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Ein kalter Hauch im Untergrund - Neal Carey 1

Ein kalter Hauch im Untergrund - Neal Carey 1

Titel: Ein kalter Hauch im Untergrund - Neal Carey 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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bringen, dachte er.
    »Schon mal daran gedacht, zurück nach Hause zu gehen?«
    »Warum?« fragte sie mit vollem Mund.
    »Burger.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Familie?«
    »Vor der bin ich weggelaufen.«
    »Vielleicht wäre es diesmal anders.«
    »Bestimmt nicht.« Sie nippte am Weißwein und lehnte sich zurück. »Außerdem, was wäre mit Colin?«
    »Ich weiß nicht. Was ist mit Colin?«
    Sie lächelte eiskalt. Wie ein Pokerspieler, der sehen, aber nicht erhöhen will.
    »Bist du in mich verknallt?« fragte sie.
    »Nein.«
    »Gut.«
    Sie widmete sich wieder ihrer Suppe.
    »Was hast du eigentlich gegen mich?« fragte er. »Was hab ich dir getan?«
    »Ich mag dich. Nichts gegen dich persönlich. Sagen wir mal, ich habe nicht so gute Erfahrungen mit Männern an sich gemacht, okay?«
    »Okay.«
    Beim Hühnchen sagte sie: »Ich liebe ihn.«
    »Ihn oder sein Dope?«
    »Wo ist der Unterschied?«
    Nirgends.
    Das Essen war toll, was man auch der Rechnung entnehmen konnte. Er zahlte und gab ein großzügiges Trinkgeld.
    »Danke für den Lunch«, sagte sie draußen auf dem Gehsteig.
    »Was hast du gesagt?«
    »Ich habe danke gesagt. Es war nett von dir. Gehörte nicht zum Handel.«
    »Gern geschehen. Danke für die Gesellschaft. Hast du Lust, mit mir im Park spazierenzugehen?«
    Sie sah ihn an und grinste. »Du bist doch verknallt.«
    »Ich sag ja nur, daß du… Möglichkeiten hast.«
    »Ach ja? Was für Möglichkeiten?«
    »Du kannst mit mir Spazierengehen. Im Park.«
    »Wenn ich Colin sage, daß du in mich verknallt bist, bringt er dich um.«
    »Er würde es zumindest versuchen. Du bist sein wertvollstes Stück.«
    »Er liebt mich.«
    »Klar, warum auch nicht?«
    »Nicht nur, weil ich Geld verdiene.«
    »Ach? Was ist denn dein Anteil? Fünftausend? Drei? Zwei? Langsam fallen mir keine Zahlen mehr ein, Alice.«
    Sie wurde rot. »Colin kümmert sich ums Geld. Er kümmert sich um mich.«
    Neal lachte sie aus. »Er kümmert sich um dich?«
    »Er sagt, nach heute nacht muß ich es nie wieder machen. Er hat’s versprochen… keine Dates mehr.«
    »Bis er wieder Geld braucht. Dann mußt du wieder ran. Und er wird Geld brauchen. Denn du wirst es in deinen Arm spritzen.«
    Das tat ihr weh. Er konnte sehen, wie sie nachdachte.
    »Welcher Park?«
    »Schon wieder Möglichkeiten.«
    Sie winkte ein Taxi heran. »Zum St. James’s Park«, sagte sie. »An der Horse Guard Road.«
    Er ließ sich von ihr zum Kiosk führen, wo sie zwei große Sweet Rolls kaufte.
    »Hast du schon wieder Hunger?« fragte er.
    »Die sind nicht für uns, Blödmann. Komm mit.« Sie ging hinüber zu dem See, an dessen Ufer die Enten auf neue Trottel warteten, die sie mit Sweet Rolls fütterten. Sie gab Neal eine und sagte ganz ernst: »Jetzt brichst du kleine Stückchen davon ab und wirfst sie den Enten hin. Aber achte darauf, daß sie alle etwas abkriegen, ganz gerecht.«
    Er sah ihr beim Entenfüttern zu. Sie konzentrierte sich darauf, als wäre sie alleine hier und hätte nichts anderes auf der Welt zu tun. Sie verlor sogar den trotzigen Zug um den Mund.
    »Machst du das oft?« fragte er.
    »Nein.«
    Sie zitterte ein wenig. »Wir müssen los«, sagte sie.
    »Warum?«
    »Heute nacht ist die große Nacht.«
    »Ist dir kalt? Wir haben dreißig Grad.«
    »Ich will nach Hause.«
    »Weil da das Heroin ist.«
    »Ich muß mich vorbereiten, Neal.«
    »Atme tief durch.«
    »Fuck you.«
    »Es wird noch schlimmer, Alice.«
    Sie setzte sich auf eine Bank. Er setzte sich neben sie. »Also, heute abend hab ich mein letztes Date, ja?«
    »Wenn du willst.«
    Sie nickte ein paarmal mit dem Kopf. Ihr Gesicht wurde immer blasser. »Yeah, klingt gut.«
    »Dann ist es dein letztes Date.«
    Sie grunzte. »Oh, und du wirst mich beschützen, ja? Mich vom Stoff runterbringen? Mich von der Straße runterholen?«
    »Genau.«
    »Okay, strahlender Ritter«, sagte sie und stand auf. »Ruf mir ein Taxi. Ich muß nach Hause.«
    Er ließ sie vor ihrem Haus raus und fuhr zurück zum Hotel. Er hatte keine Lust, ihr beim Spritzen zuzusehen, und er hatte auch noch was zu erledigen. Wie sie so schön gesagt hatte, heute nacht war die große Nacht.
     
     
24
     
    Neal machte es sich in einem der Ohrensessel in der Lobby seines Hotels bequem. Er hatte sich einen Platz ausgesucht, von dem aus er beide Fahrstühle und die Drehtür zur Straße im Blick hatte. Er versuchte, entspannt und gelassen auszusehen, aber sein Magen krampfte sich zusammen, und sein Herz hämmerte achttrillionenmal in der

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