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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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griff ans Schwert. »Den leugne ich! Und wäre ein Wesen da oben, lebendig und wissend, was es tut oder
     geschehen läßt –: man müßte, wie die Riesen unsrer Götterdämmrungssage, Berg auf Berg und Fels auf Felsen türmen und seinen
     Himmel stürmen: und nicht ruhen und rasten, bis man das teuflisch grausame Gespenst von seinem blut’gen Schädelthron gestoßen
     oder selbst gefallen wäre von seinem Blitz.«
    Entsetzt sprang Julius auf: »Hat denn der Geist der Gottesleugnung, der Gotteslästerung die gewaltigsten Männer der Welt ergriffen?
     Ich kann solche Worte nicht anhören.«
    Mit Staunen sah auch der König auf den sonst so schweigsamen Freund, aus dessen tiefverschlossner Brust plötzlich langverhaltner,
     grimmer Schmerz glühend hervorbrach.
    »Ihr staunt«, fuhr dieser fort, »daß der grabesstille Teja noch so heiß empfindet. Ich staune selbst zuweilen drüber. Aber
     morgen ist der Tag der Sommersonnenwende: der Tag, da dereinst meine Sonne für immer sich gewandt. An jeder Wiederkehr des
     Tags bricht mir die alte Wunde schmerzend auf.«
    »Ich begreife deine Düstre jetzt, unsel’ger Mann«, sprach Julius nach einer Pause. »Ja, ich fasse nicht, wie du leben kannst
     – ich könnte nicht atmen: ohne Gott.«
    »Wer sagt dir, Mönch, Teja hat keinen Gott? Weil ich ihn nicht nach deinem Glauben sehe, nicht, wie du, vermenschlicht, von
     Liebe, Haß und Eifersucht entstellt? Weil ich nicht denken kann, daß er, der Vorschauende, Wesen schaft, sich und andern zur
     Qual, sie zu verdammen: und sie hinterdrein, durch ein Mirakel, durch schuldloses Blut des Edelsten, wieder zu erlösen? Weil
     ich ihn nicht denken kann wie einen ungeschickten Zimmerer, der seine Baute schlecht gemacht hat und nun immer daran nachflicken
     muß mit mirakelnder Hand? Ich sage dir, die Majestät
meines
Gottes ist so furchtbar, daß dein armseliger Engelkönig vor seiner Größe verschwindet, vor seiner unerbittlichen Furchtbarkeit,
     wie das Gewölbe deiner Kirchen gegen das Gewölbe des Weltalls. Nein: wäre wirklich ein Allvater in den Wolken, und könnte
     er dem grausamen Gang der Geschicke nicht steuern – ihn selber müßte der Gram ergreifen: er müßte furchtbar leiden unter diesen
     Schmerzen seiner Kinder, wie euer sanfter Jesus litt – das hat mich immer tief gerührt   –, als er auf dem Ölberg der Menschheit ganzen Jammer trug. Und weil ich dir, mein Totila, versprochen, dir noch einmal von
     meiner Harfen- und Liedkunst zu vernehmen zu geben – so höre den Gesang, den ich dem Allvater Odhin in den Mund gelegt.«
    Und er griff in die Saiten der kleinen Harfe, welche neben ihm bei seinen Waffen lag, und sang dazu mit tiefernster Stimme:
    Allvaters Gesang
     
    »›Es seufzt meine Seele in unsäglichem Jammer
    Um des Schmerzengeschlechts, um der Menschen
    Geschick.
    Denn was in der Welt von wechselndem Wehe
    Brandend sich bricht in jeglicher Brust –
    Mitempfinden, mitdurchkämpfen,
    Mitdurchklagen muß ich es alles –
    Alles, alles – denn geheißen
    Bin ich ‚Allvater‘:
    Bald des besiegten, bessern Mannes,
    Den ein Böser bezwungen,
    Bitter beißenden Seelenbrand,
    Wie er grollend in Todesgram
    Flucht dem grausamen Schicksal:–
    Bald des Liebenden tödlich Leid,
    Der in leere Luft mit den Armen langt,
    Dem langsam das Leben verlodert
    An nie verlöschender Sehnsucht Licht:–
    Und der Witwe Wehklage,
    Der Waisen Weinen
    Und der versinkenden Seele
    Letzten schrillen Verzweiflungsschrei – –
    All dies Elend, öd’ und endlos,
    Es empfindet’s mit Allvater.
    Und wie wenig wollen dawider,
    Ach, die winzigen Wonnen wiegen,
    Die, wie verwehte Rosenblätter,
    Wogen auf weiten, weiten Wellen,
    Auf des Wehs unendlichem Ozean.–
    Traun, ein Trost nur tröstet die Trauer:
    Ein Ziel ist gezeichnet den zahllosen Zähren,
    Eine Endzeit.
    Ich segne den Tag, da der sengende Surtur
    Erbarmend der letzten Menschen Gebilde
    Zugleich mit der müden Erde zermalmt,
    Da endlich der Quell unerschöpflicher Qualen
    Verquillt: das letzte menschliche Herz.
    Willkommen der Tag! – und wären sie weise,–
    Noch wärmer wünschten sie selbst ihn herbei.‹
    So empfand ich früher in die Seele eines gütigen Gottes hinein. Aber seither –: ich habe viel gegrübelt und gesonnen – habe
     ich einen andern, meinen furchtbaren Gott gefunden. Doch freilich: diesen meinen Gott muß man erlebt haben in den Todesschmerzen
     des zuckenden Herzens.«

Dreiunddreißigstes Kapitel
    Julius schwieg kopfschüttelnd. Der

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