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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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ward sie
     in die Sänfte gehoben, sie ward in die Basilika getragen. Ich lehnte hinter der Säule ihres Hauses.«
    »Nun, ist sie seiner würdig?«
    »Sie ist sehr schön. Und vornehm. Und klug sieht sie aus: auch gut. Aber«, seufzte Miriam, »nicht glücklich. Ich will ihr
     Rosen schenken. Mutter«, sagte sie, nach einiger Zeit, sich wieder mit ihren duftigen Blumen zu ihr setzend, »was bedeutet
     das: ›die Gemeinschaft der Heiligen‹. Sollen nur die Christen dann beisammenleben? Nein, nein!« fuhr sie fort, ohne die Antwort
     abzuwarten, »das kann nicht sein. Entweder alle, alle Guten oder« – und sie seufzte. »Mutter, in den Büchern Mosis steht nichts
     davon, daß die Menschen erwachen aus dem Tode. Oh, und es wäre auch so schrecklich nicht«, sprach sie, die Rosen zusammenfügend,
     »endlich ausruhn! Ganz ausruhn! In süßer, stiller, traumloser Nacht. Ausruhn vom Leben! Denn gibt es Leben ohne Schmerz? ohne
     Sehnen? ohne leisen, nie gestillten Wunsch? Ich kann’s nicht denken.«
    Und sie hielt inne im Flechten ihres Kranzes, und stützte das Haupt auf das Handgelenk.
    Die Tauben flogen weg: denn die Herrin achtete ihrer nicht.
    »Den Seinen hat der Herr«, sprach Arria feierlich, »die selige Stätte bereitet: sie wird nicht mehr hungern noch dürsten.
     Es wird auch nicht auf sie fallen die Sonne, oder irgendeine Hitze. Denn Gott, der Herr, wird sie leiten zu dem lebendigen
     Wasserbrunnen und abwischen alle Tränen von ihren Augen.«
    »Alle Tränen von ihren Augen«, sprach Miriam nach. »Rede weiter. Es klingt so gut.«
    »Dort werden sie leben, wunschlos, den Engeln gleich: und sie werden Gott schauen, und sein Friede wird Palmenschattenüber sie breiten: sie werden vergessen Haß und Liebe und Schmerz und alles, was ihre Herzen bewegt auf Erden. Und ich habe
     viel gebetet, Miriam, für dich: und auch deiner wird sich der Herr erbarmen und dich versammeln zu den Seinen.«
    Aber Miriam schüttelte leise das Haupt.
    »Nein. Arria, da ist fast bessrer Trost der ewige Schlaf. Denn wie kann deine Seele lassen von dem, was deiner Seele Leben
     ist? Wie kannst du abtun dein tiefstes Sein und doch dieselbe bleiben? Wie soll ich selig sein und vergessen, was ich liebe?
     Ach, nur das, daß wir lieben, ist ja des Lebens wert. Und hätt’ ich zu wählen: hier alle Seligkeit des Himmels und sollte
     abtun meines Herzens einzig Gut: oder behalten meines Herzens Liebe mit all ihrer ewigen Sehnsucht,– ich neidete den Seligen
     ihren Himmel nicht. Ich wählte meine Liebe und mein Weh.«
    »Kind, sprich nicht so! lästre nicht. Sieh, was geht über Mutterliebe? nichts auf Erden! Doch wird auch sie im Himmel nicht
     mehr leben! Die Liebe, die das Mädchen zieht zum Mann, sie ist ein Traum von Gold. Mutterliebe ist ein ehern Band, das ewig
     schmerzend bindet. O mein Jucundus, mein Jucundus! Möchtest du bald wiederkommen, daß ich dich noch schauen kann hienieden,
     eh’ meine Augen volle Nacht bedeckt. Denn droben im Himmelreich wird auch die Mutterliebe untergehen in der ewigen Liebe Gottes
     und der Heiligen. Und doch möcht’ ich ihn noch einmal fassen und umfangen und mit den Händen betasten sein geliebtes Haupt.
     Und höre nur, Miriam: ich hoffe und vertraue: bald, bald werd’ ich ihn wiedersehen.«
    »Du darfst mir nicht sterben, Arria.«
    »Nein, so mein’ ich’s nicht! hier auf Erden noch muß ich ihn wiedersehen. Ich muß ihn wiederkommen sehen des Weges, den er
     gegangen.«
    »Mutter«, sagte Miriam sanft, wie man einem Kinde einen Wahn ausredet, »wie magst du noch immer daran glauben! Dein Jucundus
     ist seit dreißig Jahren verschwunden!«
    »Und doch kann er wiederkommen! Es ist nicht möglich, daß der Herr all meiner Tränen nicht geachtet, all meiner Gebete. Was
     war er für ein braver Sohn! Mit seiner Hände Arbeit ernährte er mich, bis er erkrankte und Axt und Schaufel nichtmehr führen konnte: und wir litten Not. Da sprach er: ›Mutter, ich kann’s nicht mehr mitansehen, daß du darbest. Du weißt,
     in den Gängen des alten Tempels, dort unter dem Olivenstamm, sind Schätze der Heidenpriester vergraben: der Vater drang einmal
     hinein und brachte eine goldene Spange zurück. Ich will hineinschlüpfen, so tief ich kann, ob ich von dem verborgnen Gold
     nichts finde: und Gott wird mich beschützen.‹ Und ich sagte amen. Denn die Not war schwer: und ich wußte wohl, der Herr werde
     den frommen Sohn der Witwe behüten. Und wir beteten miteinander eine Stunde, hier vor dem

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