Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)
„Kein Ploblem.“
„Also, was magst du als Nächstes machen?“
„Ich mag die Elefanten, komm ich zeig dir, wo sie sind.“ Und
zielstrebig führte er sie zum großen Elefantenhaus, zeigte ihr fachkundig die
Ausstellungswand, bei der man fühlen konnte, wie das Herz eines Elefanten und
das einer Maus schlug, und legte dann die Hand auf ihr Herz. Es war
herzergreifend.
„Seid ihr oft hier mit eurem Papa?“, fragte Emily.
„Nein, aber mit Frau Schmitt. Wir haben eine Dauerkarte.“
Emily dachte, diese Dauerkarte hätte ich ja auch bekommen
können, schließlich habe ich Josue gesagt, was ich vorhabe. Na ja, vielleicht
war sie nicht übertragbar. Aber jetzt war ihr klar, wieso Flo vorhin auch das
Raubtierhaus gefunden hatte, er schien sich hier auszukennen wie in seinem
Kinderzimmer.
Nun wollte sie aber auch noch einen Trumpf landen. „Hast du
schon das neue Faultierbaby gesehen?“, fragte sie ihn, denn das war der
Heidelberger Zeitung eine Nachricht wert gewesen, die sie zufällig gelesen
hatte. Flo schüttelte den Kopf. „Komm, wir gucken“, sagte er eifrig. Emily
fragte einen Wärter, denn die Faultiere waren Flo nicht so im Gedächtnis
geblieben, vermutlich bewegten sie sich zu wenig. Gemeinsam bewunderten sie das
knuffige kleine Wesen mit den braunen Knopfaugen, das sich vermutlich in der
Zeit ihrer Anwesenheit mehr bewegte als seine Eltern in zwanzig Jahren
zusammen. Als sie sich über andere Tierbabys, die Flo schon gesehen hatte,
unterhielten, fragte er plötzlich: „Bekommst du auch ein Baby?“
Emily zuckte erschrocken zusammen. „Nein, wie kommst du denn
da drauf?“
Er schaute wissend. „Na ja, weil du manchmal bei Papa im
Bett liegst, und Lizzy hat gesagt, dann bekommt ihr ein Baby“.
Ach du liebe Güte. Na, das erklärte vielleicht auch Lizzys
Abwehrhaltung ihr gegenüber.
„Flo, ich schwöre hoch
und heilig, dass ich kein Baby bekomme. Wenn das irgendwann so wäre,
dann wärst du sicher einer der ersten, dem ich das erzählen würde.“ Mit dieser
Antwort schien er zufrieden. Emily verdrückte heimlich eine Träne und dachte,
Lizzy, wenn du wüsstest, dass man gar kein Baby bekommen kann, wenn man nicht
zusammen schläft ...
Doch Flo ließ ihr keine Zeit für Selbstmitleid und zerrte an
ihrem Arm, in dem sie sicher morgen Muskelkater haben würde. Sie ließ ihn noch
eine Weile auf dem Spielplatz toben und setzte sich gemütlich mit einem Eis in die langsam untergehende Herbst sonne.
Natürlich behielt sie den Racker jetzt jede Sekunde im Auge. Einmal musste sie
eingreifen, als er ein anderes Kind von der Wippe schubste, das ihm nicht
heftig genug wippte. Da stand sie plötzlich einer furienhaft reagierenden
anderen Mutter gegenüber. Ups, hatte sie eben andere Mutter gedacht? Jedenfalls
verteidigte sie ihn, so gut sie konnte, schließlich war das die Aufgabe einer
Mutter, oder etwa nicht. „Wenn Ihr Kind aber auch gar nicht in die Pötte kommt,
dann kann es ja Platz machen. Komm, Flo, wir spielen woanders, wo es weniger
empfindliche Leute gibt.“ Hinter ihr her klang ein „norddeutsche Schnepfe“,
aber sie beschloss, sich nicht provozieren zu lassen. Schließlich musste sie
ein gutes Vorbild abgeben, wenigstens dann, wenn sie daran dachte. Nachdem Flo
das zehnte Mal gerutscht war, sammelte sie ihn ein und ging mit ihm zum
Ausgang. Natürlich versuchte er, sie zu überreden, ihm noch ein Plüschtier zu
kaufen, aber für heute war Feierabend. Ob Josue davon ausging, dass sie die
Unternehmungen mit den Kindern selbst bezahlte? Das Leben mit Kindern schien
recht teuer zu sein.
Als sie im Bus zurückfuhren, legte Flo seinen Kopf an ihre
Schulter und seufzte: „Das können wir morgen wieder machen, ok, Emi?“ Sie zog
ihn zu sich auf den Schoß und freute sich, dass sie einen neuen Freund gewonnen
hatte.
Zuhause bei Josue angekommen, waren er und Lizzy schon da und
bereiteten gemeinsam das Abendessen in der Küche. Es gab einige fertige Salate
vom Metzger an der Ecke und frisches Baguette. Lizzy rührte in einem
Schokoladenpudding. Emily merkte, dass sie großen Hunger hatte. Das war ein
gutes Zeichen, dass sie wieder gesund zu sein schien. Als sie auf Josue zutrat
voller Freude, ihn endlich wiederzusehen, drehte er den Kopf zur Seite, so dass
sie nur seine Wange küssen konnte. Sie drückte ihn trotzdem so fest, dass er
ihre Hände lachend von seiner Hüfte lösen musste.
Da blickte er ihr tief in die Augen und sagte: „Ich freu
mich auch, dich endlich wiederzusehen.“
Weitere Kostenlose Bücher