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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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    »Was meinst du?«
    »Wir brennen ein Stück der Stadt nieder! Die Vorstadt wenigstens   –«
    »Damit uns die Leute liebergewinnen? Nein, Uliaris, sie sollen uns nicht mit Recht Barbaren schelten. Ich weiß ein besser
     Mittel – sie hungern: ich habe gestern vier Schiffsladungen Öl und Korn und Wein hereingeführt, die will ich verteilen.«
    »Öl und Korn, meinethalben! aber den Wein, nein! Den fordre ich für meine Goten, die trinken schon lang Cisternenwasser, pfui
     Teufel!«
    »Gut, durstiger Held, ihr sollt den Wein für euch haben.«
    »Nun? Und noch keine Botschaft von Ravenna? von Rom?«
    »Keine! Mein fünfter Bote ist gestern fort.«
    »Gott hau’ ihn nieder, unsern König. Höre Totila, ich glaube nicht, daß wir lebendig aus diesen wurmstichigen Mauern kommen!«
    »Ich auch nicht!« sagte Totila ruhig und bot seinem Gast einen Becher Wein.
    Uliaris sah ihn an: dann trank er und sagte: »Goldjunge, du bist echt und dein Cäkuber auch. Und muß ich hier umkommen, wie
     ein alter Bär unter vierzig Hunden,– mich freut’s doch, daß ich dich dabei so gut kennengelernt: dich und deinen Cäkuber.«
     Mit dieser rauhen Freundlichkeit stieg der graue Gote vom Verdeck.
    Totila schickte den Leuten im Castell Wein und Korn, und sie labten sich herzlich daran. Als aber Uliaris am andern Morgen
     aus dem Turm des Castells lugte, rieb er sich die Augen. Denn auf der Hügelschanze wehte die blaue gotische Fahne.
    Totila war in der Nacht im Rücken der Feinde gelandet und hatte das Werk in kühnem Anlauf genommen. Aber diese neue Keckheit
     reizte den ganzen Zorn Belisars. Er schwur, den verwegnen Planken ein Ende zu machen um jeden Preis. Höchst erwünscht trafen
     ihm zur Stunde die vier Kriegsschiffe von Sicilien her auf der Höhe von Neapolis ein. Belisar befahl, sie sollten sofort in
     den Hafen von Neapolis dringen und den Seeräubern das Handwerk legen. Stolz rauschten noch am Abend des gleichen Tages die
     vier mächtigen Triremen heran und legten sich an der Einfahrt des Hafens vor Anker. Belisar selbst eilte mit seinem Gefolge
     an die Küste und freute sich, die Segel von der Abendsonne vergoldet zu sehen:
    »Die aufgehende Sonne sieht sie in den Hafen der Stadt fahren trotz jenem Tollkopf«, sprach er zu Antonina, die ihn begleitete,
     und wandte seinen Schecken zurück nach dem Lager.
    Noch hatte er am andern Morgen das Feldbett nicht verlassen – Prokopius, sein Rechtsrat, stand vor ihm und las ihm den entworfnen
     Bericht an Justinian – da erschien in seinem Zelt Chanaranges, der Perser, der Führer der Leibwächter, und rief:
    »Die Schiffe, Feldherr, die Schiffe sind genommen.«
    Wütend sprang Belisar aus den Decken und rief:
    »Der soll sterben, der das sagt.«
    »Besser wäre es«, meinte Prokopius, »der stürbe, der es getan.«
    »Wer war es?«
    »Ach Herr, der junge Gote mit den blitzenden Augen und dem leuchtenden Haar.«
    »Totila!« sprach Belisar, »schon wieder Totila.«
    »Die Bemannung lag zum Teil am Strand, bei meinen Vorposten, zum Teil schlaftrunken unter Deck. Plötzlich, um Mitternacht,
     wird’s lebendig ringsum, als wären hundert Schiffe aus der Tiefe des Meeres getaucht.«
    »Hundert Schiffe! Zehn Nußschalen hat er!«
    »Im Augenblick und lang, eh’ wir vom Strand zu Hilfe kommen können, sind die Schiffe geentert, die Leute gefangen, eine der
     Triremen, deren Ankertau nicht rasch zu kappen war, in Brand gesteckt, die andern drei nach Neapolis geführt.«
    »Sie sind noch früher in den Hafen gekommen, als du dachtest, o Belisar«, sprach Prokopius.
    Aber Belisar hatte sich jetzt wieder ganz in der Gewalt.
    »Nun hat der kecke Knabe Kriegsschiffe! nun wird er unerträglich werden. Jetzt muß ein Ende werden.« Er drückte den prächtigen
     Helm auf das majestätische Haupt:
    »Ich wollte der Stadt, der römischen Einwohner schonen: es geht nicht länger. Prokopius, geh und entbiete hierher die Feldherrn
     Magnus, Demetrius und Constantianus, Bessas und Ennes, und Martinus, den Geschützmeister; ich will ihnen zu tun geben vollauf.
     Sie sollen ihres Sieges nicht froh werden, die Barbaren, sie sollen Belisar kennenlernen.«
    Alsbald erschien im Zelte des Oberfeldherrn ein Mann, der trotz des Brustpanzers, den er trug, mehr einem Gelehrten als einem
     Krieger glich. Martinus, der große Mathematiker, war eine friedliche, sanfte Natur, die lange im stillen Studium des Euklid
     ihre Seligkeit gefunden. Er konnte kein Blut sehen und keine Blume knicken. Aber

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