Ein kalter Hauch im Untergrund - Neal Carey 1
ihn sofort. Neal grinste ihn an. Colin glaubte nicht an Zufälle. In seinem Job wie in Neals gibt es nur ein Wort für Leute, die an Zufälle glauben: Opfer. Er grinste zurück und ging auf Neal zu. Neal rührte sich nicht und grinste weiter, und das gefiel Colin weniger.
Neal bemerkte, daß Crisp auf seine linke Seite zusteuerte. Ein kleiner taktischer Fehler, dachte Neal, denn im Zweifelsfall sollte man immer davon ausgehen, daß der Gegner Rechtshänder ist. Neal grinste Colin breit an. Er sagte: »Ihr Auftritt im Restaurant hat mir gefallen.«
»Das war kein Auftritt, Mann.«
»War nicht böse gemeint. Aber jeder von uns spielt doch nur seine Rolle.«
»Und was ist deine?« Colin lächelte noch, aber Neal konnte die Gefahr dahinter lauern sehen.
Trotzdem sagte er: »Ich klaue Geldbörsen.«
Colins Blick wurde eiskalt. Das Lächeln verschwand. Er schüttelte ganz langsam den Kopf, während Crisp auf den Befehl wartete, Neal die Rübe einzuschlagen. Neal wußte, daß er Crisps erstem Schlag noch würde ausweichen können. Aber danach… Tolle Idee, sich selbst vor einer Statue einzukesseln. Sehr clever.
Schließlich sagte Colin: »Und warum hast du mir das jetzt gesagt, Sportsmann? War doch ‘ne nette Show, und du hast die Börse ja schließlich auch zurückgegeben. Also warum mußt du die Sache durcheinanderbringen und mir die Scheiße erzählen?«
Neal war sich nicht ganz sicher, aber er glaubte, hinter den derben Sprüchen einen weinerlichen Ton herauszuhören. Er hatte das Gefühl, daß Colin eher verwirrt als wütend war.
»Was soll ich denn jetzt tun, häh?« fragte Colin. »Du hast mich reingelegt, und dafür sollte ich dir die Finger brechen. Aber ich bin dir auch dankbar, daß du mich im Restaurant rausgehauen hast! Warum bringst du mich in so eine Situation?«
»Langeweile, schätz ich.«
Colin starrte ihn an. Entweder war dieser Typ verrückt oder er war der coolste Kerl, den er gesehen hatte, seit er heute morgen in den Spiegel geguckt hatte.
»Na dann, Mann«, fing er an. Er mußte lachen. »Wenn du nach Abwechslung suchst…«
Hüte dich vor Freundschaft mit Verrückten, dachte Neal, als er sich an der Wand abstützte und kotzte, woraufhin seine Nase wieder zu bluten anfing.
Alles hatte ganz harmlos mit ein paar Bier in einem Pub in der Garrick Street begonnen. Colin hatte den Gastgeber gemimt und Neal vorgestellt.
»Das ist Crisp«, sagte er dann. »Wir nennen ihn so, weil er alles frißt, was knusprig ist. Ich kenn’ ihn mein halbes Leben, und weiß immer noch nich, wie er richtig heißt.«
Danach stellte Colin das Mädchen mit den lila Haaren vor. »Das is seine Schnalle, Vanessa.«
»Ich steh auf knusprige Typen«, sagte sie in einem Akzent, der aufbessere Herkunft deutete.
»Und das«, sagte Colin, der sich ganz offensichtlich das Beste bis zuletzt aufgehoben hatte, »ist Alice. Auch aus Amiland, wie du.«
Alice? dachte Neal. Alice? Die besten Schulen Amerikas, und dann ist das alles, worauf du kommst? Er streckte die Hand aus. »Freut mich, dich kennenzulernen. Woher kommst du?«
Sie gab ihm weder die Hand noch lächelte sie.
»Kalifornien«, sagte sie. Ihre blauen Augen funkelten.
Na toll, Alice, dachte Neal. Was würde einen Großstadt-Briten wohl mehr anmachen als ein goldiges California-Girl? »Ich war mal da. Wo in Kalifornien?«
Sie zögerte keine Sekunde. »Stockton. Scheißstadt.«
Neal lächelte sie an. Nicht schlecht, Allie, gar nicht schlecht. »In Stockton war ich noch nie.«
Sie lächelte immer noch nicht. Sie sah ihn nur an und sagte: »Du hast nichts versäumt.«
»Meine Runde«, sagte Neal. Der Barkeeper zapfte vier Guiness.
»Was hat dich nach London verschlagen, Neal?« fragte Colin. »Welcher Wind weht in unser grünes, schönes Land?«
Ein Dealer, der Blake zitiert? Das wurde ja immer besser. »Arbeit.«
»Was für welche?«
»Ich bin ein Cop.«
Colin verschluckte sich nicht gerade an seinem Bier, es ging ihm aber auch nicht so glatt runter, wie Lord Ivey es sich gewünscht hätte, als er das Zeug braute.
Neal sagte: »Privatermittler.« Allie reagierte nicht.
»Altes Schlitzohr!« rief Colin.
»Pfadfinder-Ehrenwort. Ich soll ‘nen greisen Boß beim Antiquitätenkauf beschützen, oder so.«
»Und da dachtest du, du könntest dir genausogut ‘n paar Mäuse nebenbei schnappen.«
»Warum nicht?«
»Und als du mein Jackett auf der Scheißhaustür gesehen hast, dachtest du, es gehört irgend ‘nem blöden Touri.«
»Aber als ich kapierte,
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