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Ein Kelch voll Wind

Ein Kelch voll Wind

Titel: Ein Kelch voll Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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schwarzen Augen scannten mich wie zwei Laserstrahle ab. »W arum? Hast du sie vielleicht gesehen? Vier hölzerne Pokale?«
    »Ä äähm…« Ich blieb regungslos stehen wie ein verängstigtes Kaninchen.
    Axelles Augen wurden zu Schlitzen. Sie raste an mir vorbei in mein Zimmer. Ich sah mein Kissen auf den Flur hinausfliegen und hörte, wie sie meine Sachen vom Schreibtisch fegte. Minou flitzte aus dem Zimmer und verschwand. Ich presste die Zähne zusammen, als Axelle in mein Bad stürzte.
    Das Gebrüll, das nun folgte, war eine Mischung aus Erleichterung, Wut und Triumph.
    Mit gesenktem Kopf schlurfte ich hinterher und fürchtete mich vor dem Unvermeidlichen. Axelle hielt ihre handgeschnitzten hölzernen Pokale im Arm. Die Pokale, die mir so alt und ramponiert vorgekommen waren, dass ich sicher gewesen war, niemand würde je wieder in dem großen Wohnzimmerschrank nach ihnen suchen. Axelle starrte die Gefäße an. Die unterschiedlichsten Emotionen spiegelten sich auf ihrem Gesicht. Da war der Pokal, in den ich die Wattestäbchen gefüllt hatte, der mit den Abschminkpads…
    Ihre Stimme zitterte, als sie anfing zu sprechen. »D iese vier Pokale sind die wertvollsten Gegenstände, die du jemals wieder zu Gesicht bekommen wirst. Wenn du sie beschädigt hättest…«
    Es gab nichts, was ich hätte sagen können. Das hatte ich nicht gewusst. Und überhaupt, wenn die Dinger so wertvoll waren, warum standen sie dann nicht oben, in dem verschlossenen Raum? Ich meine, sooo toll waren sie nun auch wieder nicht anzusehen. Vier alte Holzhumpen halt.
    Mit großer Anstrengung schien Axelle sich wieder unter Kontrolle zu bekommen. »F rag mich von jetzt an, wenn du dir etwas von mir ausleihst.«
    Sie klang viel vernünftiger als sonst und ich nickte verlegen. Sie verteilte den Inhalt der Pokale auf dem Boden, um dann aus dem Badezimmer zu rauschen. Ich hörte, wie sie die Treppen nach oben lief.
    Ich ließ mich auf den geschlossenen Klodeckel sinken und stützte den Kopf auf die Hände. Was für ein Start in den Sonntag! Ich musste hier raus. Doch nach der Gefühlsachterbahn letzte Nacht mit Luc fühlte ich mich nicht ganz wohl bei dem Gedanken, ihn im Garten aufzusuchen. Es war, als müsste ich uns beiden ein bisschen Zeit und Raum geben. Außerdem brannte ich darauf, Clio und Petra zu sehen, mehr Antworten auf meine Fragen zu bekommen, mit ihnen zusammen zu sein. Ich stand auf und lief zum Telefon.

Kapitel 30
    Clio
    »A ber wo kommt die Magie denn her?«
    Ich versuchte, geduldig zu sein– definitiv keine meiner Stärken, noch nie gewesen. Als Racey und ich nach Hause gekommen waren, hatten wir Thais auf dem Anrufbeantworter gehört, die vorbeikommen wollte. Na ja, und wir feierten immerhin eine Party. The more the merrier. Und außerdem war sie meine Schwester.
    Zum Abendessen hatten wir uns Pizza bestellt und dabei hatte sie angefangen, uns über Magie auszufragen.
    Um sie mein resigniertes Seufzen nicht hören zu lassen, stand ich auf und ging zum Kühlschrank.
    »W illst du ein Bier?«
    Thais, die gerade von ihrer Pizza hatte abbeißen wollen, hielt in der Bewegung inne. »A ber… wir sind erst siebzehn«, sagte sie mit vollem Mund.
    Ich sah sie verständnislos an. »U nd…?«
    »O h. Ähm, nein danke«, murmelte sie, und ich hätte schwören können, dass sich ihre Wangen mit einem zarten Rosa überzogen.
    Über Thais’ Kopf hinweg wechselten Racey und ich einen Blick. Ich setzte mich wieder hin. Racey und ich ließen die Verschlüsse von unseren Flaschen springen. Das hier war eine Art wissenschaftliches Experiment. Diese ganze Gene-versus-soziales-Umfeld-Geschichte. Thais war bei unserem Dad aufgewachsen, und so gerne ich ihn auch kennengelernt hätte, so hatte er sie allem Anschein nach zu einem Riesenweichei erzogen. Und dann war da ich. Obwohl Nan bei manchen Dingen streng war, war sie bei anderen völlig cool. So hatte ich bemerkenswert frei aufwachsen können, immer gewillt, das Leben voll auszukosten.
    »A ber wo kommt die Magie her?«, fragte Thais erneut.
    »A us allem«, sagte Racey. Q-Tip sprang auf den Tisch und sie gab ihm ein Stück von ihrem Pizzakäse.
    »W ie Nan schon sagte, überall in der Natur befindet sich ein Teil der Kraft, ein Teil Energie oder Magie«, fiel ich ein. »I n Felsen, Bäumen, Wasser und der Erde selbst. In der Kunst der Magie geht es nur darum, aus dieser Kraft zu schöpfen.«
    »W ofür?«, fragte Thais. Und dann: »K ann ich etwas Eistee haben?«
    »I m Kühlschrank«, erwiderte

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