Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord
oder einen Picasso von einem privaten Händler in der Fifty-third klauen würde. Wenn ich es ernst meinen würde, glaube ich, wäre nichts davon unmöglich.«
»Vielleicht kannte auch Ihr Onkel William diese Tricks.«
Richard Spaight kicherte. »Die kannte er mit Sicherheit! Zu seiner Zeit war es natürlich noch viel einfacher. Das Einzige, was man in Pompeji oder Florenz tun musste, war, dem Stadtführer zehn Dollar zu geben. Sie sollten den römischen Mosaikfußboden in dem alten Haus in Litchfield sehen – wunderbar.«
Kapitel dreizehn
Freitag, den 24. Dezember 1965
»Ach, so ein Mist!«, sagte Desdemona und verzog dabei die Nase. »Dieser verfluchte Entlüfter macht schon wieder Ärger.« Während sie die Stufen hinabstieg, überlegte sie, ob sie beim Vermieter anklopfen sollte, und entschied sich dann dagegen. Er war nicht besonders erbaut über die Polizisten auf seinem Grundstück und hatte durchblicken lassen, dass Desdemona sich besser nach einer neuen Wohnung umsehen sollte.
Als sie die Tür öffnete, traf sie der Gestank von Fäkalien wie ein Schlag, aber sie bemerkte ihn gar nicht. Alles, was sie sah, war das schwarze, aufgedunsene Gesicht von Charlie, dem Bullen, der normalerweise Donnerstagabend die Nachtwache übernahm. Er lag dort, als hätte er verzweifelt gekämpft, Beine und Arme von sich weggestreckt, aber es war das Gesicht, das Gesicht … Geschwollen, die Zunge hing heraus, die Augen traten hervor. Ein Teil von Desdemona wollte schreien, aber das hätte sie als typische Frau abgestempelt, und Desdemona hatte ein halbes Leben damit verbracht, der Welt zu beweisen, dass sie Männern ebenbürtig war. Sie hielt sich am Türpfosten fest und zwang sich, lange genug unbeweglich zu bleiben, um sicher zu sein, dass sie stehen konnte. Tränen sammelten sich und kullerten. Oh, Charlie! So ein langweiliger Dienst, hatte er einmal zu ihr gesagt und sie um ein Buch gebeten. Was ihn aus der Bibliothek der Bezirksverwaltung reizte, hätte er schon alles durch. Hatte sie vielleicht einen Raymond Chandler oder einen Mickey Spillane? Doch das Beste, was sie ihm hatte anbieten können, war ein Roman von Agatha Christie gewesen, der ihm nicht gefallen hatte.
Desdemona ließ den Türpfosten los und begann sich umzudrehen, weil sie zu ihrem Telefon wollte, da bemerkte sie das große Papierstück, das über das Fenster geklebt war, durch das Licht in den oberen Treppenabsatz fiel. Ein hartes Schwarz auf gleißendem Weiß in gestochen scharfer Druckschrift.
DU BIST NE ALTE PETZE,
DU SAUBLÖDE METZE!
EIN OTHELLO IST ER NICHT,
DEIN SPAGHETTIFRESSER-WICHT,
ABER ICH KRIEG DICH NOCH!
BIS DAHIN – SCHWITZ DOCH!
»Carmine«, sagte sie ruhig, als er sich meldete. »Ich brauche Sie. Charlie ist tot. Ermordet.« Sie atmete tief ein. »Direkt vor meiner Tür. Bitte kommen Sie!«
Kaum ein Sergeant hatte Carmine Delmonico je rennen gesehen, aber jetzt flog er geradezu. Abe und Corey rasten mit seinem Mantel, seiner Mütze und seinem Schal hinterher. Keine Minute später war ihnen Patrick O’Donnell auf den Fersen.
»Wow!«, sagte Sergeant Larry D’Aglio zu seinem Buchhalter. »Die Scheiße muss aus allen Richtungen in den Ventilator fliegen.«
»Nicht an Tagen wie diesen«, meinte der Buchhalter. »Zu kalt.«
»Erdrosselt mit einer Klaviersaite«, sagte Patrick. »Der arme Kerl! Er hat sich gewehrt, aber eher reflexartig. Der Draht lag um seinen Hals und war durch die Öse, bevor er überhaupt wusste, was passierte.«
»Öse?«, fragte Carmine und drehte sich von dem Zettel am Fenster um.
»Ich habe noch nie so etwas gesehen. Eine Öse an der einenSeite, ein hölzerner Griff an der anderen. Zieh den Griff durch die Öse, tritt zurück und reiße mit aller Kraft. Charlie hatte noch nicht einmal Gelegenheit, an ihn ranzukommen.«
»Und dann hat er eiskalt seinen Zettel befestigt – sieh dir das an, Patsy! Absolut gerade, genau in der Mitte des Glases. Wie hat er das gemacht?«
Patrick schaute erstaunt auf. »Himmel!«
»Nun, Paul wird es uns sagen können, wenn er den Zettel abnimmt.«
Carmine straffte die Schultern. »Zeit, dass ich an ihre Tür klopfe.«
»Wie ging es ihr, als sie angerufen und es gemeldet hat?«
»Von Stammeln keine Spur.« Er klopfte und rief laut: »Desdemona, ich bin’s, Carmine! Lassen Sie mich rein.«
Ihr Gesicht war zusammengekniffen und weiß, ihr Hände zitterten, aber sie hatte sich im Griff. Keine Ausrede, sie in die Arme zu nehmen und zu trösten.
»Ein
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