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Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Titel: Ein Kerl macht noch keinen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milly Johnson
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Ich schicke sie nachhause zu einem Mann, der ihr Teller kauft! Woche um Woche habe ich gesehen, wie sie immer schöner wurde, und das alles nur für ihn – den Teller-Mann !
    Leonid (lacht): Am Anfang vielleicht schon. Aber jetzt nicht mehr. Hast du nicht gesehen, wie sie dich ansieht, du Dummkopf?
    Vladimir: Achte gar nicht auf mich, Leonid, ich habe schon viel zu viel gesagt. Und jetzt zu dieser Grundauswahl an Farben für den ›Darqone‹ …
    Annas Hände bebten. Sie holte einmal tief Luft, um sich zu beruhigen. Okay, jetzt komm mal wieder herunter , sagte sie sich. Schauspieler schwärmten bei ihren Projekten doch ständig für irgendwelche Kollegen, oder? Sie konnten nicht mehr genau unterscheiden zwischen dem wahren Leben und dem Drehbuch. Es war nicht echt; sie verknallten sich ineinander, und sobald der Film im Kasten war, trennten sie sich. Sie musste sich vor Augen halten, was er über dieses Korsett gesagt hatte: es war ein Abschiedsgeschenk. Das entscheidende Wort war »Abschied«. Sie musste ihre Aufregung unbedingt in den Griff bekommen, bevor sie mit ihr durchging. Vladimir Darq war ihr dankbar, das war alles. Er hatte selbst gesagt, dass sie ihn in den Wahnsinn trieb. Morgen Früh würde sie nur noch eine Erinnerung für ihn sein. Und in ein paar Wochen vielleicht nicht einmal mehr das.
    Um fünf Uhr an diesem Abend breitete Anna das Korsett sorgfältig auf ihrem Bett aus. Es war umwerfend. Sie hatte es immer wieder ansehen müssen, seit sie es bekommen hatte. Es waren diese ganzen kunstvollen Details, die sie so faszinierten: die unzähligen glitzernden dunklen Perlen, jede einzeln aufgenäht.
    Warum? Jetzt, nachdem sie die DVD angesehen hatte, wusste sie es. Sie ist es wert , sagte diese Stimme in ihrem Kopf: eine tiefe, osteuropäische Stimme mit einem ungeduldigen Unterton. Sie schauderte vor Verlangen nach ihm. Aber wer konnte schon sagen, ob sie ihn nach dem heutigen Abend überhaupt noch einmal wiedersehen würde? Trotzdem, diese kleinen Perlen konnte sie sich einfach nicht aus dem Kopf schlagen.
    Es klingelte an ihrer Tür. Zu dieser späten Stunde läutete es eigentlich nur, wenn der dämliche Pizzajunge ihre Hausnummer 2 mit der 2A nebenan verwechselte. Sie riss die Tür auf, um ihm – wieder einmal – zu sagen, dass das Haus, in das er die Supremo mit extra viel Mozzarella liefern sollte, nebenan war.
    Aber sie hatte sich getäuscht. Als sie die Tür öffnete, stand Tonys größtes Geschenk vor der Tür. Tony selbst. Strahlend, die Arme weit aufgerissen, eine rote Rose im Mund.
    »Schatz!«, sagte er mit zusammengebissenen Zähnen. Er nahm die Rose schwungvoll in die Hand und hielt sie Anna unter die Nase. Anna stockte vor Verblüffung der Atem.
    In den letzten Monaten hatte sie sich immer wieder ausgemalt, was sie in diesem Augenblick tun würde: wie sie sich dankbar in Tonys Arme werfen und sein verlogenes, treuloses Gesicht mit Küssen bedecken, ihm verzeihen und ihn über die Türschwelle zerren würde. Aber jetzt, wo dieser Augenblick gekommen war, tat sie nichts von alledem, und niemand war verblüffter darüber als sie selbst. Sie stand nur da, eine sprachlose Statue, während er ihr noch immer seine Rose unangenehm dicht unter das linke Nasenloch hielt.
    Als sie schließlich doch das Wort ergriff, da es allmählich albern wurde, für die Pizza kauenden und Katzen klauenden Nachbarn wie ein lebendes Bild dazustehen, sagte sie nicht mehr als seinen Namen.
    »Tony.«
    »Ja, ich bin’s, Schatz. Oh. Ich. Habe. Dich. So. Vermisst.«
    Er streckte die Arme nach ihr aus, und sie taumelte fast nach hinten unter der Wucht seiner Umarmung. Sie nahm sein vertrautes Aftershave wahr, das Aftershave, bei dem sie früher immer so dahingeschmolzen war wie ein Solero-Eis nach einer Minute in der Mikrowelle. Aber diesmal strömte es mit Sicherheit nicht durch ihre Geruchsgänge, und sie bekam keine weichen Knie davon. Er hatte es großzügig aufgetragen, nach dem Geruch zu urteilen, und sie konnte bereits spüren, wie sich ein gewaltiger Niesanfall bei ihr ankündigte. Er gurrte in ihr Haar wie eine verliebte Taube. Dann wich er ein Stück von ihr zurück und sah sie an, als sei sie nach langer Abwesenheit zurückgekehrt – von einer Rucksacktour durch Australien vielleicht – und als sei er erleichtert, dass sie wieder heil zuhause angekommen war.
    »Wow, du siehst toll aus, Schatz«, sagte er. »Du siehst so anders aus. Hast du irgendwas machen lassen?«
    »Nein, natürlich habe ich mich

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