Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)
fast vier Jahren!“
„Und Gabriel?“
„Ja, das zählt nicht, da wollte ich ja keinen guten Eindruck
machen.“
„Na, und hast du trotzdem, also, was soll schon
schiefgehen?“
„Bitte, Clara, nimm mich doch mal ernst. Vielleicht muss ich
die Gesprächsführung übernehmen, wenn er das nicht macht, und was soll ich da
sagen?“
Jetzt nahm Clara Emilys Hände in ihre großen, schlanken
Hände und sah ihr in die Augen. „Emily, versprich mir eins. Sei, wie du bist.
Es lohnt sich nicht, sich für Männer zu verbiegen, das habe ich gerade erst
hinter mir!“ Gedankenverloren zwirbelte sie ihren blonden Zopf. „Versuch das
Atmen nicht zu vergessen vor lauter Aufregung und bestell dir was zu essen,
auch wenn er es nicht tut, ich weiß genau, dass es dir dann besser geht.“
„So gut kennst du mich schon?“, freute sich Emily.
„Vielleicht könnt ihr ja
eure verschiedenen Begegnungen nochmal g emeinsam durchgehen, dann habt
ihr gleich was Verbindendes“, überlegte Clara. „Und vielleicht solltest du
nicht gar so deutlich machen, wie viel du schon über ihn weißt.“
Emily nickte. Da stand der große Max plötzlich neben ihrem
Tisch und ließ sich auf einen Stuhl fallen, so dass dieser schwer in den Holzverbindungen
knirschte.
„Hallo zusammen,“ Clara beugte sich zu ihm und küsste ihn
zärtlich. „Ich glaube du bist zu früh“.
Emily winkte ab. „Clara, ich danke dir und ich glaube fürs
Erste hilft mir das.“
„Rufst du mich morgen dann an und erzählst mir, wie’s war?“,
fragte Clara.
„Ja, natürlich gerne.“
Max nuschelte: „Und mir sagt keiner, worum’s geht?“
„Nein, Dickerchen, alles Frauengespräche“, neckte ihn Clara.
Er zog sie hoch und hatte es eilig, sie durch den Raum aus der Tür zu schieben.
Was immer die beiden jetzt vorhatten, es duldete keinen längeren Aufschub mehr.
Clara wandte sich nochmal um, blinzelte Emily zu und hob einen fiktiven
Telefonhörer an ihr Ohr, dann waren die beiden verschwunden. Emily bestellte
auch noch ein Bier. Die Fettschollen, die auf der kalt gewordenen Schokolade
trieben, sahen nicht mehr so lecker aus. Während Emily in den Bierschaum
pustete, stellte sie sich vor, es wäre schon morgen Abend. Die erste Variante,
die sie vor ihrem inneren Auge aufleben lassen konnte war, wie sie alleine im
Grünen Krokodil saß und keiner kam und sie musste drei Flammkuchen essen, bis
sie die große Leere in ihrem Bauch einigermaßen stopfen konnte. Die zweite
Variante sah so aus: Er saß am Tisch, sie trat hinzu und er schloss sie sanft
in seine Arme mit den Worten „Haben wir uns endlich gefunden im riesigen
Heidelberg“. Und während ihre Gedanken zwischen den zwei Varianten mäanderten,
stieg ihr langsam das Bier in den Kopf, denn der Imbiss mit David war schon
wieder lange her. Es war richtig toll gewesen heute mit ihm. Er schien ein
lieber, unkomplizierter Kerl zum Bäumestehlen und Pferdeausreiten zu sein,
falls sie mal das ein oder andere vorhatte, dachte sie, als sie die Rechnung
beglich und ihr Fahrrad langsam nach Hause schob.
Emily rannte ein drittes Mal zu dem ovalen Spiegel im Bad,
um ihr Werk zu begutachten. Anna wäre stolz auf sie. Sie hatte nicht zu viel
und nicht zu wenig Farbe im Gesicht, so dass sie frisch wirkte und mit dem
Goldrahmen des Spiegels um die Wette strahlte. Sie trug den neuen Rock und eine
kleine elegante Bluse mit U-Boot-Ausschnitt dazu, so dass ihre dank einiger
Neckarwiesenaufenthalte gebräunten Schultern gut zur Geltung kamen. Natürlich
musste sie Thorsten in der Diele begegnen, der aus seinem Zimmer kam und auf
die Toilette wollte. Er pfiff durch die Zähne und fragte: „Junge Frau, hast du
heute Abend schon was vor?“ Emily nickte, winkte ihm huldvoll zu und rauschte
in ihren weißen Ballerinas die Treppe hinunter. Sie hatte beschlossen, heute
mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, und musste sich beeilen, den Bus zu
bekommen. Ein Fahrrad wäre sicher hinderlich, wenn es eventuell noch einen
Spaziergang geben sollte.
Mach dir nicht zu genaue Vorstellungen, wiederholte sie
Davids Lebensweisheit, bleib offen für das, was kommen wird. Dieses Mantra
begleitete sie die Busfahrt hindurch und sie merkte, dass ihr Herz immer mehr
bis zum Hals pochte. Jetzt war sie doch wieder zu spät dran. Sie rannte am
Bauhaus vorbei die Kleinschmidstraße entlang auf das Grüne Krokodil zu. Vor der
Tür blieb sie stehen, um wieder zu Atem zu kommen. Na ja, das macht wenigstens
rote Lippen und Wangen, dachte
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