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Ein Jahr in London

Titel: Ein Jahr in London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Regeniter
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speak to you later today?“
    „Yes, of course“ , stottere ich und mir wird übel. Ich hatte das angedrohte Gespräch schon fast vergessen.
    Den Rest des Tages kann ich an nichts anderes denken und eine Minute nach Schulschluss klopfe ich ängstlich an Dr Clarksons Tür.
    Er öffnet mir freundlich lächelnd und weist mich an, Platz zu nehmen.
    „Also, der Grund für unser Gespräch ... Wahrscheinlich weißt du schon, dass Miss Miller von übernächster Woche an einen Tag weniger arbeiten wird?“ Ich schlucke. Damit hatte ich bei der so karrierebewussten Miss Miller nicht gerechnet.
    „Darf ich fragen, warum?“
    „Nun, sie hat wohl ihre Gründe“, antwortet er ausweichend.
    „Auf jeden Fall wird das natürlich zu Stundenplanänderungen führen.“
    Ich schaue ihn gespannt an.
    „Aber erst mal möchte ich dir zu deinem gelungenen Start in das englische Schulsystem gratulieren. Du hast so viele schwere Klassen, da hätten viele andere schon längst alles an den Nagel gehängt.“
    Jetzt bin ich wirklich erstaunt. Anstatt sich über meine chaotische Klasse vor einigen Wochen zu beschweren, hat er mich zu sich ins Büro bestellt, um mich zu loben? Ein Stein fällt mir vom Herzen.
    „Es fällt mir auch oft schwer“, gebe ich zu. „Ich hatte es mir ehrlich gesagt nicht so hart vorgestellt.“
    „Das ist kein Wunder. Selbst ich mit meinen dreißig Jahren Berufserfahrung und meiner Stellung als Direktor habe immer noch manchmal Probleme. Die Kinder an unserer Schule sind nun mal nicht einfach.“
    Ich nicke und mir wird ganz warm ums Herz. Dass selbst Dr Clarkson manchmal Probleme hat, muntert mich sehr auf.
    „Als ich letzten Monat bei Mr Barbers Erdkundestunde zugeschaut habe, hat mir ein Kind, als ich kurz aufgestanden bin, doch tatsächlich Kleber auf den Stuhl geschmiert. Wir haben immer noch nicht rausgefunden, wer es war, aber ich kann es mir schon fast denken. Und er wird es büßen, das verspreche ich dir. Aber der Grund, weshalb ich dich heute zu mir gebeten habe, ist ein anderer.“
    Ich schaue ihn gespannt an.
    „Wie gesagt, wir müssen wegen Miss Millers Stundenkürzung ein paar Stundenplanänderungen vornehmen, und Miss Miller, als Vorsitzende der Deutschabteilung, hat dafür die Hauptverantwortung übernommen.“
    Ich habe ein ungutes Gefühl und erinnere mich plötzlich an den schadenfreudigen Blick, den sie mir am Vortag zugeworfen hatte.
    „Ja? Und was ändert sich an meinem?“
    „Die schlechte Nachricht zuerst: Du übernimmst Miss Millers Klasse 10A.“ „Die 10A?“ Bei diesen Worten dreht sich mir der Magen um, ich merke, wie ich vor Wut knallrot anlaufe und mein Puls davonrast.
    „No!“ , stoße ich in einem so bestimmten und lauten Ton hervor, dass ich mich vor mir selbst erschrecke. Unter normalen Umständen hätte ich nie den Mut, so mit dem Direktor zu reden, aber dies geht zu weit. Die 10A ist an der ganzen Schule als die schlimmste Klasse überhaupt verschrien. „Das sind keine Jugendlichen, das sind wildgewordene barbarians “, hatte mir selbst Mr Tucker, der strenge und furchteinflößende Sportlehrer, vor einigen Wochen noch erzählt. „Völlig außer Rand und Band. Nach jeder Stunde mit ihnen fühle ich mich, als hätte ich gerade zehn Runden mit Mike Tyson im Boxring verbracht.“
    Als ich über den ersten Schock hinweg bin, sage ich so gefasst wie möglich: „Aber du hast doch eben schon selber zugegeben, dass ich sowieso schon so viele schlimme Klassen habe. Und viel Erfahrung als Lehrerin in England habe ich auchnicht, wäre es da nicht besser, eine solche Klasse an jemand anderen zu geben?“
    „Das ist ja alles nicht so einfach. Außerdem hat Miss Miller viel Zeit damit verbracht, den neuen Stundenplan zusammenzustellen. Ändern können wir jetzt nichts mehr daran.“
    „Aber ich habe dann ja auch viel zu viele Stunden, welche Klasse verliere ich denn dann?“
    „Deine Abiturklasse. Miss Miller meint, so kurz vor den Examen könnten die gut ein paar zusätzliche Stunden mit einer so erfahrenen Lehrerin wie ihr gebrauchen.“
    Eine Welt bricht für mich zusammen. Innerhalb von fünf Minuten ist mir jede Lust vergangen, auch nur eine weitere Woche an der Parklands High zu arbeiten. Nicht nur habe ich jetzt die schlimmste Klasse aller Zeiten am Hals, auch werde ich meine geliebten drei Abiturienten und die netten, erholsamen gemeinsamen Stunden verlieren. Ich erinnere mich an die vielen Male, an denen Miss Miller mich bat, doch noch einmal die Deutschaufsätze

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