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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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erwidert – ich wäre zu stolz, ihn darum zu hassen. Aber er zieht mich an sich, behängt mich, wie
     zum Hohne, mit dem Namen seines Weibes, führt diese Liebe bis hart an den Gipfel der Erfüllung und stößt mich dann achtlos
     hinunter in die Nacht unaussprechlicher Beschämung. Und warum? warum das alles. Um einen eiteln, leeren Schall: ›Gotenreich!‹
     Um einen toten Reif von Gold. Weh ihm, und wehe seinem Götzen, dem er dies Herz geschlachtet. Er soll es büßen. An seinem
     Götzenbilde soll er’s büßen. Hat er mir ohne Schonung mein Idol, sein eigen Bild, meine schöne Liebe mit Füßen getreten,–
     wohlan, Götze gegen Götze! Er soll leben, dieses Reich zernichtet zu sehen, diese Krone zerstückt. Zerschlagen will ich ihm
     seinen Lieblingswahn, um den er die Blüte meiner Seele geknickt, zerschlagen dieses Reich wie seine Büste. Und wenn er verzweifelnd,
     händeringend vor den Trümmern steht, will ich ihm zurufen: sieh, so sehn die zerschlagnen Götzen aus.«
    So, in der widerstandslosen Sophistik der Leidenschaft, beschuldigte und verfolgte Mataswintha den unseligen Mann, der mehr
     als sie gelitten, der nicht nur sie, der sein und des geliebten Weibes Glück dem Vaterland geopfert. Vaterland, Gotenreich
     – der Name schlug ohne Klang an das Ohr des Weibes, das von Kindheit auf unter diesem Namen nur zu leiden, dagegen nur für
     ihre Freiheit zu ringen gehabt hatte. Sie hatte nur dem Egoismus ihres
einen
Gefühls, der Poesie dieser Leidenschaft, gelebt, und zur Rache, Rache für die Hinopferung ihrer Seele, dies Gotenreich zu
     verderben, war ihre höchste, grimmige Lust.O hätte sie, wie jene Marmorbüste, mit
einem
Streich, dies Reich zerschmettern können!
    Mit diesem Wahnsinn der Leidenschaft empfing sie aber deren ganze dämonische Klugheit. Sie wußte ihren tödlichen Haß und ihre
     geheimen Rachegedanken so tief vor dem König zu verbergen – so tief, wie sich selbst die geheime Liebe verbarg, welche sie
     noch immer für den grimmig Verfolgten im tiefsten Busen trug. Auch wußte sie dem König ein Interesse an der gotischen Sache
     zu zeigen, welches das einzige Band zwischen ihnen zu bilden schien, und welches, wenn auch in feindlichem Sinne, wirklich
     in ihr bestand. Denn wohl begriff sie, daß sie dem gehaßten König nur dann schaden, seine Sache nur dann verderben konnte,
     wenn sie in alle Geheimnisse derselben genau eingeweiht, mit ihren Stärken wie mit ihren Blößen genau vertraut war.
    Ihre hohe Stellung machte ihr leicht möglich, alles, was sie wissen wollte, zu erfahren: schon aus Rücksicht auf ihren großen
     Anhang konnte man der Amelungentochter, der Königin, Kenntnis der Lage ihres Reiches, ihres Heeres nicht vorenthalten. Der
     alte Graf Grippa versah sie mit allen Nachrichten, die er selbst erfuhr. In wichtigeren Fällen wohnte sie selbst den Beratungen
     bei, welche in den Gemächern des Königs gehalten wurden. So war Mataswintha über die Lage des Reiches, die Stärke, Beschaffenheit
     und Einteilung des Heeres, die nächsten Angriffspläne der Feldherren und alle Hoffnungen und Befürchtungen der Goten so gut
     wie der König selbst unterrichtet. Und sehnlich wünschte sie eine Gelegenheit herbei, dies, ihr Wissen, so bald und so verderblich
     wie möglich zu verwerten.
    Mit Belisar selbst in Verkehr zu treten, durfte sie nicht hoffen. Naturgemäß richteten sich ihre Augen auf die aus Furcht
     vor den Goten neutralen, im Herzen aber ausnahmslos byzantinisch gesinnten Italier ihrer Umgebung, mit denen sie leichten
     und unverdächtigen Verkehr pflegen konnte. Aber sooft sie diese Namen im Geiste musterte, da war keiner, dessen Tatkraft und
     Klugheit sie das tödliche Geheimnis hätte vertrauen mögen, daß die Königin der Goten selbst am Verderben ihres Reiches arbeiten
     wolle. Diese feigen und unbedeutenden Menschen –die Tüchtigeren waren längst zu Cethegus oder Belisar gegangen – waren ihr weder des Vertrauens würdig, noch schienen sie
     Witichis und seinen Freunden gewachsen.
    Wohl suchte sie auf schlauen Umwegen durch den König und die Goten selbst zu erkunden, welchen unter allen Römern sie für
     ihren gefährlichsten, bedeutendsten Feind hielten. Aber auf solche Anfragen und Erkundigungen hörte sie immer nur Einen Mann
     nennen, immer und immer wieder einen Einzigen. Und der saß ihr unerreichbar fern im Capitol von Rom: Cethegus, der Präfect.
     Es war ihr unmöglich, sich in Verbindung mit ihm zu setzen. Keinem ihrer römischen

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