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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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Ausblick hatte. Es litt sie nicht mehr in dem schwülen Gemach. Sie schlug
     den blauen Mantel um die Schultern und eilte leise, leise aus dem noch schlummernden Palast über die Marmorstufen in den Garten,
     aus welchem ihr erfrischender Morgenwind von der nahen See her entgegenwehte. Sie eilte der Sonne und dem Meere zu. Denn im
     Osten stieß der Garten des Kaiserpalastes mit seinen hohen Mauern unmittelbar an die blauen Wellen der Adria.
    Ein vergoldetes Gittertor und jenseits desselben zehn breite Stufen von weißem hymettischem Marmor führten hinab zu dem kleinen
     Hafen des Gartens, in welchem die schwanken Gondeln mit leichten Rudern und dem dreieckigen lateinischen Segel von Purpurlinnen
     schaukelten, mit silbernen Kettchen an den zierlichen Widderköpfen von Erz befestigt, welche links und rechts aus dem Marmorkai
     hervorragten.
    Diesseits des Gittertors, nach dem Garten zu, fanden die Anlagen ihren Abschluß in einer geräumigen Rotunde, welche von weitschattenden
     Pinien dicht umfriedet war. Ihre Bodenfläche, von üppigem, sorgfältig gezognem Graswuchs bedeckt, wurde von reinlichen Wegen
     durchschnitten und von reichen Beeten stark duftender Blumen unterbrochen. Eine Quelle, zierlich gefaßt, rieselte den Abhang
     hinab in das Meer. Den Mittelpunkt des Platzes bildete ein kleiner, altersgrauer Venustempel, den eine einsame Palme hochwipflig
     überragte, indes brennendroter Steinbrech in den leeren Halbnischen seiner Außenwände prangte. Vor seiner längst geschlossnen
     Pforte stand zur Rechten ein eherner Aeneas. Der Julius Cäsar zur Linken war schon vor Jahrhunderten zusammengestürzt. Theoderich
     hatte auf dem Postament ein Erzbild des Amala errichten lassen, des mythischen Stammvaters seines Hauses.
    Hier, zwischen diesen Statuen, an den Eingangsstufen des kleinen Fanum, genoß man des herrlichsten Blickes durch dasGittertor auf das Meer mit seinen buschigen Laguneninseln und einer Gruppe von scharfkantigen pittoresken Felsklippen, »die
     Nadeln der Amphitrite« genannt. Es war ein alter Lieblingsort Camillas. Und hierher lenkte sie jetzt die elastischen Schritte,
     den reichen Tau von dem hohen Grase streifend, wie sie mit leis gehobnem Gewand durch die schmalen Wieswege schritt. Sie wollte
     die Sonne über das Meer hin aufglühen sehen.
    Sie kam von der Rückseite des Tempels, ging an dessen linker Seitenestrade hin und trat eben auf die erste der Stufen, welche
     von seiner Front zu dem Gitter hinabführte, als sie rechts, auf der zweiten Stufe, halb sitzend, halb liegend, eine weiße
     Gestalt erblickte, welche, das Haupt an die Kante der Treppe gelehnt, das Antlitz dem Meere zuwandte. Aber sie erkannte das
     braune, das seidenglänzende Haar: es war der junge König. Die Begegnung war so plötzlich, daß an Ausweichen nicht zu denken.
     Wie angewurzelt hielt das Mädchen auf der ersten Stufe. Aber Athalarich sprang auf und wandte sich rasch. Eine helle Röte
     flammte über sein marmorbleiches Gesicht. Doch faßte er sich zuerst von beiden und sprach:
    »Vergib, Camilla. Ich konnte dich nicht hier erwarten. Zu dieser Stunde. Ich gehe. Und lasse dich allein mit der Sonne.«
    Und er schlug den weißen Mantel über die linke Schulter.
    »Bleib, König der Goten. Ich habe nicht das Recht, dich zu verscheuchen – und nicht die Absicht«, fügte sie bei.
    Athalarich trat einen Schritt näher.
    »Ich danke dir. Aber ich bitte dich um eins«, setzte er lächelnd hinzu, »verrate mich nicht an meine Ärzte, an meine Mutter.
     Sie sperren mich den ganzen Tag über so sorgsam ein, daß ich ihnen wohl vor Tag entschlüpfen muß. Denn die frische Luft, die
     Seeluft tut mir gut. Ich fühl’s. Sie kühlt. Du wirst mich nicht verraten.«
    Er sprach so ruhig. Er blickte so unbefangen. Diese Unbefangenheit verwirrte Camilla. Sie wäre viel mutiger gewesen, wenn
     er bewegter. Sie sah diese Unbefangenheit mit Schmerz. Aber nicht um der Pläne des Präfecten willen. So schüttelte sie nur
     schweigend das Haupt zur Antwort. Und sie senkte die Augen.
    Jetzt erreichten die Strahlen der Sonne die Höhe, auf welcher die beiden standen. Der alte Tempel und das Erz der Statuen
     schimmerten im Morgenlicht. Und eine breite Straße von zitterndem Gold bahnte sich von Osten her über die spiegelglatte Flut.
    »Sieh, wie schön!« rief Athalarich, fortgerissen von dem Eindruck. »Sieh die Brücke von Licht und Glanz.«
    Sie blickte teilnehmend hinaus.
    »Weißt du noch, Camilla?« fuhr er langsamer fort, wie

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