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Ein Jahr in Australien

Titel: Ein Jahr in Australien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julica Jungehuelsing
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Freund Dave vom NRMA hier hergefunden hätte, würde es bestimmt eine Weile dauern ... Aber die junge Frau hinter der Theke des Allzweckladensberuhigte mich. „Ah, she’ll be right, love“, versicherte sie mit einem Blick auf meinen Van, der Weg sei nicht zu schlecht und auch nicht furchtbar lang. Sie behielt recht, logisch: „She’ll be right“ war der australische Standardsatz für knifflige Situationen, die nicht weiblich sein mussten. Er bedeutete einfach: Wird schon schiefgehen. Der Weg endete ein Stück jenseits eines niedrigen Holzhauses, ich stellte den Motor ab. Unter sehr hohen, silbrig glänzenden Bäumen glitzerte ein Teich, weiter hinten leuchtete eine einsame Sanddüne weiß in der Sonne. Als ich genauer hinsah, entdeckte ich verstreut hier und da zwischen den Bäumen ein paar Autos neben niedrigen Zelten. Weiter hinten verband eine Wäscheleine zwei etwas modernere Vans, daneben lagen ein paar Surfboards. Sehr ruhig und friedlich. „How are ya?“, dröhnte plötzlich hinter mir eine tiefe Stimme. Ich zuckte zusammen, drehte mich um und sah einen breitschultrigen Typen mit offenem Hemd und Dreitagebart. Er musterte mich von der Veranda des Holzhauses aus und sah trotz seines brummenden Basses ganz freundlich aus. „Oh, great, thanks. How are you?“, sagte ich und entschuldigte mich, dass ich einfach so eingedrungen war. Nebenbei war ich fast erleichtert, dass es hier so etwas wie eine offizielle Person zu geben schien. Irgendwann unterwegs war mir der Gedanke gekommen, es könne auch etwas unheimlich sein, alleine zu campen. Zwar hatte ich im Northern Territory schon in weitaus abgelegeneren Gegenden im Freien geschlafen. Aber eben nicht allein. Der Mann stellte sich als Terry vor und erklärte mir, dass ja noch keine Saison sei und daher keine Schranke nötig. Wenn ich über Nacht bleiben wolle, koste das fünf Dollar, es gäbe nämlich neuerdings sogar Duschen, allerdings keinen Strom. Das klang gut. Und ob ich Feuerholz oder Eis für den Esky bräuchte, das wären dann noch mal fünf Dollar. Ich wollte beides und lud einen dicken Beutel Eis und ein Bündel Scheite in den Wagen. Es war zwar nicht heiß, aber ich hattekeine Ahnung, wie lange so ein Eskimo meine Vorräte frisch halten würde. Dann parkte ich den Van unter einem Baum nicht weit von der steilen Sanddüne, hinter der ich das Meer vermutete.
    Ein paar Stunden später machte ich eins meiner Biere auf und betrachtete stolz mein kleines Camp zwischen Van und Zelt. Ich hängte den Neoprenanzug auf die Leine, die ich vom Express zu einem Eukalyptusbaum gespannt hatte, und streckte mich mit einem glücklichen Seufzer auf meiner Isomatte aus. Ja, hinter der steilen weißen Düne lag tatsächlich das Meer. Und was für eins: eine einsame Bucht mit wundervoll klarem Wasser und sehr geschmeidigen Wellen in meiner Lieblingsgröße. Die einzige Konkurrenz hatte aus zwei älteren Longboardern bestanden. Ich war rausgepaddelt und wenige Minuten später mit dem stärksten Adrenalinschub meines Lebens auf mein Brett gesprungen: Zwei graue Rückenflossen durchschnitten kaum zwanzig Meter von mir entfernt das türkisblaue Wasser. Ich nahm Reißaus. Schneller als ich je dachte, dass ich könnte, paddelte ich zu den anderen Surfen und zeigte auf die Stelle. „Habt ihr … ich meine da hinten, also, die Flossen, habt ihr die gesehen …?“ Ich war völlig außer Atem. Die beiden grinsten sich breit an: „Heute früh waren das noch Delphine, no worries, she’ll be right ...“
    Ich freute mich, was für ein Glück ich mit meinem Nachtplatz hatte. Die Bäume waren licht genug, den aufgehenden Mond und ein paar Sterne durchscheinen zu lassen. Es wehte kaum Wind, und ich bekam sogar ein kleines Feuer an, auf dem ich ein Steak grillte, das in Minutenschnelle fertig war. Okay, dann gab es die Nudeln eben zum Nachtisch. Als geniale Profi-Camperin, die ich war, hatte ich natürlich einige unwesentliche Details vergessen, zum Beispiel eine brauchbare Lichtquelle. Mit der Taschenlampe in der Hand zu kochen stellte sich als wenig praktisch heraus. Gewürzewaren in der Eile auch nicht mitgekommen, aber die Nachbarn aus dem Zweimannzelt waren nett und halfen aus. Als ich später zusah, wie mein Feuer langsam runterbrannte, hörte ich es hinter mir rascheln. Ich drehte mich vorsichtig um und sah am Tümpel zwischen den Bäumen ein Tier. Es sah aus wie ein dünner Wolf ohne Fell, spitzte die Ohren, trottete in meine Richtung und verschwand über die Dünen. Ein

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