Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)
wärst.“
Franka winkte ihr nach und ergriff eins der Tabletts mit den
gefüllten Rot- und Weißweingläsern.
Emily ging zurück zu Josue. Die Menschentrauben lichten sich
so langsam. Jeder, der ging, schüttelte der Künstlerin artig die Hand und gab
noch einen schlauen Kommentar von sich. Emily versuchte sich innerlich etwas
zurechtzulegen. Doch da sah sie Josues Gesichtsausdruck. Er wirkte wütend und
gerade wandte sich der schludrige Mann ohne Verabschiedung zum Gehen.
„Was ist denn los?“
„Das war ein Auktionator, ich habe ihm die Noten angeboten.
Allerdings hat er mir einen lächerlichen Preis genannt.“
Emily kippte fast aus ihren Pumps. Josue wollte ihr Geburtstagsgeschenk
verkaufen? Nun ja, mit Geschenken konnte man ja machen, was man wollte. Aber
sie hatte es für ihn ausgesucht, damit er sich freute und nicht damit er zornig
wurde über einen Wiederverkaufswert, der sicher weit über dem lag, was sie
bezahlt hatte.
Sie versuchte ruhig zu bleiben. „Komm, lass uns gehen. Ich
würde wirklich noch gerne mit dir alleine etwas trinken.“ Josue griff sie so
fest am Ellbogen, dass es schmerzte, und schob sie, ohne sich bei der
Gastgeberin zu verabschieden, zur Tür.
Emily merkte, wie ihnen einige neugierige Blicke folgten.
Ich habe ihn nicht so zur Weißglut gebracht, dachte sie, denn es sah wirklich
so aus, als hätten sie gerade einen Streit. Im Hinausgehen legte sie noch beide
Hände zusammen und richtete eine kleine Verbeugung an die Gastgeberin, die
diese lächelnd aus der Ferne erwiderte. Mensch, Josue war doch sonst nicht so
unhöflich?
„Alles Halsabschneider“, machte sich Josue draußen Luft. „Er
schwimmt in Geld, auch wenn er sich möglichst nachlässig kleidet, damit das
niemand sieht.“
„Ich hatte immer das Gefühl, dass du auch nicht gerade arm
bist“, erwiderte Emily, aber das schien genau die falsche Bemerkung zu sein.
„Was weißt du schon von finanziellen Sorgen“, polterte er. „Du musst nur dich
selbst versorgen und hast keine Verpflichtungen.“
„Auch das ist nicht immer leicht“, gab Emily zurück. Was war
nur mit ihm los? „Und schließlich habe ich meinen Lebensstandard ziemlich
zurückgefahren, was man bei dir nicht gerade sagen kann.“
Er schaute sie wütend an, schluckte aber seine spontane
Erwiderung hinunter und sagte nach einer Weile: „Vielleicht hast du recht. Ich
habe auch schon darüber nachgedacht, in eine kleinere Wohnung zu ziehen.“ Emily
dachte bedauernd an die schöne Weststadtwohnung. Auch wenn sie von der Einrichtung
her ein wenig zu kalt und unpersönlich wirkte, hatte sie die Wohnung doch
liebgewonnen.
„Bitte lass uns hier noch etwas trinken, dann können wir
ausführlich reden“, sagte sie und zeigte auf eine kleine Cocktailbar.
„In Ordnung“, sagte er mit Blick auf die Uhr. Als sie sich
setzten, versuchte er sich wieder zusammenzunehmen und seine Gesichtszüge
glätteten sich langsam. Er nahm ihre Wange in seine große Hand, als sie sich
gegenübergesetzt hatten. Sie schmiegte sich hinein.
„Es tut mir leid, dass ich
dich so in meine Sorgen mit reinziehe.“
„Nun, das gehört dazu in einer Partnerschaft. Übrigens hat
mir das Wort Gefährtin gefallen. Es ist viel verbindlicher als Freundin und
hört sich auch so nach dick und dünn an, weißt du?“
Er nickte nachdenklich und blickte sie dann aufmerksam an.
„Weißt du was, wie wäre es denn, wenn du bei uns einziehen würdest?“
Emily stutzte. Sicher, sie hatte auch darüber nachgedacht.
Jetzt kam es aber ein wenig sonderbar rüber, nachdem er gerade über einen
Wohnungswechsel aus finanziellen Gründen gesprochen hatte. „Es wäre ein großer
Schritt, denke ich“, sagte sie zögernd und dachte bedauernd an ihr Zimmer, in
dem sie sich so wohlfühlte. Thorsten hatte noch nicht gesagt, wie er sich mit
seinem Vater geeinigt hatte, insofern wusste sie nicht, ob ihr Zimmer und sie
überhaupt eine Zukunft haben würden.
„Es wäre schön, wenn ich und die Kinder dich ganz bei uns
hätten, und du müsstest auch nur so viel Miete zahlen, wie du jetzt zahlst, und
hättest viel größere Entfaltungsmöglichkeiten.“
Emily nickte und starrte vor sich hin. Ihr Bauch rumorte und
sie dachte daran, dass Josue in der Wohnung vorher mit Kathleen gelebt hatte.
Sie würde es besser finden, wenn sie sich gemeinsam in Heidelberg etwas Neues
suchen würden, aber sie wusste, dass das richtig schwierig war. Er blickte sie
ungeduldig an und sie sah, dass es unter seinem linken
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