Ein kalter Hauch im Untergrund - Neal Carey 1
roter Locken.
»Ganz toll«, sagte Neal. »Gefällt mir gut.«
Er drehte sich um.
Allie folgte ihm. »Mir ist gerade noch ein Lied aus der Vorschule eingefallen. Willst du’s hören?«
Du könntest sie jetzt einfach mitnehmen, dachte Neal. Sie unter irgendeinem Vorwand einfach mitnehmen und verschwinden, lange bevor Vanessa auch nur daran dachte, bei der Telefonzelle… Er eilte die Treppe herunter. Allie sang hinter ihm her.
»A precious gem is what you are/Your’re Daddy’s bright and shining star…«
Er nahm die District Line in Earl’s Court, wechselte in South Kensington auf die Piccadilly Line und fuhr bis Leicester Square. Die lange hölzerne Rolltreppe beförderte ihn auf die Erdoberfläche zurück. Colin war auf dem Square, unter dem Denkmal des Earl of Leicester. Auf dem Sockel stand: ES GIBT KEINE DUMMHEIT, NUR IGNORANZ.
»Hey, Mann«, sagte Colin. Crisp hockte auf dem Boden wie ein braves Hündchen.
»Wie geht das Geschäft?«
»Die Typen blockieren mein Telefon«, sagte Colin und deutete auf eine lange Schlange vor der Zelle.
»Trinkst du ‘n Bier mit?«
Colin sah sich einen Augenblick lang um, dann sagte er: »Warum nich. Crisp, paß auf den Laden auf.«
Sie gingen zu einem kleinen Pub in der Floral Street. Neal fand einen Tisch am Fenster und holte ihnen zwei Bier.
»Ich hab versucht, dich noch bei dir zu Hause zu erwischen«, sagte er.
»Arbeitszeit.«
»Alice ist auf’m Trip.«
Colin zuckte mit den Achseln. »Is ihre Sache, nich?«
»Könnte dein Geschäft beeinträchtigen. Nobelkunden mögen keine Junkies.«
Colin sah aus dem Fenster. »Tja, Mann, ihre Sache, meine Sache, jedenfalls nich deine Sache.«
Neal sah auch aus dem Fenster. »Vielleicht doch.«
»Und warum?«
»Ich brauch ‘n Mädchen.«
Colin lachte. »Aber nicht Alice. Ich besorg dir eine.«
»Ich brauch ‘n Mädchen für ‘nen Job.«
Colin nahm einen Schluck Bier und sagte denn: »Mein Alter hat immer gesagt, ich soll mir ‘n richtigen Job suchen, sonst is mein Leben für’n Arsch. War für ihn das Wichtigste. Is das hier ‘n richtiger Job, Neal?«
»Nein.«
»Wir sind interessiert.«
»Es ist ein einmaliger Deal, Colin. ‘ne Menge Geld, aber nicht ganz einfach. Keine Fehler. Es geht um meinen Arsch.«
»Wieviel Geld?«
»Genug, daß du Alice keine Jobs mehr verschaffen mußt.«
Entweder wurde Colin ein wenig rot, oder er war ein besserer Schauspieler, als Neal dachte.
»Ich lieb sie, Neal.«
»Klar.«
»Was für’n Job?«
Neal schüttelte den Kopf. »Sag ich dir morgen. Serpentine. Um eins.«
Weil man es nicht zu einfach machen darf, dachte Neal. Weil du ihm beibringen mußt, deinen Anweisungen zu gehorchen. Weil du das Muster der Beziehung ins Gegenteil verkehren mußt. Sonst geht die ganze Sache ins Auge.
»Was soll der Aufstand?« fragte Colin.
»Ja oder nein?«
»Ja, Mann.«
Der Schatten hatte sich auf dem Square an Neal gehängt und war ihm bis zum Pub gefolgt. Er hatte auf der Straße gewartet und war dann bis zum Hotel an ihm drangeblieben. Er blieb weit zurück und war sehr vorsichtig. Der Junge sollte ein Profi sein.
Levine nahm ab.
»Ich melde mich«, sagte Neal.
»Guter Junge.«
»Pfeif deinen verdammten Schatten zurück.«
»Was?«
»Nächstes Mal nimmst du besser jemanden, der weiß, was er tut.«
»Hey, Neal…«
»Pfeif ihn zurück.« Neal legte auf.
Levine sah Graham und Lombardi an. »Dieser Neal ist eine Plage. Jetzt glaubt er, ich ließe ihn beschatten. Arschloch.«
Grahams Gummihand rieb sich an der richtigen. Er hatte Neal gut genug trainiert, daß er keine Schatten sah, wo keine waren.
»Laß es.«
»Der Junge hat was vor. Ich kann es spüren.«
Die Leitung aus London war so schlecht, daß er es noch mal sagen mußte. »Hör auf.«
»Er hat was vor.«
»Wer bezahlt dich? Laß es!«
»Wie du willst.«
Der Mann legte auf. Er war wütend. Der Junge war Profi. Mistkerl.
Zwei Scotch und ein heißes Bad beruhigten Neal nicht sonderlich. Dieser verdammte Levine, dachte er. Dieser verdammte Levine ruiniert die ganze Sache. Wenn ich diesen Typen auch nur noch einmal rieche..
22
Dienstagmorgen gönnte Neal sich ein großes Frühstück. Er suchte sich einen Tisch, von dem aus er die Tür im Auge behalten konnte und verschwand zusammen mit zwei Spiegeleiern, Speck, Würstchen, Toast, Cornflakes und einem Kännchen Kaffee hinter der Times. Er ließ sich Zeit, aber niemand leistete ihm Gesellschaft.
Dann marschierte er
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