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Ein Jahr ohne Juli (German Edition)

Ein Jahr ohne Juli (German Edition)

Titel: Ein Jahr ohne Juli (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Kessler
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Christine und Sally bemerkt habe. Ich bin auch sicher, dass sie jetzt über uns lästern. Aber ich möchte nichts tun, was Juli die Gelegenheit gibt, mich anzugreifen.
    »Ich verstehe trotzdem nicht, wie du es mit ihnen aushältst«, sage ich schließlich. »Sie sind so oberflächlich; richtige Plastikpuppen! Sie haben dich nicht wirklich gern.«
    »Vielleicht ist Oberflächlichkeit genau das, was ich im Moment brauche«, sagt Juli matt. »Wenn man über Dinge redet, die unerheblich sind, dann kann schon mal niemand was sagen, was einem wehtut – und man muss nicht über Dinge reden, die einen von innen her auffressen.«
    Ich beschließe, nicht weiter zu bohren.
    »Und überhaupt, wer sagt eigentlich, dass sie mich nicht mögen?«, fährt Juli fort. »Warum sollten sie sich um mich kümmern, wenn sie mich nicht mögen?«
    Ich zucke die Schultern und muss an die Szene mit den beiden Jungen denken. »Vielleicht wollen sie gut dastehen oder so. Vor den Jungs angeben, wie einfühlsam und fürsorglich sie sind.«
    Juli dreht sich zu mir um. »Versuchst du, mich aufzuheitern?«, fragt sie. »Falls ja, dann machst du das nicht gerade gut.«
    »Entschuldige. Ich traue ihnen einfach nicht, und ich kann sie nicht leiden«, sage ich. »Und ich dachte, dass es dir genauso geht.«
    Juli sieht auf den Boden. »Tja, ich habe eben nicht mehr die große Auswahl.«
    Ich weiß nicht, was ich antworten soll. Ich weiß nicht, wie es so weit mit uns gekommen ist. Ich weiß nur, dass wir einen schrecklichen Streit hatten – vor einem Jahr. Haben wir da das letzte Mal miteinander geredet?
    »Juli, wie sind wir in diese Situation gekommen?«, frage ich vorsichtig.
    »Welche Situation?«
    »Na, diese. Dass wir keine Freundinnen mehr sind. Du bist doch meine beste Freundin, die beste, die man sich auf der Welt wünschen kann. Es tut mir leid, was ich vorhin gesagt habe.«
    »Vorhin?«
    »Ich meine, letztes Jahr«, korrigiere ich mich und komme mir lächerlich vor, das zu sagen, wo es doch gerade erst passiert ist. »Geht es darum?«
    Juli seufzt schwer. »Um was soll es denn sonst gehen?«
    »Das war also das letzte Mal, dass wir geredet haben?« Ich halte die Luft an, während ich auf ihre Antwort warte.
    »Hast du jetzt wieder dein Gedächtnis verloren?«, fragt sie. »Oder hast du vielleicht schon wieder ein Jahr verloren und bist in die Zukunft gereist?« Sie starrt mich herausfordernd an. Zum ersten Mal zeigt ihr Ausdruck einen Anflug von Lebhaftigkeit. Will sie, dass ich ihr die Wahrheit sage oder dass ich den Mund halte? Ich wage nicht, es noch einmal zu riskieren – nicht, wo wir gerade wieder miteinander reden. Ich sehe zu Boden und schweige.
    »Wie auch immer, du weißt genau, dass wir in der Zwischenzeit geredet haben«, fährt Juli fort. »Aber immer mit dem gleichen Ergebnis, deshalb bin ich froh, dass wir damit aufgehört haben. Es hat zu sehr wehgetan.«
    »Ich möchte nicht, dass wir uns verkrachen«, sage ich. »Das will ich nie.«
    »Zu spät, Jen. Schon passiert.«
    »Es ist, als ob du mich hasst«, sage ich. »Ich verstehe nicht, warum.«
    »Ich hasse dich überhaupt nicht«, sagt Juli. »Ich halte es nur nicht mit dir aus. Mit Sally und Christine zusammen zu sein, lenkt mich davon ab. Wenn ich mit dir zusammen bin, erinnert mich das nur immer daran, wie weh alles tut.«
    »Und deshalb bist du mir das ganze Jahr ausgewichen.«
    Juli zuckt mit den Schultern.
    Während wir stumm dasitzen, versuche ich, mir zu erklären, was gerade abläuft. Versuche, zu glauben, dass das alles wahr ist. Vor zwei Tagen waren wir beide erst in Riverside Village angekommen. Sind uns in die Arme gefallen, als wir uns auf dem Parkplatz getroffen haben; haben genau hier am Fluss geredet; wir wollten jede Minute miteinander verbringen. Sie hat gestrahlt. Ständig gelacht. Das hier ist nicht Juli. Etwas ist ganz entsetzlich schiefgegangen.
    »Ich wünschte, es wäre nicht so, wie es jetzt ist«, sage ich schließlich.
    »Ja, ich auch«, erwidert sie wehmutsvoll. »Aber so ist es nun mal. Ich kann nicht ändern, was passiert ist. Keiner kann es. Und weißt du, was das Schlimmste ist?«
    »Was?«
    Juli schweigt eine Ewigkeit. Dann sagt sie mit fast flüsternder Stimme: »Ich habe keinen, mit dem ich reden kann über …« Sie bricht ab, schluckt heftig und schüttelt den Kopf. »Vergiss es«, sagt sie.
    »Über was?«
    Sie wendet sich ab und wischt sich mit der Hand über die Augen. »Nichts.«
    »Hör mal, ich weiß doch, wie schlimm das alles

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