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Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Titel: Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Nohl
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wenig, als wäre sie so ein
aufgespießter Schmetterling in den Schulschaukästen ihrer Kindheit.
    „Und wie haben Sie sich das Kennenlernen vorgestellt?“ Er
machte es ihr aber auch schwer.
    „Zum Beispiel könnten wir von diesem förmlichen Sie Abstand
nehmen, auch wenn ich vermutlich die Jüngere von uns beiden bin, würde mir das
das Kennenlernen sehr erleichtern.“
    „Liebend gerne“, entgegnete er charmant und hob sein Glas.
„Ich bin Josue“. So also wurde sein Name richtig ausgesprochen, mit einem
starken Rachen-“Ch“.
    „Ich bin Emily“, sagte sie und schaute ihm mutig in die
Augen, während ihre Gläser mit einem kleinen Klirren gegeneinanderstießen.
    „Ich glaube, Sie wissen schon einiges mehr über mich als ich
über Sie“, sagte er leichthin.
    „Dich“, korrigierte ihn Emily sanft.
    „Manchmal war ich mir gar nicht mehr sicher, ob ich nicht
von einer Stalkerin belästigt werde.“
    Emily fühlte das Blut in ihren Kopf schießen. „Entschuldige,
das war wirklich nicht meine Absicht, aber ich bin einfach schüchtern und
wusste nicht, wie ich sonst an dich herankommen sollte.“
    „Dann weißt du also auch, dass ich zwei Kinder habe.“ Sie
nickte.
    „Ich hatte sogar schon die Ehre, von einer Wasserbombe
deiner Kinder getroffen worden zu sein“, versuchte sie ihre Unsicherheit
wegzulachen.
    „Und es schreckt dich nicht ab?“, fragte er und schaute sie
dabei intensiv fragend an, so dass sich eine Querfalte zwischen seinen
Augenbrauen bildete, die nicht so kleidsam war.
    „Nein“, sagte sie schlicht.
    „Dann warst du auch mir zu Ehren neulich im Konzert in der
Stadthalle“, fragte er weiter, „oder interessierst du dich für klassische
Musik?“
    „Sowohl als auch“, erwiderte sie diplomatisch. „Als Kind hat
mich mein Vater öfter in Konzerte mitgenommen, weil meine Mutter sich nicht so
für E-Musik interessiert.“ Auf das E-Musik war sie stolz.
    „Meine Kinder mögen es auch, wenn ich sie in Konzerte mitnehme“,
sagte er versonnen. „Aber wenn ich selbst spiele, geht das nicht, denn dann
kann ich ja nicht auf sie achtgeben.“ Er lehnte sich in voller Größe auf seinem
Stuhl zurück, so dass Emily seine breite Brust und den leichten Bauchansatz
wahrnahm, die die Hemdenknöpfe fast sprengten.
    „Tja, ich weiß nicht, ob ich mich geschmeichelt oder
überwacht fühlen soll. Bitte erzähl doch wenigstens so viel von dir, dass sich
unser Informationsstand wieder auf Augenhöhe befindet.“
    Emily fühlte sich unglaublich körperlich zu ihm hingezogen,
so dass sie mehrfach ihre Finger zurückpfeifen musste, die gerne seine Hand
ergriffen hätten, die mit einem Bierdeckel spielend auf dem Tisch lag. Er
schien intelligent zu sein, da er ihre Spielchen gleich durchschaut hatte, aber
auch ein großes Herz zu haben, indem er sie nicht gleich verurteilte, sondern
sich erst ein eigenes Bild von ihr machen wollte. Also gut – Emily setzte sich
gerade hin und begann zu erzählen, von Hamburg, von ihrer Trauer um Fred, von
ihrem Aufbruch nach Heidelberg. Es fiel ihr ganz leicht, weil sie diese
Gedanken innerlich schon so oft mit ihm geteilt hatte und er ihr aufmerksam
zuhörte. Als sie eine gefühlte Stunde später aufhörte zu reden, sah er sie
erneut aufmerksam an.
    „Geh ich recht in der Annahme, dass du keine Kinder hast,
sonst hättest du sie erwähnt, oder?“ Sie nickte.
    „Nein, aber mir war immer klar, dass Kinder für mich
dazugehören zu meinem Leben“, sagte sie.
    Er streifte die Uhr über der Tür mit einem Blick und sagte
dann ohne Vorwarnung: „Emily, ich muss los. Da ich nicht bleiben wollte, habe
ich auch die Babysitterin nicht so lange engagiert. Es tut mir leid.“ Er winkte
dem Kellner und beglich die Rechnung. Währenddessen überlegte Emily fieberhaft,
wie sie eine Fortsetzung des Treffens ansprechen könnte, wenn er es nicht tat.
Er stand auf. Sie stand auf und merkte erneut, wie klein sie neben ihm war. Er
ließ ihr den Vortritt und ging hinter ihr durch die Doppeltür auf die Straße
hinaus. Es war ein lauer Sommerabend und immer noch hell. Was hätte Emily jetzt
für einen händchenhaltenden Spaziergang gegeben.
    Josue sah sie wohlwollend an und gab ihr die Hand. „Emily,
hat mich sehr gefreut, dir begegnet zu sein. Auf Wiedersehen.“ Emily nickte,
schluckte und wollte ansetzen zu fragen, wann sie sich wiedersehen würden, doch
da wandte er sich schon ab und ging zügigen Schrittes in Richtung seiner
Wohnung. Emily blieb stehen wie bestellt und nicht

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