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Ein Kelch voll Wind

Ein Kelch voll Wind

Titel: Ein Kelch voll Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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ich. »D avon habe ich nichts gemerkt. Er hat mich einfach nur völlig umgehauen, aber das hat sich alles gut angefühlt.« Wenn man die beängstigenden Momente mal weglässt.
    Racey zuckte die Schultern, als wolle sie ein paar ungute Gefühle abschütteln. Sie lächelte mir zu und sah schon wieder etwas normaler aus. »I ch weiß auch nicht, was ich hier mache«, sagte sie. »H ör einfach nicht auf mich. Er ist wirklich heiß. Und ich hab noch nicht mal mit ihm gesprochen.« Wieder blickte sie mich an. »N ur… sei vorsichtig.«
    »J a, natürlich«, sagte ich und hatte keinen Schimmer, was sie damit meinte. Wir standen auf, und ich bezahlte mein Top, das ich bei meinem nächsten Treffen mit André tragen wollte.
    Denn ich würde ihn anrufen. Und ihn wiedersehen. Und bald würde er zu mir gehören.

Kapitel 5
    Thais
    Okay, eine gute Sache – Donuts – stand gegen die Quadrillionen schlimmer Dinge. Vor allem gegen eine unglaublich schlimme Sache: dass ich meinen Dad nicht mehr hatte, der jeden einzelnen Tag meines Lebens bei mir gewesen war, der mich beim Monopoly hatte gewinnen lassen und mir beigebracht hatte, Auto zu fahren. Wenn ich geweint hatte, hatte er mich in den Armen gehalten. Ich musste nur daran denken, schon füllten sich meine Augen mit Tränen. Er war lustig, freundlich, vielleicht ein bisschen unnahbar, aber ich hatte immer gewusst, dass er mich liebte. Und ich hoffte, dass er gewusst hatte, wie sehr ich ihn liebte.
    Ich schluckte schwer und ging zu den restlichen Schrecklichkeiten über: Axelle, New Orleans, mein ganzes Leben, Axelles gruselige Freunde, die Tatsache, dass ich ein Waisenkind war, mein Leben, die Hitze, das Ungeziefer, die geradezu lächerliche Feuchtigkeit, die einem wie eine Faust ins Gesicht schlug, sobald man ins Freie kam, mein Leben, dass ich Dad so vermisste, dass mir Welsford und Mrs Thompkins fehlten, Axelle, dass ich kein Auto hatte, dass ich siebzehn war und das Abschlussjahr in einer neuen Schule antreten musste, und, ach ja, mein Leben, der Lärm, die Menschenmassen, die Heerscharen von braun gebrutzelten Touristen, die alles verstopften und schon um zwei Uhr nachmittags betrunken waren, weil New Orleans nun mal der Spielplatz des Teufels war, Axelle und… hatte ich schon erwähnt, dass mir mein Dad so sehr fehlte, dass ich fast wahnsinnig wurde?
    Aber die Donuts und der Kaffee waren unglaublich. Nichts war besser als der leichte, luftige Teig, der in Fett frittiert und mit Puderzucker bestäubt wurde, um ein Mädchen glücklich zu machen. Und der Kaffee erst– o mein Gott. Ich hatte Kaffee immer gehasst und schon den Geruch nicht gemocht, wenn Dad ihn gekocht hatte. Aber dieser Kaffee hier wurde mit Milch aufgeschäumt und war einfach nur hervorragend. Ich kam jeden Tag ins Café du Monde, um mir meine Koffein- und Cholesterindosis abzuholen. Noch zwei Wochen und ich wäre daueraufgeputscht und würde um die hundert Kilo wiegen. Das Traurige war, dass nicht mal das mein Leben verschlechtern würde. Es war sowieso schon an seinem absoluten Tiefpunkt angelangt. Und jetzt weinte ich schon wieder. Dicke Tränen tropften auf den Puderzucker, wie fast jedes Mal, wenn ich hierherkam. Ich zog noch ein paar Servietten aus dem Spender und wischte mir über die Augen.
    Ich hatte keine Ahnung, wie mir das alles zugestoßen war. Noch vor einem Monat war ich vollkommen normal gewesen, mit einem normalen Leben und einem normalen Dad. Und jetzt, knapp vier Wochen später, lebte ich mit einer seltsamen Frau (und ich meine wirklich seltsam, um nicht zu sagen, bizarr ), die nicht die leiseste Ahnung hatte, was Vormundschaft eigentlich bedeutete. Sie hatte mir erzählt, dass sie und meinen Dad eine tiefe, innige Freundschaft verbunden habe, sie sich über die Jahre aber hin und wieder aus den Augen verloren hätten. Ich war sehr, sehr, sehr dankbar, dass sie offensichtlich nie etwas miteinander gehabt hatten.
    Trotzdem, mein Vater musste wirklich den Verstand verloren haben, wenn er auch nur eine Sekunde geglaubt hatte, es sei so etwas wie eine gute Idee, mich bei Axelle unterzubringen. Ich hatte den Überblick verloren, wie viele Male pro Tag ich schon gebetet hatte, dies alles möge ein Albtraum sein, aus dem ich aufwachen konnte.
    Ich stand auf, lief über die Straße und bis zum Jackson Square. Axelle lebte im Französischen Viertel, dem ältesten Teil von New Orleans. Es war schön, das musste ich zugeben. Die Gebäude muteten europäisch an, gar nicht südstaatenmäßig oder

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