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Ein Kelch voll Wind

Ein Kelch voll Wind

Titel: Ein Kelch voll Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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mein Mund öffnete sich und meine Arme schlangen sich um seinen Hals, als hätte ich keine Kontrolle über meinen Körper. Und vielleicht war es genau so.
    Ich hatte den Eindruck, dass wir Ewigkeiten einfach nur dastanden und uns küssten. Schließlich ließen wir voneinander ab, so widerstrebend, als würde es den Tod bedeuten. Luc sah genauso erschrocken aus, wie ich mich fühlte. Ich legte mir einen Finger an die Lippen. Sie waren wund. Luc atmete schwer. Er fuhr sich mit der Hand durch sein dunkles Haar und wandte den Blick ab.
    Alles, was ich denken konnte, war: Meine Welt ist gerade auf den Kopf gestellt worden. Es war nur ein Kuss und dann auch noch im Stehen, und doch war es, als würde durch diesen Kuss alles in meinem Leben einen Sinn ergeben.
    Was natürlich nicht der Fall war. Mein Leben war immer noch ein einziges, dorniges Durcheinander. Aber der Kuss hatte es mich vergessen lassen können. Alles hatte ich vergessen können.
    »E s tut mir leid«, sagte er und sah plötzlich gar nicht mehr so cool und souverän aus wie sonst.
    »D as muss dir nicht leidtun«, flüsterte ich und versuchte, mich zusammenzureißen. Ich warf einen Blick in den Himmel, der sich zugezogen hatte, und im gleichen Moment spürte ich einen schweren Regentropfen auf meinen Arm platschen. Meine Haut war so erhitzt, fast hätte ich erwartet, Dampf aufsteigen zu sehen. »I ch muss gehen.« Ich wollte nicht gehen. Ich wollte für immer hierbleiben.
    Er sah mich durchdringend an, als würde er bis auf den Grund meiner Seele blicken. »W ir haben eine Beziehung«, erwiderte er, und ich bekam das seltsame Gefühl, dass er das eigentlich gar nicht hatte sagen wollen, dass es ihm aber dennoch rausgerutscht war. »A uch wenn ich… altmodisch, sexistisch und zynisch bin.« Er lachte kurz auf.
    »I ch werde wiederkommen«, sagte ich. In seinen Augen spiegelte sich die Gewissheit, dass mit diesem einen Kuss alles außer Kontrolle geraten war.

Kapitel 19
    Clio
    »H eilige Mutter«, hauchte Racey, während sie mich ansah. »D a komme ich nicht drüber weg.«
    Ich griff mir die Tüte und nahm mir eine Handvoll von dem Knabberzeug. »I ch auch nicht.«
    »A lso wusste Petra von deinem mysteriösen Zwilling«, sagte sie.
    Ich nickte. »J a, sie muss von ihr gewusst haben. Sie war erschrocken, aber nicht überrascht, wenn du verstehst, was ich meine.«
    Racey nickte und lehnte sich gegen die Wand. Es wurde langsam spät, bald würde sie gehen müssen. Schließlich war am nächsten Tag Schule und so weiter. Als könnte ich die Schule noch ertragen. Ich konnte sie ja schon nicht ausstehen, wenn mein Leben einigermaßen normal verlief, aber jetzt würde sie in eine endlose Quälerei ausarten.
    »N a ja, mein Gott«, sagte Racey und versuchte, normal zu klingen. Sie strich sich ihr weiß gesträhntes Haar hinters Ohr. »D u hast mir mal erzählt, dass du gerne eine Schwester hättest.«
    »N ein. Ich habe gesagt, ich hätte dich gerne als Schwester«, erinnerte ich sie. »A uf keinen Fall will ich mich selbst als Schwester.«
    »D as wär in der Tat ein Albtraum«, stimmte Racey zu, und ich trat mit dem nackten Fuß nach ihr. Sie lachte. »U nd wie erklärt Petra das alles?«
    »I ch weiß es nicht«, erwiderte ich knapp. »S ie hat noch gar nichts erklärt.« Ich lehnte mich gegen das Kopfstück meines Betts und legte mir ein Kissen in den Schoß. »S ie hatte es mir erklären wollen, aber dann hat sie mit diesen ganzen Schutzzaubern angefangen und im Anschluss hat sie verlangt, mich und Thais gemeinsam zu sehen.«
    »M einst du, Thais wird hier bei euch einziehen?«
    Ich stöhnte. »K eine Ahnung. Sie lebt bei irgendeiner Freundin ihres Vaters. Aber wenn Nan wirklich ihre einzige lebende Verwandte ist… Nur, hier ist überhaupt kein Platz! Wir müssten uns ein Zimmer teilen!« Ich trat nach einem Kissen und es landete auf dem Boden.
    »O kay– das ist die totale Freakshow«, stimmte Racey zu. »I ch hab’s kapiert. Lass uns über was anderes reden. Wie geht’s dem mysteriösen André?« Anzüglich zog sie die Augenbrauen hoch.
    »W oher soll ich das wissen?«, fauchte ich. »I ch habe ihn heute nicht gesehen, weil ich, ach jaaa, herausgefunden habe, dass ich eine eineiige Zwillingsschwester habe und meine Großmutter mich seit siebzehn Jahren anlügt!«
    Racey schürzte die Lippen. »A aalles klar. Na dann… Wer ist dein Chemielehrer?«
    Gegen meinen Willen musste ich lachen, obwohl ich eigentlich noch weiter wütend sein wollte. Nur Racey

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