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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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entriß dem nächsten Schützen Bogen und Köcher und eilte auf den Mauerkranz
     an dem Tore:
    »Hieher, ihr Schützen und Schleuderer! Mir nach!« rief er, »schaft schwere Steine bei. Wo ist der nächste Ballist? Wo die
     Skorpionen? das Schirmdach muß entzwei.«
    Unter dem Schirmdach aber standen gotische Schützen, die eifrig durch die Schießscharten nach den Zacken der Mauerzinnen lugten.
    »Es ist umsonst, Haduswinth«, schalt der junge Gunthamund, »zum drittenmal leg’ ich vergeblich an! es wagt ja keiner nur die
     Nase über die Brustwehr.«
    »Geduld«, sagte der Alte, »halte den Bogen nur gespannt! Es kommt schon einer, den der Fürwitz plagt. Auch mir leg’ einen
     Bogen bereit. Nur Geduld.«
    »Die hat man leichter mit deinen siebzig als mit meinen zwanzig Jahren.«
    Inzwischen hatte Cethegus die Wallzinne hier erreicht: er warf einen Blick in die Ebne: da sah er den König, in der weiten
     Ferne, unbeweglich, im Zentrum stehen der gotischen Scharen, auf dem rechten Tiberufer. Das störte und beunruhigte ihn. »Was
     hat er vor? Sollte er gelernt haben, daß der Feldherr nicht fechten soll? Komm, Gajus«, rief er dem jungen Schützen zu, der
     ihm kühn gefolgt war, »deine jungen Augen sehen scharf, blick mit mir über die Zinne hier – was treibt der König dort?«
    Und er beugte sich über die Brustwehr, Gajus folgte, eifrig spähend, seinem Beispiel.
    »Jetzt, Gunthamund!« rief Haduswinth unten.
    Zwei Sehnen klangen, und die beiden Späher fuhren zurück. Gajus stürzte, in die Stirn geschossen, nieder: und unter des Präfecten
     Helmdach zersplitterte klirrend ein Pfeil. Cethegus strich mit der Hand über die Stirn.
    »Du lebst, mein Feldherr?« rief Piso, heranspringend.
    »Ja, Freund. Es war gut gezielt. Aber die Götter brauchen mich noch: nur die Haut ist geritzt«, sprach Cethegus und schob
     den Helm zurecht.

Zwölftes Kapitel
    Da flog Syphax die Mauertreppe hinauf. Streng hatte ihm sein Herr verboten, sich am Kampf zu beteiligen: »die Barbaren sollen
     dich mir nicht töten und auch dich nicht erkennen – du bist unersetzlich als Sklave Mataswinthens und Kundschafter des Königs
     Witichis«, hatte Cethegus gesagt.
    »Wehe, wehe«, schrie er so überlaut, daß es seinem Herrn auffiel, der des Mauren kluge Ruhe kannte, »welch ein Unglück!«
    »Was ist geschehen?«
    »Constantinus ist schwer verwundet. Er wollte einen Ausfall führen aus dem salarischen Tor und stieß sogleich auf die gotischen
     Sturmreihen. Ein Schleuderstein traf sein Gesicht. Mit Mühe rettete man ihn auf den Wall. Dort fing ich den Sinkenden auf
     – er ernannte den Präfecten zu seinem Vertreter. Hier ist sein Feldherrnstab.«
    »Das ist nicht möglich!« schrie Bessas, der auf Syphax’ Ferse folgte.
    Er hatte in Person vom Präfecten neue Verstärkungen verlangen wollen und kam eben recht, die Nachricht zu hören.
    »Oder er war schon sinnlos, als er’s tat.«
    »Hätte er dich bestellt, jedenfalls«, sprach Cethegus, ruhig das Scepter ergreifend und dem schlauen Sklaven mit einem raschen
     Wink des Auges dankend. Mit einem wütenden Blicke sprang Bessas von der Brüstung und eilte davon.
    »Folg ihm, Syphax, und beacht ihn wohl«, flüsterte der Präfect.
    Da eilte ein isaurischer Söldner herbei: »Verstärkung, Präfect, ans portuensische Tor. Herzog Guntharis hat zahllose Leitern
     angelegt.«
    Da sprengte Cabao, der Führer der maurischen berittnen Schützen heran: »Constantinus ist tot. Vertritt du Constantinus.«
    »Belisar vertret’ ich«, sprach Cethegus stolz: »fünfhundert Armenier ziehet ab vom appischen und schickt sie ans portuensische
     Tor.«
    »Hilfe, Hilfe ans appische Tor! alle Verteidiger auf den Zinnensind erschossen!« meldete ein persischer Reiter, »die Vorschanze ist halb verloren: vielleicht ist sie noch zu halten: aber
     schwer! Aber unmöglich wär’s, sie wieder zu nehmen!«
    Cethegus winkte seinem jungen Juriskonsulten, Salvius Julianus, jetzt seinem Kriegstribun:
    »Auf, mein Jurist: ›beati possidentes‹! Nimm hundert Legionäre und halte die Schanze um jeden Preis, bis weitere Hilfe kommt.«
     –
    Und er sah von der Mauerkrone wieder hinab. Unter seinen Füßen tobte das Gefecht, donnerte der Mauerbrecher Hildebrands. Aber
     ihn kümmerte mehr die rätselhafte Ruhe, in welcher der König im Hintergrund unbeweglich stand.
    »Was hat er nur vor?«
    Da dröhnte von unten ein furchtbar krachender Stoß und lauter Siegesjubel der Barbaren: Cethegus brauchte nicht zu

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