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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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ließ alles gehen, wie es ging. Nun, o Herr, weiß ich wohl: du kannst
     mich dennoch in den Block setzen und prügeln lassen. Mit der Rebe oder sogar mit dem Skorpion. Du kannst es. Denn warum? du
     bist der Herr und Cappadox der Knecht. Aber gerecht, Herr, wäre es kaum! bei allen Heiligen und allen Göttern! Denn du hast
     mich gesetzt über ein paar Kohlfelder und siehe, sie sind geworden ein Kaisergarten unter meiner Hand.«
    Camilla war längst abgestiegen und davongeschlüpft, ehe der Sklave zu Ende. Mit vor Freude hochklopfendem Herzen durcheilte
     sie den Garten, die Lauben, das Haus: sie schwebte wie auf Flügeln, kaum konnte ihr die flinke Daphnidion folgen. Ein Ausruf
     der Überraschung, des freudigen Schreckens jagte den andern: sooft sie um eine Ecke des Weges, um eine Baumgruppe, bog, wieder
     und wieder stand ein Bild aus jenem Garten von Ravenna vor ihrem entzückten Auge.
    Als sie aber ins Haus gelangte und ein kleines Gemach desselben genau so bemalt, ausgerüstet, geschmückt fand, wie jener Raum
     im Kaiserschloß, in welchem sie die letzten Tage der Kindheit verspielt und die ersten Träume des Mädchens geträumt, dieselben
     Bilder auf den bastgeflochtnen Vorhängen, die gleichen Vasen und zierlichen Citruskästchen und auf dem gleichen Schildpattischchen
     ihre kleine zierliche Lieblingsharfe mit den Schwanenflügeln, da, überwältigt von so vielen Erinnerungen, und noch mehr von
     dem Gefühl des Dankes gegen so zarte Freundschaft, sank sie schluchzend in freudiger Wehmut auf den weichen Teppichen des
     Lectus zusammen. Kaum konnte sie Daphnidion beruhigen:
    »Es gibt noch edle Herzen, noch Freunde für das Haus des Boëthius«, rief sie wieder und wieder. Und sie sandte das innigste
     Gebet des Dankes gen Himmel.–
    Als am Tage darauf die Mutter eintraf, war sie kaum weniger ergriffen von der seltsamen Überraschung. Sogleich schrieb sienach Rom an Cethegus und fragte, welcher Freund ihres Gatten wohl in diesem geheimnisvollen Wohltäter zu suchen sei? Es war
     ihr eine stille Hoffnung, an ihn selbst dabei zu denken. Aber der Präfect schüttelte nachdenklich den Kopf über ihren Brief
     und schrieb ihr zurück: er kenne niemand, an den ihn diese zartfühlende Weise mahnen könne. Sie möge scharf jede Spur beachten,
     die zur Lösung des Rätsels führen könne. Es sollte sich bald genug enthüllen.–
    Camilla wurde nicht müde, den Garten zu durchstreifen und immer neue Ähnlichkeiten mit seinem trauten Vorbild zu entdecken.
     Oft führten sie diese Gänge über den Park hinaus und in den anstoßenden Bergwald. Dabei pflegte sie die muntre Daphnidion
     zu begleiten, welche ihr gleiche Jugend und treue Anhänglichkeit rasch zur Vertrauten gemacht. Wiederholt hatte diese der
     Patrona bemerkt, ein Waldgeist müsse ihnen nachschleichen. Denn vielfach knacke es hörbar in den Büschen und rausche im Grase
     hinter oder neben ihnen. Und doch sei nirgends Mensch oder Tier zu sehen. Aber Camilla lachte ihres Aberglaubens und nötigte
     sie immer wieder in die grünen Schatten der Ulmen und Platanen hinaus.
    Eines Tages entdeckten die Mädchen, vor der Hitze tiefer und tiefer in die Kühle des Waldes flüchtend, eine lebhafte Quelle,
     die reichlich und klar von dunkeln Porphyrfelsen traufte. Doch sie rieselte ohne bestimmtes Rinnsal, und mühsam mußten die
     Durstenden die einzelnen Silbertropfen erhaschen.
    »Wie schade«, rief Camilla, »um das köstliche Naß! Da hättest du die Tritonenquelle sehen sollen im Pinetum zu Ravenna. Wie
     anmutig sprudelte der Strahl aus den aufgeblasenen Backen des bronzenen Meergotts und fiel gesammelt in eine breite Muschel
     von braunem Marmor, wie schade!«
    Und sie gingen weiter.
    Nach einigen Tagen kamen beide wieder an die Stelle. Daphnidion, die voranschritt, blieb plötzlich laut aufschreiend stehen
     und wies sprachlos mit dem Finger auf die Quelle. Der Waldquell war gefaßt. Aus einem bronzenen Tritonenkopf sprudelte der
     Strahl in eine zierliche Muschel von braunem Marmor. Daphnidion, jetzt fest an Geisterspuk glaubend,wandte sich ohne weiteres zur Flucht: sie floh mit den Händen vor den Augen, die Waldgeister nicht zu sehen, was für höchst
     gefährlich galt, nach dem Hause zu, der Herrin laut rufend, ihr zu folgen.
    Aber Camilla durchzuckte der Gedanke: der Lauscher, der uns neulich hierhergefolgt, ist gewiß auch jetzt in der Nähe, sich
     an unsrem Staunen zu weiden. Scharf sah sie umher: an einem wilden Rosenbusch fielen die Blüten von

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