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Ein Jahr in Andalusien

Titel: Ein Jahr in Andalusien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Frenzel
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comer – Lasst uns was essen!“, schreit Juan von oben. Niedergeschlagen nehme ich
den Anstieg in Angriff. Doch beim Blick in die Körbe meiner Mitstreiter hellt sich mein Gemüt wieder auf. Viel mehr Oliven kann ich auch dort nicht
entdecken. „Ob das viel Öl gibt?“, frage ich zaghaft. Auch Juan sieht jetzt zweifelnd das Ergebnis unserer bisherigen Ernte an. „Vielleicht sollten wir
die Bäume doch schütteln? Aber lasst uns erst einmal was essen.“
    Er packt Bauernbrot, Olivenöl und einen Kartoffelsalat a la malagueña aus seinem Rucksack. „Den hat meine Mama gemacht“, sagt er stolz. Ich verdrehe
die Augen und Jaime lacht. Mittlerweile weiß er genau, wie ich über die Unfähigkeit der Männer im Haushalt denke. Aber zugegebenermaßen ist der Salat
von Juans Mutter köstlich. Nach dem Mahl müssen wir uns natürlich erst ausruhen, bevor wir unsere Tätigkeit wieder aufnehmen können. Die Mittagspause
ist ausnahmslos allen Andalusiern heilig.
    Als wir wieder zu unseren Bäumen klettern, ist es bereits vier Uhr Nachmittag. Knappe zwei Stunden später dämmert es und Juan ruft uns zum
Abmarsch. Die Olivenausbeute ist in der kurzen Zeit leider nicht viel größer geworden. „Das macht nichts.“ Juans Optimismus ist wieder zurück. „An den
nächsten Wochenenden komme ich noch mal mit ein paar Freunden. Außerdem will ich schließlich keine Olivenölfabrik eröffnen, sondern nur ein paar
Fläschchen mit meinem eigenen Öl haben.“ Die Oliven will Juan zu einer kleinen Mühle in Benalgabón, östlich von Málaga, bringen, die einem Freund
gehört. „Die Anlage hat er von seinem Großvater übernommen, sie funktioniert noch so wie vor fast hundert Jahren. Außerdem mahlt er nur Oliven,die aus ökologischem Anbau kommen.“ Juan verspricht, jedem ein kleines Fläschchen des Öls abzugeben, wenn es so weit ist.
    Am Abend machen wir uns auf den Heimweg. „In Ronda ist gerade der Teufel los“, erzählt Juan, als wir die Stadt passieren. „Umweltschützer und
Fortschrittsanhänger liefern sich dort eine große Schlacht.“ Er erzählt, wie eine Luxusrennbahn für Hobbyraser in der Hochebene die ersten
Großinvestoren und damit den Zwist in die Serranía brachte. Wann immer er kann, ist Juan bei den Demonstrationen mit von der Partie, die Ecologistas en
Acción sind wieder die treibende Kraft. „Ein holländischer Millionär hat sich genau hier seinen Kindheitstraum erfüllt und eine Rennbahn für Hobbyraser
gebaut. Da kann man leider nichts mehr dagegen machen. Jetzt gehen wir gegen ein neues Projekt auf die Straße. Auf einem riesigen Gebiet, das
unmittelbar an das Naturschutzgebiet Sierra de las Nieves grenzt, haben spanische Bauherren nämlich die Spaten angesetzt für achthundert
Einfamilienhäuser, zwei Golfplätze und ein Luxushotel.“ Etwa zehn Kilometer von Ronda entfernt passieren wir die Stelle, an der der Eichenwald
gelichtet ist und mehrere Bulldozer stehen. „Diese Tourismusprojekte verursachen irreparable Schäden in der Landschaft“, sagt Juan. „Und wer findet
diese Bauten dann gut?“, fragt Jaime. „Der Bürgermeister und seine Anhänger sprechen von einem Impuls, der Ronda in das 21. Jahrhundert katapultieren
und soziale, wirtschaftliche und arbeitstechnische Verbesserungen bringen soll. Sie sagen, von Steinen allein werden wir nicht satt.“ Juan macht eine
Pause, fährt sich nervös durchs Haar, rückt seine Brille gerade. „Bevor die Politiker so etwas sagen, sollten sie sich mal ein Beispiel an Benalauría
nehmen“, fährt er dann fort. Sein Ton ist jetzt ärgerlich. „Dort haben sie die Landflucht auch mit nachhaltigen Projekten aufgehalten, die nicht der
Umwelt schaden.“Dann fügt er mit einem versöhnlichen Lächeln an: „Vielleicht schafft Veronica ja bald mit dem Projekt von Barbara ein
alternatives Angebot zum Golftourismus, das auch die Fortschrittsanhänger überzeugt …“

Februar
Der Stier im Korkeichenwald
    Málaga ist ganz anders als Granada. Die Stadt ist nicht niedlich wie die für Urlauber herausgeputzte Nachbarin und auch nicht von Studenten
bevölkert. Sie ist schmutzig und laut, Bettler und Drogensüchtige gehören zum Straßenbild. Dennoch oder gerade deshalb beginne ich die Stadt zu lieben,
das ehrliche und raue Ambiente gefällt mir. Das Einzige, was mir noch zu schaffen macht, sind die Baustellen, die an jeder Ecke aus dem Boden
sprießen. Nicht etwa wegen des Staubs oder des Lärms der Presslufthämmer. Es sind die Bauarbeiter, die mich aus der

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