ausgesucht hatte. Wenn er auf die Lösung käme, dass
sie nach einer Vaterfigur gesucht hatte, würde er sich allerdings ins eigene
Fleisch schneiden, dachte sie voller Schadenfreude.
    Das Handy klingelte und Emily meldete sich. Es war nicht ihr
Vater, wie sie erwartet hatte, sondern Josue, der fragte, ob sie zum Abendessen
kommen wolle. Emily ging in ihr Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
    „Stell dir vor, was gestern Nacht passiert ist“, erzählte
sie atemlos statt einer Antwort. „Meine Mutter lag plötzlich in meinem Bett,
als ich von dir zurückkam.“
    „Ich dachte, sie wäre krank.“
    „Ja, sie ist mal kurz abgehauen, aber mein Vater und sie
scheinen sich schon wieder versöhnt zu haben, was sagst du dazu?“
    „Hm.“
    Emily wartete, als aber nicht mehr als Antwort kam, fragte
sie: „Kannst du dir vorstellen, sie morgen Abend zum Beispiel beim Abendessen
kennenzulernen. Kriegst du das hin? Es wäre doch eine tolle Gelegenheit.“
Atemlos wartete sie auf seine Antwort.
    Er zögerte. „Ich wollte dich fragen, ob du heute Abend
während des Konzerts Babysitten könntest, die Babysitterin ist krank.
Vermutlich wird sie morgen auch noch krank sein.“
    „Dann wäre doch das Einfachste, wir kommen zu dir morgen,
dann brauchen wir keinen Babysitter“, schlug Emily vor.
    Er schwieg.
    „Ich könnte vielleicht was kochen.“
    Er schwieg immer noch. „Ich glaube, das ist mir nicht recht.
Meine Wohnung ist immer noch mein Privatbereich.“
    „Und meine Eltern haben in diesem Privatbereich demnach
nichts verloren?“ Emily wusste nicht, ob sie weinen oder fauchen sollte.
    „Pass auf, ich versuche jemanden zu bekommen für morgen
Abend. Ich ruf dich dann später an, in Ordnung?“
    „Hm.“ Emily musste noch
die Aussage von eben verdauen, doch da hatte er schon mit einer kurzen
Verabschiedung aufgelegt.
    Sofort klingelte das Telefon erneut. „Endlich gehst du ran,
Emily. Hier ist Papa.“
    „Hallo.“
    „Ja, ich bin jetzt hier am Bahnhof. Soll ich mir ein Taxi zu
dir nehmen?“
    „Ich habe gerade mit Mama besprochen, dass ihr in einer
netten Pension untergebracht werdet. Bei mir wird es langsam zu eng. Die
Adresse ist Kanzleigasse fünf, kannst du dir das merken? Ich würde dann mit
Mama dorthin laufen.“
    „Aber bitte pass auf mit ihr im Straßenverkehr und auch im
Menschengedränge.“
    „Papa?“
    „Ja?“
    „Ich denke, du musst dich daran gewöhnen, dass sie wieder
unter Leute gehen wird.“
    Er zögerte und sie sah ihn genau vor sich, wie er seinen
kurzgeschorenen Bart strich. „Ja, das muss ich wohl“, gab er zu.
    Emily schickte ein kurzes Stoßgebet zu einem vielleicht
beteiligten Gott, dafür dass ihre Eltern langsam wieder Vernunft anzunehmen
schienen. „Bis gleich, Papa. Und vergiss nicht Kanzleigasse fünf.“
    „Ich bin noch nicht senil“, brummte er.
    Emily ging wieder zu ihrer Mutter in die Küche. „Ob das mit
Josue morgen klappt, weiß ich noch nicht. Er versucht sein Bestes.“ Sie fühlte
sich plötzlich, als hätte sie Zahnschmerzen, so doof fand sie es, sein
Verhalten immer wieder vor sich selbst und anderen entschuldigen zu müssen.
„Und dann war da noch Papa dran. Er fährt jetzt mit dem Taxi zur Pension.“
    Plötzlich hatte es ihre Mutter richtig eilig. Sie stand auf
und stieß gegen die Tischplatte. Mit schmerzverzerrtem Gesicht ließ sie sich
wieder auf den Stuhl zurücksinken.
    Emily sprang zu ihr. „Bist du verletzt?“
    Ihre Mutter bewegte so gut es ging ihre Hüften und tastete
ihre Oberschenkel ab.

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