Ein Kampf um Rom
blutüberströmtem weißem Mantel
von Gotho und Liuta einer dritten Gestalt gebettet worden: auf einem sanft erhöhten Hügel, das edle Haupt an der Cisterne
Rand gelehnt, lag Valeria, die Römerin.
Entboten von dem nahe gelegnen Kloster, den verwundeten Geliebten in Empfang zu nehmen, hatte sie sich, ohne Seufzer, ohne
Weheschrei, über den breiten Schild geworfen, auf welchem Adalgoth und Aligern ihn langsam, feierlichen Schrittes, durch die
Mauerpforte trugen. Ehe noch Einer der Beiden gesprochen, rief sie: »Ich weiß es:– er ist tot.«
Sie hatte noch geholfen, die schöne Leiche in dem Sarkophag des Numa beizusetzen. Dazu hatte sie, ohne Träne, mit leiser Stimme,
vor sich hingesprochen:
»Siehest du nicht, wie schön von Gestalt, wie schimmernd
Achilleus?–
Dennoch harret auch seiner der Tod und das dunkle
Verhängnis,
Wenn auch ihm in des Kampfes Gewühl das Leben
entschwindet,
Ob ihn ein Pfeil von der Sehne dahinstreckt oder ein
Wurfspeer.
Doch mir sei dann vergönnt, in die Schatten zu tauchen des
Todes.«
Dann zog sie ruhig, langsam, ohne Hast, den Dolch aus seinem Gürtel, und mit den Worten: »Hier, strenger Christengott, nimm
meine Seele hin! So lös’ ich das Gelübde«, stieß sich die Römerin den scharfen Stahl ins Herz.
Cassiodorius, ein kleines Kreuz von geweihtem Zedernholz in der Hand, schritt betend, tieferschüttert,– Tränen rieselten über
das ehrwürdige Antlitz in den weißen Bart – von einer der drei Leichen zu der andern.
Und leise stimmten die frommen Frauen des Klosters, welche Valeria begleitet hatten, zu feierlicher, einfacher Weise den Choral
an:
Vis ac splendor seculorum
Belli laus et flos amorum
Labefacta mox marcescunt: – –
Dei laus et gratia sine
Aevi termino vel fine
In eternum perflorescunt.
(Bald in Asche muß vergehen,
Was wir stark, was lieblich sehen,
Aller Stolz und Schmuck der Zei t: – –
Gottes Gnade sonder Wanken,
Gottes Liebe sonder Schranken
Walten fort in Ewigkeit.)
Allmählich hatte sich der Hain mit Kriegern gefüllt, welche den Führern, darunter den Grafen Wisand und Markja, vermöge der
Waffenruhe unbehindert, gefolgt waren.
Schweigend hatte Teja des weinenden Adalgoth Bericht mit angehört. Nun trat er an des Königs Leiche dicht heran. Schweigend,
ohne Träne, legte er die gepanzerte Rechte auf des Königs Wunde, beugte sich über ihn und flüsterte dem Toten zu:
»Ich will’s vollenden.«
Dann trat er zurück unter einen hochragenden Baum, welcher sich über einem vergessnen Grabhügel erhob, und sprach zu der kleinen
Schar, die ehrfurchtsvoll, schicksalergriffen, schweigend, diese Stätte des Todes umgab:
»Gotische Männer: die Schlacht ist verloren. Und das Reich dazu. Wer unter euch zu Narses gehen, sich dem Kaiser unterwerfen
will – ich halte keinen. Ich aber bin gewillt, fortzukämpfen bis ans Ende. Nicht um den Sieg: um freien Heldentod. Wer den
mit mir teilen will, der bleibe. Ihr alle wollt es? gut.«
Da fiel Hildebrand ein:
»Der König ist gefallen. Die Goten können nicht, auch um zu sterben nicht, kämpfen ohne König. Athalarich: – Witichis:– Totila:–
nur Einer kann der vierte sein, der dieser edeln Dreizahl folgen darf – du Teja, unser letzter, unser größter Held.«
»Ja«, sprach Teja, »ich will euer König sein. Nicht freudig leben, nur herrlich sterben sollt ihr unter mir. Still! Kein froher
Ruf – kein Waffenlärm begrüße mich. Wer mich zum König will – der tue mir nach.«
Und er brach von dem Baum, unter dem er stand, einen schmalen Zweig und wand ihn um den Helm. Und schweigend folgten alle
seinem Beispiel. Adalgoth, der ihm zunächst stand, flüsterte ihm zu:
»O König Teja! Es sind Cypressenzweige –: geweihte Opfer kränzt man so!«
»Ja, mein Adalgoth, du sprichst Weissagung:« – und er schwang das Schwert im Kreis über sein Haupt – »dem Tode geweiht«.
Siebentes Buch
Teja
»Nun hab’ ich die denkwürdigste Schlacht
zu schildern und das hohe Heldentum des
Mannes, der keinem der Heroen nachsteht: –
des Teja.«
Prokop, Gotenkrieg, IV, 35
Erstes Kapitel
Und rasch vollendeten sich nun des Gotenvolkes Geschicke. Der rollende Stein rollte dem Abgrund zu. –
Als Narses die Besinnung wiedergefunden und das inzwischen Beschlossne und Geschehne erfahren, befahl er sofort, Liberius
zu verhaften und zur Verantwortung nach Byzanz zu schicken.
»Ich will nicht sagen«, sprach er zu seinem Vertrauten, Basiliskos, »daß er
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