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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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standen, um welche Cethegus bereits im
     Geiste mit dem Kaiser haderte, sein Streben dahin gerichtet, sie in arglose Sicherheit zu wiegen, in Parteiungen zu spalten
     und eine schwache Regierung an ihrer Spitze zu erhalten. Das erste war nicht schwer. Denn die starken Germanenverachteten in barbarischem Hochmut alle offnen und geheimen Feinde: wir haben gesehen, wie schwer selbst der sonst scharfblickende,
     helle Kopf eines Jünglings wie Totila von der Nähe einer Gefahr zu überzeugen war: und die trotzige Sicherheit eines Hildebad
     drückte recht eigentlich die allgemeine Stimmung der Goten aus.
    Auch an Parteiungen fehlte es nicht in diesem Volk. Da waren die stolzen Adelsgeschlechter, die Balten mit ihren weitverzweigten
     Sippen, an ihrer Spitze die drei Herzöge Thulun, Ibba und Pitza: die reichbegüterten Wölsungen unter den Brüdern Herzog Guntharis
     von Tuscien und Graf Arahad von Asta: und andre mehr, welche alle den Amalern an Glanz der Ahnen wenig nachgaben und eifersüchtig
     ihre Stellung dicht neben dem Throne bewachten. Da waren viele, welche die Vormundschaft eines Weibes, die Herrschaft eines
     Knaben nur mit Unwillen trugen, welche gern, nach dem alten Recht des Volkes, das Königshaus umgangen und einen der erprobten
     Helden der Nation auf den Schild erhoben hätten. Andrerseits zählten auch die Amaler blind ergebne Anhänger, welche solche
     Gesinnung als Treubruch verabscheuten. Endlich teilte sich das ganze Volk in eine rauhere Partei, welche, längst unzufrieden
     mit der Milde, die Theoderich und seine Tochter den Welschen bewiesen, gerne nunmehr nachgeholt hätten, was, wie sie meinten,
     bei der Eroberung des Landes versäumt worden, und die Italier für ihren heimlichen Haß mit offner Gewalt zu strafen begehrten.
    Viel kleiner natürlich war die Zahl der sanfter und edler Gesinnten, welche, wie Theoderich selbst, empfänglich für die höhere
     Kultur der Unterworfenen, sich und ihr Volk zu dieser emporzuheben strebten. Das Haupt dieser Partei war die Königin. Diese
     Frau nun suchte Cethegus im Besitz der Macht zu erhalten; denn sie, diese weibliche, schwache, geteilte Herrschaft, verhieß,
     die Kraft des Volkes zu lähmen, die Parteiung und Unzufriedenheit dauernd zu machen. Ihre Richtung schloß jedes Erstarken
     des gotischen Nationalgefühls aus.
    Er bebte vor dem Gedanken, einen gewaltigen Mann die Kraft dieses Volkes energisch zusammenfassen zu sehen. Und manchmal machten
     ihn schon die Züge von Hoheit, die sich indiesem Weibe zeigten, mehr noch die feurigen Funken verhaltner Glut, welche zu Zeiten aus Athalarichs tiefer Seele aufsprühten,
     ernstlich besorgt. Sollten Mutter und Sohn solche Spuren öfter verraten, dann freilich mußte er beide ebenso eifrig stürzen,
     als er bisher ihre Regierung gehalten hatte.
    Einstweilen aber freute er sich noch der unbedingten Herrschaft, welche er über die Seele Amalaswinthens gewonnen. Dies war
     ihm bald gelungen. Nicht nur, weil er mit großer Feinheit ihre Neigung zu gelehrten Gesprächen ausbeutete, in welchen er von
     dem, wie es schien, ihm überall überlegenen Wissen der Fürstin so häufig überwunden wurde, daß Cassiodor, der oft Zeuge ihrer
     Disputationen war, nicht umhinkonnte, zu bedauern, wie dies einst glänzende Ingenium durch Mangel an gelehrter Übung etwas
     eingerostet sei.
    Der vollendete Menschenerforscher hatte das stolze Weib noch viel tiefer getroffen. Ihrem großen Vater war kein Sohn, war
     nur diese Tochter beschieden: der Wunsch nach einem männlichen Erben seiner schweren Krone war oft aus des Königs, oft aus
     des Volkes Munde schon in ihren Kinderjahren an ihr Ohr gedrungen. Es empörte das hochbegabte Mädchen, daß man es lediglich
     um ihres Geschlechtes willen zurücksetzte hinter einem möglichen Bruder, der, wie selbstverständlich, der Herrschaft würdiger
     und fähiger sein würde. So weinte sie als Kind oft bittere Tränen, daß sie kein Knabe war. Als sie herangewachsen, hörte sie
     natürlich nur noch von ihrem Vater jenen kränkenden Wunsch: jeder andre Mund am Hofe pries die wunderbaren Anlagen, den männlichen
     Geist, den männlichen Mut der glänzenden Fürstin.
    Und das waren nicht Schmeicheleien: Amalaswintha war in der Tat in jeder Hinsicht ein außergewöhnliches Geschöpf: die Kraft
     ihres Denkens und ihres Wollens, aber auch ihre Herrschsucht und kalte Schroffheit überschritten weit die Schranken, in welchen
     sich holde Weiblichkeit bewegt. Das Bewußtsein, daß mit

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