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Ein Kelch voll Wind

Ein Kelch voll Wind

Titel: Ein Kelch voll Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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führte. Wenn irgendetwas in diesem Apartment versteckt war, dann dort oben. Ich horchte nach Axelle, doch ich hörte nichts, spürte nichts. Da war ein kleiner Knauf, direkt unter dem kleinen Messingschloss. Konnte sie es dieses eine Mal offen gelassen haben? Ich wusste, dass sie den Schlüssel immer bei sich trug.
    Ich drehte den Knauf und zog daran.
    Nichts passierte. Die Tür war verschlossen. Natürlich.
    Eine Welle der Frustration überkam mich und ich biss die Zähne zusammen. Ich brauchte Antworten! Ich machte die Augen zu und versuchte, die tausend Fragen auszublenden, die mir durch den Kopf schwirrten. Ich atmete ein paarmal tief ein und aus. Ich wollte schon zu weinen anfangen, schließlich hatte ich es mir den ganzen Tag über verkniffen. Seit heute Morgen zumindest. Alles, was ich brauchte, war ein blöder Schlüssel! Ich konnte es förmlich vor mir sehen, wie er in das Schloss gleiten würde und sich seine Zacken mit den Einkerbungen des Zylinders verzahnten…
    Ich musste nachdenken, was zu tun war. Mit geschlossenen Augen und der Hand auf dem Türknauf lehnte ich mich gegen die kühle Wand. Mein Finger ertastete das Schlüsselloch. Ein dummer Schlüssel. Ich würde ihn einfach reinstecken, die Stifte würden sich anordnen… Ich konnte es sehen. Ich seufzte schwer. Vielleicht sollte ich erst mal lang und lauwarm duschen.
    Plötzlich war mir, als würde ich unter dem Finger eine leichte Vibration fühlen.
    Ich öffnete die Augen. Ich lauschte. Stille. Nichts rührte sich. Ich drehte den Knauf und zog leicht daran.
    Die Tür ging auf.
    Ich war drin! Ohne zu zögern, rannte ich die abgetretenen Holzstufen hinauf. Die verputzten Wände bröckelten, wie alles in New Orleans. An einigen Stellen kam der Backstein zum Vorschein.
    Als ich die Tür am oberen Ende der Treppen erreicht hatte, hielt ich den Atem an. Gott allein wusste, was sich dahinter verbarg, und mit einem Mal erschienen Bilder aus Horrorfilmen vor meinem inneren Auge.
    »J etzt mach dich nicht lächerlich«, murmelte ich und drehte den Türknauf.
    Die Tür führte in einen spärlich beleuchteten Raum, in den allein durch die halbmondförmigen geschlossenen Fensterläden an beiden Schmalseiten etwas Licht drang. Die niedrige Decke erreichte in der Mitte des Zimmers immerhin an die zwei Meter vierzig, doch an den Seiten neigte sie sich auf einen Meter zwanzig herab. Kein Lüftchen regte sich und der Raum hatte exakt die gleiche Temperatur wie meine Haut. Die Gerüche von Holz, Weihrauch, Feuer lagen in der Luft und noch viele andere, die zu sehr miteinander vermischt waren, als dass ich sie hätte benennen können. An dem einen Ende des Dachbodens stand ein zerkratzter Holztisch, auf dem die gleichen Landkarten, Pläne und Bücher lagen, die ich unten schon gesehen hatte. Auf den ersten Blick waren keine Koffer voller Heroin oder riesige Opiumpfeifen zu entdecken, wie ich befürchtet hatte. Also ging es hier nur um irgendwelche Voodoozauber.
    Niedrige Bücherregale liefen die Wand entlang, und ich bückte mich neugierig, um die Buchrücken zu entziffern. Einige der Titel waren französisch, auf anderen standen Dinge wie Kerzenrituale bei Vollmond, Hexen – eine Geschichte, Astralmagie, Grundlagen der Zauberei, weiße und schwarze Magie.
    Ich hockte mich auf meine Fersen. Ach du liebes bisschen. Magie. Hexerei. Keine Überraschung, aber eine deprimierende Bestätigung meines Verdachts. Ich sah mich um. Auf dem blanken Holzboden sah man einige Schichten von heruntergetropftem Wachs. Drum herum waren blasse, verschmierte Umrisse von Kreisen in allen möglichen Größen. Auf Regalen standen Kerzen in jeder erdenklichen Farbe. Ein astrologisches Schaubild war an einer bröckelnden Wand angebracht. Glasbehälter standen nebeneinander aufgereiht und waren in einer fremden Sprache beschriftet. Latein vielleicht?
    Wie unglaublich bekloppt. Es war ungefähr so, als hätte ich herausgefunden, dass sie allesamt Mitglieder der Mun-Sekte waren. Ich konnte nicht glauben, dass man tatsächlich so viel Zeit, Energie und Geld auf dieses ganze Zeug verschwenden konnte. Was für Idioten.
    Die drei vollzogen hier oben also ihre Rituale. Und der junge Richard auch. Gott.
    Wobei… Nach meinem Albtraum hatte Axelle mein Zimmer mit ein paar Zaubersprüchen belegt, wie um mich zu beschützen oder so… Was bedeutete, dass sie glaubte, jemand wolle mir wehtun. Als ob mein Albtraum durch irgendjemandes Zauberei verursacht worden wäre.
    Mir wurde plötzlich schwindlig

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