Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)
zurück in ihr Bett.
David steckte die Bettdecke um sie fest und sagte: „Ich mach
kurz das Fenster auf, ich denke, frische Luft tut dir ganz gut.“ Sie nickte
dankbar. Dann setzte er sich wieder an ihr Bett und sah sie nachdenklich und
liebevoll an. „Geht’s dir gut, ich meine, außer, dass du gerade krank bist? Wir
haben uns lange nicht gesehen, was?“. Er lächelte.
Emily nickte und brachte ein klitzekleines Lächeln zustande.
„Weißt du, ich bin jetzt viel bei Josue.“
Ein Schatten huschte über sein Gesicht. „Kommt er auch
noch?“, fragte er beiläufig.
„Nein, er will sich nicht anstecken, auch wegen der Kinder
und so“, murmelte Emily und schämte sich für ihren Freund.
David drückte ihr kurz zwei Finger, die aus der Bettdecke
hervorguckten, und ging zum Tisch. Da kritzelte er eine Nummer auf einen
Post-it-Zettel und hängte ihn neben sie an die Wand. „Hier bekommst du meine
obergeheime Handynummer. Sei so lieb und ruf an, wenn irgendwas ist oder wenn
du zum Arzt möchtest, weil es nicht besser wird, ok? Ich habe jetzt eine
Führung, aber du weißt, ich bin flexibel.“ Er beugte sich über sie und gab ihr
einen Kuss auf die verschwitzte Stirn.
Emily war es sonderbarerweise nicht unangenehm, dass sie
sicher schlimm aussah und vermutlich noch schlimmer roch. Sie genoss die Brise
seines Waldgeruchs und versuchte sich etwas aufzurichten. „Danke, David, jetzt
geht es mir gleich viel besser, seit du da bist.“ Er grinste fröhlich und seine
Augen funkelten. „Dafür sind Freunde doch da, oder?“
Emily lächelte noch eine ganze Weile, als schon die Tür ins
Schloss gefallen war, und schlief ein wenig leichter wieder ein. Diesmal
spielte sie im Traum mit David fangen im Wald um die Mammutbäume im Arboretum
und eine ganze Schar Streifenhörnchen turnten in den Baumkronen, doch plötzlich
war David verschwunden und sie war wieder allein.
Als es Emily langsam besser ging, rief sie Ruth an. Josue
hatte sich zwar per Handy gemeldet, sie war aber nicht rangegangen, weil sie
immer noch gekränkt war, dass er sie nicht besucht hatte.
„Hallo Ruth, hier ist Emily, hast du Zeit zum Telefonieren?“
„Grad passt es ganz gut, wir müssen nur um neun Uhr Schluss
machen, dann ruft Gabriel an.“
Emily dachte, sie hätte die älteren Rechte, aber so schnell
konnte sich das ändern. „Wie geht’s dir denn?“, kam sie Ruths Frage zuvor.
„Gut, eigentlich sogar prima“, sagte Ruth ungewohnt
enthusiastisch. „Ich glaube ich bin verliebt wie noch nie in meinem Leben, es
ist herrlich!“
„Und, beruht es auf Gegenseitigkeit?“, fragte Emily mehr pro
forma.
„Ja, was glaubst du denn? Gabriel ist völlig verrückt nach
mir!“ Das versetzte Emily immer noch einen kleinen Stich. „Weißt du, wir sehen
uns jedes Wochenende, egal wie weit es ist und welchen Aufwand es bedeutet. Es
ist derzeit einfach das Wichtigste auf der Welt, Zeit zusammen zu verbringen.“
Emily spürte einen bitteren Geschmack auf der Zunge. „Und,
seid Ihr Euch auch schon körperlich näher gekommen?“, fragte sie neugierig.
Anna, Ruth und sie hatten diesbezüglich nie Geheimnisse voreinander gehabt.
„Es ist wunderschön, sag ich dir. Er ist der zärtlichste
Mann, den ich jemals kennengelernt habe.“
Was kein Kunststück sein dürfte bei Ruth mit ihren
spärlichen Vorerfahrungen, dachte sie sarkastisch. Gleichzeitig schüttelte sie
innerlich den Kopf über sich. Wieso missgönnte sie Ruth ihr neues Liebesglück,
während sie selbst noch in der Phase der Verliebtheit steckte? Sie rief sich
zur Ordnung.
„Ich freue mich, dass ihr euch gefunden habt“, sagte sie
herzlich. „Ich glaube, du tust ihm gut. Immer wenn ich ihn hier treffe, wirkt
er so dynamisch. Er war beim Frisör und sieht auch sonst irgendwie anders aus.“
„Ja, weißt du, wir haben letztes Wochenende Anna und Harry
getroffen und sie hat ihm wohl heimlich ein paar Tipps gegeben. Du kennst sie
ja, sie ist einfach unverbesserlich. Ich mag ihn ja auch so, aber ich muss
sagen, der runderneuerte Gabriel sieht wirklich noch besser aus!“
Emily erzählte Ruth nicht,
dass in der Soziologieveranstaltung über Gabriel viele Gerüchte im Umlauf waren
und sich sogar schon erste Studentinnen nach ihm umgedreht hatten in der Mensa.
Das würde sie nachholen, wenn sie wieder besser drauf war.
„Aber erzähl doch mal von dir, bist du immer noch so hin und
weg? Wie viele Monate seid ihr jetzt zusammen, drei?“
„Dreieinhalb, ja. Ich bin immer noch
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