Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)
die
Augenbrauen gezupft.
„Nein, ich freue mich, dass ihr spontan vorbeikommt. Es war
ein komisches Gefühl, dass du, Ruth, vermutlich öfter mal am Wochenende da
warst und wir uns gar nicht zu Gesicht bekommen haben.“
„Na ja, du bist ja auch schwer beschäftigt, gerade am
Wochenende“, erwiderte Ruth.
„Also, mögt ihr einen Wein?“
„Wir wollten wirklich nicht lang bleiben“, betonte Gabriel.
„Ein paar Minuten Zeit habt ihr aber doch?“ Emily stellt
drei Weingläser auf ihren Nussbaumtisch und schenkte allen einen Schluck
Rotwein ein, der noch von ihrem kleinen Gelage mit David auf der Fensterbank
stand.
„Also, wie geht’s euch?“ Sie schauten sich an, als müssten
sie sich erst untereinander für die Beantwortung der Frage abstimmen.
„Gut“, sagte Ruth.
„Hervorragend“, ergänzte Gabriel. „Wir haben da was für
dich.“ Er überreichte ihr einen roten Umschlag.
Emily befühlte ihn. „Ist es das, was ich denke?“, fragte sie
überrascht. Ganz aufgeregt riss sie das gefütterte Papier auf und entnahm dem
Umschlag eine klassisch gestaltete Einladung.
„ ...freuen uns
mitzuteilen, dass wir am 18.12. heiraten werden und laden Dich dazu herzlich
ein. “
Wow, die beiden hatten es wirklich eilig. Sie umarmte sie
stürmisch und freute sich mit ihnen, wenn auch ein kleiner Hauch Neid in ihrer
Stimme mitschwang, als sie gratulierte. „Ihr beiden habt euch gesucht und
gefunden, oder?“
„Wie der Topf zum Deckel“, meinte Ruth.
„Wie der Fisch zum Fahrrad“, sagte Gabriel, der einschlägige
Erfahrungen mit Datingevents hatte. Emily knuffte ihn in die Seite.
Ruth fragte: „Also, bist du dabei? Wir heiraten hier in
Heidelberg. Das musste ich Gabriel zugestehen, weil das hier seine Stadt ist.
Aber dann werden wir voraussichtlich nach Hamburg ziehen. Gabriel wird sich
dort um eine Pastorenstelle bewerben.“
So viele Entscheidungen. Emily war richtig platt und ein
wenig gekränkt, weil die niemand mit ihr vorher diskutiert und abgewogen hatte.
Sie hob ihr Glas. „Auf
die Veränderungen. Auf die Liebe.“ Und sie stießen an. Gabriel sah sie dabei
besonders lieb an. Vermutlich erinnerte er sich wie sie gerade an ihre kleine
Episode in der Küche.
„Und du willst mich wirklich hier alleine hängen lassen mit
all den Soziologiegören?“, fragte sie ihn.
Gabriel schaute nachdenklich. „Seit ich Ruth kenne, bin ich
so mit mir im Reinen, dass ich die Kraft für eine Pfarrstelle habe, und Ruth
kann sich das Leben in und mit einer Gemeinde gut vorstellen, nicht war
Liebste?“ Ruth war schon in ihrer Jugendzeit gläubig geworden und nach einem
Abstecher in eine charismatische Gemeinde in ihrer örtlichen evangelischen
Gemeinde ansässig gewesen, also passte auch das wie die Strohsterne an den
Christbaum.
Emily musterte die beiden. Sie gaben ein wunderbares
Pfarrerehepaar ab und bald würde sicher eine große Kinderschar durch das
Pfarrhaus tollen. Ruth sagte: „Dann gibt es da noch eine winzige Kleinigkeit,
die wir dir auch nicht vorenthalten wollen: Ich bin schwanger!“
Jetzt kamen Emily doch die Tränen, so aufgewühlt war sie von
all den Neuigkeiten. Sie umarmte die beiden erneut und weinte eine kleine
Freudenrunde mit. „Ich fass’ das alles nicht, Ihr seid mir viel zu schnell. Wer
war auserwählt für das erste Baby? Doch eigentlich ich.“
Früher war den dreien immer klar gewesen, dass Emily mit
Klaus den ersten Nachwuchs in die Welt setzen würde.
„Wie geht es überhaupt Anna? Das Baby müsste doch bald da
sein?“
„Wir haben gestern kurz telefoniert, da hat sie mir stolz
von den ersten Wehen berichtet und war ganz enttäuscht, als sich alles wieder
beruhigt hat. Aber ich rechne fest damit, dass er dieses Wochenende noch kommt,
der kleine Fred.“
Emily nickte aufgeregt. „Manchmal passiert gar nichts und
dann überschlägt sich das Leben. Ich hole dir jetzt erst mal ein Wasser, da du
deinen Wein gar nicht angerührt hast“, sagte Emily und war froh für einen
Moment in die Küche verschwinden zu können. Dort lehnte sie ihre Stirn gegen das
kühle Fensterglas, ganz egal, ob sie einen Fettfleck hinterlassen würde. Sie
hätte gleichzeitig lachen und weinen können, so aufgewühlt war sie. Bei Ruth
und Gabriel schien sich trotz der vermutlich großen Kompromisse eins ins andere
zu fügen. Wenn sie an ihre eher komplizierte Beziehungslage dachte, wo sich
gerade gar nichts fügen wollte, wurde sie traurig und fühlte sich
ausgeschlossen. Emily, es reicht, rief
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