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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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Kreuz. Und dann erhob sich mein
     Jucundus und drang in die Höhlung dort unter den Wurzeln der Olive. Ich horchte dem Schall seiner Bewegungen, bis er verhallte.
     Er ist noch immer nicht zurückgekommen. Aber tot ist er nicht! O nein! Kein Tag vergeht, daß ich nicht denke: heut führt ihn
     Gott zurück. War nicht auch Joseph fern lange Jahre in Ägyptenland? und doch haben Jakobs Augen ihn wiedergesehen. Und mir
     ist, heut oder morgen sehe ich ihn wieder. Denn heute nacht im Traum hab’ ich ihn gesehen, wie er im weißen Gewand heraufschwebte
     aus der Höhlung dort: und beide Arme breitete er aus: und ich rief ihn beim Namen, und wir waren vereint auf ewig. Und so
     wird’s werden: denn der Herr erhöret das Flehen der Betrübten, und wer ihm traut, wird nicht zuschanden werden.«
    Und die Alte erhob sich, drückte Miriams Hand und ging in ihr kleines Häuschen. Allmählich war der Mond voll aufgegangen und
     erhellte zaubrisch das enge Gärtchen, in welches des Turmes schwere Schatten fielen: und stark dufteten die Rosen.
    Miriam stand auf und blickte an dem Kreuz empor. »Welch mächtiger Glaube! welch lebendiger Trost! welch milde Lehre! Ist es
     so? Ist der Mann, der dort am Kreuz in Todesweh das Haupt gebeugt, ist er der Messias? Ist er aufgefahren gen Himmel und sorget
     für die Seinen, wie ein Hirt, der seine Lämmer weidet? – – – Ich aber zähle nicht zu seiner Herde! An jenem Trost hat Miriam keinen Teil. Mein Trost ist meine Liebe mit all ihrem Weh:
     sie ist meine Seele selbst geworden. Und ich sollte einst dort oben über den Sternen hinschweben, ohnediese Liebe? Dann wär’ ich nicht Miriam mehr! Oder soll ich sie mit hinauftragen: und wieder zurückstehn? und wieder durch
     alle Ewigkeit die Römerin an seiner Seite sehn? Sollen sie dort wohnen und wandeln in der Fülle des Glanzes und ich im trüben
     Nebel einsam folgen und nur von ferne leuchten sehen den Saum seines weißen Gewandes? Nein, o nein, viel besser, wie meine
     Blumen hier, erblühn am Sonnenblick der Liebe, duften und glühen eine kurze Weile, bis sie die Sonne versengt, die sie geweckt
     und geopfert hat: und verwehen in ewige Ruhe, nachdem der weiche, süße, unselige Drang nach dem Lichte gebüßt –   –«
    »Gute Nacht, Miriam, lebe wohl!« rief eine melodische Stimme.
    Und fast erschrocken blickte sie auf: und sah noch des Goten weißen Mantel vor der Treppe um die Ecke verschwinden. Uliaris
     ging nach der entgegengesetzten Seite. Rasch sprang sie die Stufen hinan und sah dem weißen Mantel, der silbern im Mondlicht
     glänzte, nach, lang, lang, bis er verschwand in fernen Schatten.–

Viertes Kapitel
    Alle Tage zweimal traten so Uliaris und Totila zusammen, berichteten ihre Erfolge, ihre Verluste und prüften ihre Aussichten
     zur Rettung der Stadt. Aber am zehnten Tage der Belagerung etwa rasselte Uliaris vor Tagesanbruch auf das Verdeck von Totilas
     »Admiralschiff«, eines morschen Muränenfängers, wo der Seegraf von Neapel, von einem zerfetzten Segel gedeckt, schlief.
    »Was ist?« rief Totila auffahrend, noch im Traum, »der Feind? wo?« –
    »Nein, mein Junge, diesmal ist’s noch Uliaris, nicht Belisar, der dich weckt. Aber lange, beim Strahl, wird’s nicht mehr dauern.«
    »Uliaris, du blutest – dein Kopf ist verbunden!«
    »Bah, war nur ein Streifpfeil! Zum Glück kein giftiger. Ichholt’ ihn mir heut nacht. Du mußt wissen: die Dinge stehen schlecht, schlechter als je seit gestern. Der blutige Johannes,
     Gott hau’ ihn nieder, gräbt sich wie ein Dachs an unser Castell Tiberii: und hat er das, dann: gute Nacht, Neapolis! Gestern
     abend hat er eine Schanze auf dem Hügel über uns vollendet und wirft uns Brandpfeile auf die Köpfe. Ich wollt’ ihn heute nacht
     aus seinem Bau werfen, ging aber nicht. Sie waren sieben gegen Einen, und ich gewann nichts damit als diesen Schuß vor meinen
     grauen Kopf.«
    »Die Schanze muß weg«, sagte Totila nachsinnend.
    »Den Teufel auch, aber sie will nicht! Aber mehr. Die Bürger, die Einwohner fangen an und werden schwierig. Täglich schießt
     Belisar hundert stumpfe Pfeile mit seinem ›Aufruf zur Freiheit!‹ herein. Die wirken mehr noch als die tausend scharfen. Schon
     fliegt hie und da ein Steinwurf von den Dächern auf meine armen Burschen. Wenn das wächst –   –! – Wir können nicht mit tausend Mann vierzigtausend Griechen draußen abhalten und dreißigtausend Neapolitaner drinnen: drum
     meine ich« – und sein Auge blickte finster

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