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Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Titel: Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Nohl
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für sie. Schließlich kannte sie ihn wirklich noch nicht. Sie
steckte die Karte wieder in den Umschlag, hob das Handtuch vom Boden auf, und
als sie sich aufrichtete, fiel ihr Blick auf die Küchenuhr. 15.50 Uhr,
irgendetwas war heute doch noch?
    Natürlich! Sie sprang auf. Heute war ihr Ausflug mit David
auf die Thingstätte. Das würde sie auf andere Gedanken bringen und ihr die Zeit
bis morgen Abend verkürzen. Jetzt aber schnell. Sie rannte ins Bad, kämmte ihre
inzwischen länger gewordenen Haare zu einem kleinen Pferdeschwanz. Oh, zum
Friseur sollte sie wohl auch noch dringend, aber das könnte sie heute Abend
noch erledigen. Dann schlüpfte sie in ein paar kurze Jeans mit ausgefranstem
Rand und ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Marrakesch“, das sie liebte. Für David
musste sie keinen Dresscode einhalten, das war ihr sehr sympathisch. Sie warf
noch schnell zwei Äpfel und eine Flasche Wasser in den Rucksack, fand auch noch
eine Tüte Gummibärchen und rannte die Treppe hinunter zu ihrem Fahrrad, um so
schnell wie möglich den Weg über die alte Brücke nach Handschuhsheim
einzuschlagen.
    Außer Puste kam sie vor den alten Gemäuern der Tiefburg an. Hier waren die letzten Reste des samstäglichen
Markts bereits zusammengekehrt worden und eine ältere Frau bot ihr zwei
Bananen mit Druckstellen an, die sie dankbar nahm, denn inzwischen hatte sie
einen Bärenhunger. David saß schon seelenruhig auf einem Mäuerchen, als wäre er
mit ihm verwachsen, am Eingang der Tiefburg und beobachtete sie. Sie schloss
ihr Fahrrad ab, setzte sich zu ihm. Sie drückten sich kurz und da war er
wieder, diese ganz eigene David-Geruch. Dann bot sie ihm eine Banane an und
einvernehmlich aßen sie jeder eine Banane. Emily merkte, wie sie nach der Aufregung
des Tages langsam wieder zur Ruhe kam.
    „Wollen wir los?“, fragte David und lächelte sie an.
    „Zu Fuß?“
    „Nein, auf Schusters Rappen.“ Er zwinkerte ihr zu. „Wie denn
sonst?“ Sie gingen gemeinsam durch die Handschuhsheimer Gassen den Berg hinauf,
bis sie linker Hand in den Wald abbogen. Das ist der direkte Weg zur
Thingstätte, erklärte David, auch wenn viele Wege durch den Wald hinführen.
Hast du dich inzwischen ein bisschen mit dem Heidelberger Wegenetz vertraut
machen können?“
    „In letzter Zeit war ich kaum mehr im Wald“, gestand Emily.
„Es ist so viel los an der Uni und meinem Job im Seniorenheim, dass ich nicht
dazu kam.“
    Interessiert fragte er nach: „Du arbeitest im Altenheim, das
wusste ich gar nicht?“ Und Emily hatte Gelegenheit, die belastenden, immer
wieder aber auch skurril-lustigen Ereignisse des Tages zu erzählen, während sie
weiter den Berg hinaufstiegen. David war ein guter Zuhörer, er gab immer wieder
verständnisvolle Laute von sich. Als sie eine ganze Weile erzählt hatte, hielt
sie inne und blieb dabei stehen.
    „Und wie geht es dir?“, fragte sie vorsichtig.
    „Deutlich besser.“ Er
lächelte. „Ich hatte noch einmal ein Gespräch mit Janina, das einiges geklärt
hat. Im Nachhinein scheint es so, als hätte ich mir eine Menge vorgemacht. Aber
das merkt man wohl manchmal nicht in der Liebe, oder was meinst du?“
    „Ist es nicht unglaublich, wie unterschiedlich sich manche
Dinge anfühlen, wenn man mittendrin steckt und sie dann nochmal aus der Distanz
betrachtet?“, fragte sie nur zurück.
    „Der Mensch ist ein seltsames Tierchen“, sinnierte er.
    „Apropos Tierchen, wo ist denn Hermine?“, fragte Emily
neugierig.
    Da strich ein Schatten über Davids Gesicht. „Hm, ich war
wohl die letzten Wochen so mit mir selbst beschäftigt, dass ich sie nicht
genügend beachtet habe. Sie ist ausgebüxt und hat sich wohl eine andere Bleibe
gesucht.“
    „Vielleicht treffen wir sie heute auf der Thingstätte“,
versuchte Emily ihn zu trösten, „vermutlich hat sie einfach nur einen kleinen
Lover gefunden. Verstehen sich Streifenhörnchen mit Eichhörnchen?“
    „Ich hab’ keine Ahnung. Ich weiß nicht einmal, ob ein
Streifenhörnchen hier im Wald überleben kann, aber es hat mir wieder gezeigt,
welches Gespür Tiere haben, wenn es um Stimmungen von Menschen geht.“
Schweigend gingen sie weiter und kamen an eine kleine halboffene Holzhütte.
Emily packte die Äpfel und die Gummibärchen aus, verlegen sagte sie: „Weißt du,
ich habe heute noch kaum was gegessen, das konnte ich auf die Schnelle bei mir
zuhause finden.“ Da öffnete David seinen Rucksack und zum Vorschein kamen
lauter Köstlichkeiten. Er hatte ein Baguette

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