Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord
Vakuumsaugen. Besonderer Wert wurde auf die Erdung und Kupferabschirmung gelegt. Wir arbeiten mit Millionstel Volt, was bedeutet, dass Faktoren, die die Interferenzen verstärken,für uns ein Alptraum sind. Das Gebäude ist klimatisiert, und die Luft wird ununterbrochen gefiltert, daher das Rauchverbot.«
Forbes beendete seinen Vortrag, um überrascht aufzusehen. »Die Thermostate funktionieren sogar.« Er öffnete eine Tür. »Unser Lese- und Konferenzraum. Womit wir die Etage durchhätten. Sollen wir in mein Büro gehen?«
Addison Forbes, hatte Carmine schon nach wenigen Minuten beschlossen, war ein totaler Neurotiker. Er hatte eine sehnige, ausgemergelte Figur, die auf einen Sportfreak mit vegetarischen Neigungen schließen ließ, war ungefähr fünfundvierzig Jahre – genauso alt wie der Professor – und sah nach nichts aus. Gesichtszuckungen und abrupte, bedeutungslose Handbewegungen flankierten seine Rede. »Vor drei Jahren hatte ich einen schweren Herzinfarkt«, sagte er. »Ist schon ein Wunder, dass ich überlebt habe. Jetzt laufe ich jeden Abend die fünf Meilen vom Hug nach Hause. Meine Frau fährt mich morgens hin und holt den Anzug vom Vortag ab. Wir brauchen keine zwei Autos mehr, eine willkommene Einsparung. Ich ernähre mich von Gemüse, Obst, Nüssen und gelegentlich einem Stück gedämpftem Fisch, wenn meine Frau einen findet, der wirklich frisch ist. Und ich muss sagen, ich fühle mich großartig.« Er tätschelte seinen Bauch, der total flach war. »Auf die nächsten fünfzig Jahre!«
Himmel!, dachte Carmine. Ich falle lieber tot um, als auf das fettige Zeug von Malvolio’s zu verzichten. »Wie oft bringen Sie oder Ihr Laborant die toten Tiere runter in den Kühlraum im Erdgeschoss?«
Forbes blinzelte und sah ihn ausdruckslos an. »Lieutenant, ich habe Ihnen doch schon gesagt, ich bin Kliniker! Meine Forschungen sind
klinisch
, ich mache keine Tierversuche.« Seine Augenbrauen versuchten, in gegensätzliche Richtungen zustreben. »Man lobt sich zwar nicht selbst, aber ich habe eine Begabung dafür, jedem Patienten genau die richtige Dosis krampfhemmender Medikamente zu geben. Es ist ein Feld, auf dem viel Missbrauch getrieben wird – können Sie sich vorstellen, wie frech einige idiotische Allgemeinmediziner sind, die sich erdreisten, Krampfhemmer zu verschreiben? Sie diagnostizieren bei den armen Patienten Epilepsie und stopfen sie voll mit Dilantin und Phenobarbital, obwohl die armen Patienten die ganze Zeit unter einer Temporallappenepilepsie leiden, die schon ein Blinder mit Krückstock erkennt. Ich leite die Epileptische Klinik des Holloman-Krankenhauses und die spezielle EEG-Einheit, die da dranhängt. Ich befasse mich nicht mit gewöhnlichen EEGs. Das ist eine andere Einheit, die von Frank Watson und seinen neurologischen und neurochirurgischen Lakaien. Ich interessiere mich für kurzzeitige Spannungsspitzen und nicht für Deltawellen.«
»Mhm-mhm«, machte Carmine, der von dieser Rede langsam glasige Augen bekam. »Also, Sie entledigen sich definitiv nie irgendwelcher Tiere?«
»Niemals!«
Forbes’ Laborantin bestätigte dies, ein hübsches Mädchen namens Betty. »Seine Arbeit hier befasst sich mit dem Level krampfhemmender Medikamente im Blutkreislauf«, erklärte sie Carmine in Worten, die er zumindest ansatzweise verstand. »Die meisten Ärzte verschreiben praktisch Überdosen, weil sie den Level der Medikamente im Blutkreislauf bei Langzeiterkrankungen wie Epilepsie nicht im Auge behalten. Er ist auch derjenige, der von der Pharmaindustrie gebeten wird, neue Medikamente auszuprobieren. Und er hat einen untrüglichen Sinn dafür, was ein bestimmter Patient benötigt.« Betty lächelte. »Er ist wirklich schräg. Das ist keine Wissenschaft mehr, sondern schon eher eine Kunst.«
Und wie, fragte sich Carmine, als er sich auf die Suche nach Dr. Maurice Finch begab, verhindere ich, dass ich unter medizinischem Kauderwelsch lebendig begraben werde?
Aber Dr. Finch war keiner von denen, die irgendjemanden unter medizinischem Gesülze begruben. Seine Forschung, erklärte er in wenigen Worten, befasse sich mit der Wanderung von Natrium- und Kaliumionen durch die Wand einer Nervenzelle während eines epileptischen Anfalls.
»Ich arbeite mit Katzen«, sagte er, »auf einer Langzeitbasis. Wenn die Elektroden und die Kanülen erst einmal in ihren Gehirnen implantiert worden sind – unter Vollnarkose –, leiden sie an keinerlei Trauma. Genau genommen freuen sie sich sogar auf ihre
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