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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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Quelle, so
     die Umgestaltung der ganzen Villa geschaffen. Er, der verhaßte Feind, der Sproß des verfluchten Geschlechts, an welchem das
     Blut ihres Vaters klebte, der König der Barbaren! All die Freuden, mit welchen sie in diesen Tagen Haus und Garten durchmustert,
     brannten jetzt wie glühend Erz auf ihrer Seele. Der Todfeind ihres Volkes, ihres Geschlechts, hatte gewagt, sie zu beschenken,
     zu erfreuen, zu beglücken. Für ihn hatte sie Dankgebete zum Himmel gesandt. Er hatte sich erkühnt, ihren Schritten zu folgen,
     ihre Worte zu belauschen, ihre leisesten Wünsche zu erfüllen – und im Hintergrund ihrer Seele stand, schrecklicher als all
     dies, der Gedanke, warum er das getan. Er liebte sie! der Barbar erkühnte sich, es ihr zu zeigen. Der Tyrann Italiens, er
     wagte wohl gar zu hoffen, daß des Boëthius Tochter –
    O es war zuviel! und schmerzlich schluchzend barg sie das Haupt in den Kissen ihres Lagers, bis dumpfer Schlaf der Erschöpfung
     auf sie niedersank. Alsbald erschien der eilig herbeigerufene Cethegus bei den ratlosen Frauen.
    Rusticiana hatte, ihrem wie Camillens erstem Impulse folgen, sofort die Villa und die verhaßte Nähe des Königs fliehen und
     ihr Kind jenseits der Alpen bergen wollen. Aber der Zustand Camillas hatte bisher den Aufbruch verhindert, und sowieder Präfect das Haus betrat, schien sich die Flamme der Aufregung vor seinem kalten Blick zu legen. Er nahm Rusticianen allein
     mit sich in den Garten: ruhig und aufmerksam hörte er daselbst, den Rücken an einen Lorbeerstamm gelehnt, das Kinn in die
     linke Hand gestützt, ihrer leidenschaftlichen Erzählung zu.
    »Und nun rede«, schloß sie, »was soll ich tun? Wie soll ich mein armes Kind retten? wohin sie bringen?«
    Cethegus schlug die Augen auf, die er, wie er bei angestrengtem Nachsinnen pflegte, halb geschlossen hatte.
    »Wohin Camilla bringen?« sagte er. »An den Hof, nach Ravenna.«
    Rusticiana fuhr empor: »Wozu jetzt der giftige Scherz!«
    Aber Cethegus richtete sich rasch auf.
    »Es ist mein Ernst. Still – höre mich. Kein gnädigeres Geschenk hat das Schicksal, das die Barbaren verderben will, in unsren
     Weg legen können. Du weißt, wie völlig ich die Regentin beherrsche. Aber nicht weißt du, wie völlig machtlos ich bin über
     jenen eigensinnigen Schwärmer. Es ist rätselhaft. Der kranke Jüngling ist im ganzen Gotenvolk der einzige, der mich, wenn
     nicht durchschaut, doch ahnt. Und ich weiß nicht, ob er mich mehr fürchtet oder mehr haßt. Das wäre mir ziemlich gleichgültig,
     wenn der Verwegne mir nicht sehr entschieden und sehr erfolgreich entgegenarbeitete. Sein Wort wiegt natürlich schwer bei
     seiner Mutter. Oft schwerer als das Meine. Und er wird immer älter, reifer, gefährlicher. Sein Geist überflügelt mächtig seine
     Jahre. Er nimmt ernstlichen Teil an den Beratungen der Regentschaft. Jedesmal spricht er gegen mich. Oft siegt er. Erst neulich
     hat er es gegen mich durchgesetzt, daß der schwarzgallige Teja den Befehl der gotischen Truppen in Rom erhielt, in meinem
     Rom! Kurz, der junge König wird höchst gefährlich. Und ich hatte bisher nicht einen Schatten von Gewalt über ihn. Zu seinem
     Verderben liebt er Camilla. Durch sie wollen wir den Unbeherrschbaren beherrschen.«
    »Nimmermehr!« rief Rusticiana. »Nie, solang ich atme. Ich an den Hof des Tyrannen! Mein Kind die Geliebte Athalarichs! des
     Boëthius Tochter. Sein blut’ger Schatten würde   –«
    »Willst du diesen Schatten rächen? Ja! willst du die Goten verderben? Ja! Also mußt du wollen, was dahin führt.«
    »Nie, bei meinem Eide!«
    »Weib, reize mich nicht. Trotze mir nicht. Du kennst mich! Bei deinem Eide! Wie? Hast du mir nicht Gehorsam geschworen, blinden,
     unbedingten, wie ich dir Rache verheißen? Hast du’s nicht geschworen auf die Gebeine der Heiligen, dich und deine Kinder verflucht
     für den Eidbruch? Man sieht sich vor bei euch Weibern. Gehorche oder zittre für deine Seele.«
    »Entsetzlicher! Soll ich all meinen Haß dir, deinen Plänen opfern?«
    »Mir? Wer spricht von mir?
Deine
Sache führ’ ich.
Deine
Rache vollend’ ich:
Mir
haben die Goten nichts zuleid getan.
Du
hast mich aufgestört von meinen Büchern. Du hast mich aufgerufen, diese Amaler zu vernichten. Willst du nicht mehr? Auch gut!
     Ich kehre zurück zu Horatius und der Stoa! Leb wohl.«
    »Bleib, bleibe. Aber soll denn Camilla das Opfer werden?«
    »Wahnsinn! Athalarich soll es werden. Sie soll ihn ja nicht lieben, sie

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