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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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die Augen, ob ihn die Abendsonne blende, er sah umher, ob er denn nicht
     an der rechten Stelle: aber kein Zweifel! da stand ja an dem Rain, wo Wald und Wiese sich berührten, der graue Markstein in
     Gestalt des alten Grenzgottes Terminus mit seinem spitz zulaufenden Kopf: der rechte Ort war es, aber das Häuschen nicht zu
     sehen: vielmehr an seiner Stelle eine dichte Gruppe von Pinien und Platanen: und auch sonst war die ganze Umgebung verändert:
     da standen grüne Hecken und Blumenbeete, wo sonst Kohl und Rüben, und ein zierlicher Pavillon prangte, wo bisher Sandgruben
     und die Landstraße sein bescheidnes Gebiet begrenzt hatten.
    »Die Mutter Gottes steh mir bei und alle obern Götter!« rief der Steinmetz, »bin ich verzaubert oder die Gegend? aber Zauber
     ist los!«
    Seine Tochter reichte ihm eifrig das Amulett, das sie am Gürtel trug: aber Aufschluß konnte sie nicht geben, da sie zum ersten
     Mal das neue Besitztum betrat, und so blieb nichts übrig, als das Maultier zur größten Eile zu treiben, und springend und
     rufend begleiteten Vater und Tochter den Trab des Grauchens die Wiesenhänge hinunter. Als sie nun näher kamen, fand Corbulo
     allerdings hinter der Baumgruppe das Haus, das er gekauft: aber so verjüngt, erneuert, verschönt, daß er es kaum erkannte.
     Sein Staunen über die Umwandlung der ganzen Gegend stieg aufs neue zu abergläubischer Furcht: offnen Mundes blieb er zuletzt
     stehen, ließ die Zügel fallen und begann eine wieder seltsam gemischte Reihe von christlichen und heidnischen Interjektionen,
     als plötzlich Camilla ebenso überrascht ausrief:
    »Aber das ist ja der Garten, wo wir gewohnt, das Viridarium des Honorius zu Ravenna, dieselben Bäume, dieselben Blumenbeete,
     und auch an jenem Teich, wie zu Ravenna am Meeresufer, der Tempel der Venus! o wie schön, welche Erinnerung! Corbulo, wie
     hast du das angefangen!«
    Und Tränen freudiger Rührung traten in ihre Augen.
    »So sollen mich alle Teufel peinigen und Lemuren, wenn ich das angefangen habe. Doch da kommt Cappadox mit seinemKlumpfuß, der ist also nicht mitverhext. Rede, du Cyklope, was ist hier geschehen?«
    Der riesige Cappadox, ein breitschultriger Sklave, humpelte mit ungeschlachtem Lächeln heran und erzählte nach vielen Fragen
     und Unterbrechungen des Staunens eine rätselhafte Geschichte.
    Vor drei Wochen etwa, wenige Tage nachdem Cappadox auf das Gut geschickt war, es für seinen Herren, der auf längere Zeit in
     die Marmorbrüche von Luna verreist war, zu verwalten, kam von Tifernum her ein vornehmer Römer mit einem Troß von Sklaven
     und Arbeitern und mit hochbepackten Lastwagen an. Er fragte, ob dies die Besitzung sei, welche der Steinmetz Corbulo von Perusia
     für die Witwe des Boëthius gekauft. Und als dies bejaht wurde, gab er sich als den Hortulanus Princeps, d.   h. als Oberintendanten der Gärten zu Ravenna, zu erkennen.
    Ein alter Freund des Boëthius, welcher aus Furcht vor den gotischen Tyrannen seinen Namen nicht zu nennen wage, wünsche, sich
     insgeheim der Verfolgten anzunehmen und habe ihm den Auftrag gegeben, den Aufenthalt derselben mit allen Mitteln seiner Kunst
     zu schmücken und zu verschönern. Der Sklave dürfe die beabsichtigte Überraschung nicht verderben, und halb mit Güte, halb
     mit Gewalt hielt man den staunenden Cappadox auf der Villa fest.
    Der Intendant aber machte sofort seinen Plan, und seine Arbeiter gingen unverzüglich ans Werk. Viele benachbarte Grundstücke
     wurden zu hohen Preisen hinzugekauft, und nun hob an ein Niederreißen und Bauen, ein Pflanzen und Graben, ein Hämmern und
     Klopfen, ein Putzen und Malen, daß dem guten Cappadox Hören und Sehen verging. Wollte er fragen und dreinreden, so lachten
     ihm die Arbeiter ins Gesicht. Wollte er sich davonmachen, so winkte der Intendant, und ein halb Dutzend Fäuste hielten ihn
     fest.
    »Und« – schloß der Erzähler – »so ging’s bis vorgestern morgen. Da waren sie fertig und zogen davon. Anfangs war mir angst
     und bang, da ich die kostspieligen Herrlichkeiten aus dem Boden wachsen sah. Ich dachte: am Ende, wenn Meister Corbulo das
     alles bezahlen soll, dann weh über meinen Rücken!Und ich wollte dir’s melden. Aber sie ließen mich nicht, und obendrein wußt’ ich dich fern vom Haus. Und wie ich nachgerade
     das unsinnig viele Geld des Intendanten verspürte und wie der mit den Goldstücken um sich warf wie die Kinder mit Kieseln,
     siehe, da beruhigte sich allmählich mein Gemüte, und ich

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