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Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Titel: Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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ihre Augen füllten sich mit Tränen, während sie diesen aus dem Herzen kommenden Worten lauschte, die von ewiger Liebe sprachen. Wenn der Gedanke, Liz durch den Eisernen Vorhang zu schleusen, bisher nur so eine Art rosenfarbener Tagtraum gewesen war, so wurde er jetzt zu einem unumstößlichen Entschluß.
    Natürlich hätte Mr. Lockwood, wenn er auch nur die leiseste Ahnung von diesem Plan gehabt hätte, der ganzen Sache sofort einen Riegel vorgeschoben, aber wie sollte er bei seiner kleinen, zierlichen Putzfrau auf eine solche Vermutung kommen? Auf jeden Fall war er vernünftig genug, gewisse Vorsichtsmaßregeln zu treffen, die sowohl Mrs. Harris wie auch Liz schützen sollten. Er faltete den Briefbogen, der weder Anrede noch Unterschrift trug, zusammen, steckte ihn in einen ganz gewöhnlichen Umschlag ohne Adresse, und die Art, wie er die gummierte Umschlagklappe anfeuchtete, war wie ein Kuß, den er der Dame seines Herzens übersandte. Zu Mrs. Harris sagte er: «Sie sehen, ich habe den Brief weder unterzeichnet noch adressiert oder sonstwas, und sollte er jemand anderem in die Hände fallen als der Person, für die er bestimmt ist...»
    «Das wird er nicht», sagte Mrs. Harris energisch, «darauf können Sie Gift nehmen. Machen Sie sich keine Sorgen.»
    «Ich weiß», sagte Mr. Lockwood und versicherte ihr immer wieder, wie unendlich dankbar er ihr sei. Abschließend fügte er hinzu: «Sobald Sie das erste Mal mit ihr allein sind, sagen Sie ihr nur, von wem der Brief kommt und wieso es dazu kam. Übrigens, brauchen Sie Geld... Darf ich Ihnen...?» und er griff nach seiner Brieftasche.
    «Nein, nein, Sir», protestierte Mrs. Harris, «keinen Penny. Es ist alles bezahlt, und wir haben alles, was wir brauchen.» Es kam gar nicht in Frage, daß die leuchtende Schönheit dieser Romanze und ihr Anteil daran durch schnöden Mammon verdunkelt wurde.

8

    Am Sonntagmorgen spannte sich ein azurblauer Himmel über London. Es war einer jener wunderbaren klaren Tage, wie sie vom himmlischen Management dann und wann geliefert werden, wenn den Bewohnern des Planeten Erde vor Augen geführt werden soll, daß das Leben längst nicht so schlecht ist, wie sie vielleicht meinen.
    Mrs. Harris und Mrs. Butterfield hatten ihre Koffer gepackt und waren reisefertig.
    Ada sah aus, als würde sie im Geld schwimmen. Sie trug ein dunkelblaues Kostüm des königlichen Hoflieferanten Norman Hartnell, und dazu eine weiße Bluse; die Lackschuhe waren von Rayne, während Handschuhe und Handtasche, beide in weiß, von Asprey in der Bond Street stammten. Ihre elegante Toque war ein Kunstwerk der teuersten Putzmacherin Londons.
    Doch das Geld, das all diese Sachen gekostet hatte, war nicht Adas Geld gewesen. Sie hatte jedes einzelne Stück ihrer Ausstattung von den Damen geschenkt bekommen, bei denen sie seit vielen Jahren in Lohn und Brot stand: Lady Dent, Gräfin Wyczinsky, Mrs. Schreiber und Lady Corrison. In einem Anfall von Freigebigkeit oder weil ihnen ein bestimmtes Kleid nicht mehr gefiel, hatten sie Ada dies und jenes großmütig überlassen.
    Mrs. Butterfield hatte es irgendwie geschafft, ihre Rundungen in dem schlichten Reisekleid unterzubringen, das Mrs. Schreiber ihr damals, als sie und Ada mit den Schreibers nach Amerika gefahren waren, geschenkt hatte, und sie sah darin recht ordentlich und gepflegt aus und stellte für Ada die ideale Begleiterin dar.
    Jede von ihnen hatte zwei Gepäckstücke, an denen blau-weiße Aufkleber baumelten, und in der Handtasche, neben Ticket und Reisepaß, einige Intourist-Prospekte sowie eine schmale Broschüre mit genauen Anweisungen für die Reisenden, die Mütterchen Rußland einen Besuch abstatten wollten, wie sie sich nach der Ankunft in Moskau zu verhalten hatten und was sie tun und was sie nicht tun durften.
    Erst im letzten Augenblick, als das Taxi, das sie zum Westlondon Air Terminal in der Cromwell Road bringen sollte, schon vor der Tür wartete, entnahm Mrs. Harris der Suppenterrine auf dem Büfett verstohlen einen verschlossenen Umschlag und steckte ihn, als sei es die selbstverständlichste Sache der Welt, in die teure weiße Lederhandtasche, die von Lady Dent stammte.
    Mrs. Butterfield, deren Nerven aufs äußerste gespannt waren angesichts der unmittelbar bevorstehenden Abreise in ein Land, aus dem es, wie sie tief im Innern überzeugt war, keine Wiederkehr gab, war diese Heimlichkeit nicht entgangen, und sie fragte: «Was ist das?»
    Mrs. Harris entgegnete so beiläufig wie möglich:

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