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Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Titel: Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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durch das Tragen einer Einkaufstüte verdächtig machte, wenn man ihn dabei erwischte, wie er heimlich einen verschlossenen Brief wegwarf? Noch dazu einen Liebesbrief, der so etwas an sich hat, das es einem verbietet, sich seiner auf diese Weise zu entledigen? Im Grunde trug sie ja nicht einen Brief bei sich, sondern ein Stück von Mr. Lockwoods Herzen.
    Der Lautsprecher kam Ada zu Hilfe, er forderte die Passagiere des Fluges 101 von Aeroflot nach Moskau auf, die Pässe bereitzuhalten und sich durch die Sicherheitskontrolle in die Abflughalle zu begeben.
    Ada sagte: «Das sind wir, Vi. Komm, es geht los.» Während ein dickes Menschenknäuel der Aufforderung gehorsam Folge leistete, fanden die Freundinnen zum erstenmal Gelegenheit, einen flüchtigen Blick auf ihre Mitreisenden zu werfen, an denen selbst Mrs. Butterfield nichts Bedrohliches zu entdecken vermochte. Es waren vorwiegend Leute aus dem Mittelstand oder ältere Menschen, darunter ganze Gruppen, die Anstecknadeln trugen, mit denen sie sich als Bewunderer des Sowjetparadieses zu erkennen gaben, ferner einige Arbeiter, vermutlich irgendwelche betriebliche Vertrauensmänner, die sich drüben darüber informieren wollten, wie sie der englischen Industrie noch mehr Ärger machen konnten. Mrs. Harris politische Einstellung war die ihrer Brotgeber.
    Die Paßkontrolle ging rasch und ohne Aufenthalt vor sich, doch dann sahen sie sich von mehreren Flughafen-Hostessen zur Seite genommen und zu einer Tür geleitet, die in einen kleinen, vor der Abflughalle gelegenen Raum führte, wo an einem langen Tisch fünf oder sechs Polizisten saßen, darunter zwei Frauen. Der Anblick der Blauuniformierten genügte, um Mrs. Butterfield erneut in heftigste Erregung zu versetzen. Sie klammerte sich an Adas Arm und flüsterte mit zitternder Stimme: «Polizei! Was ist los? Habe ich dir nicht gesagt, die wissen von diesem verflixten Brief? Jetzt sind wir dran.»
    Ada schüttelte Violet ab und zischte ihr zu: «Sei doch um Gottes willen still, Vi. Hier muß jeder durch, das siehst du doch. Es besteht nicht der geringste Grund zur Aufregung.»
    Obwohl Mrs. Harris noch nie eine solche Flughafenkontrolle mitgemacht hatte, wußte sie doch von ihren Kunden, wie lästig die ganze Fliegerei geworden war. Es handelte sich um weiter nichts als um eine Routinekontrolle, die inzwischen jeder Luftreisende — es sei denn, er hätte eine .38er oder eine Handgranate bei sich — geduldig über sich ergehen läßt, ja, sogar mit einer gewissen Erleichterung über die getroffenen Vorsichtsmaßnahmen, die ihm die Sicherheit geben, daß sein Nachbar nicht am Ende schwer bewaffnet war.
    Handgepäck, Handtaschen, Brieftaschen und Pakete wurden rasch, jedoch gründlich durchsucht und ihren Besitzern zurückgegeben. Anschließend mußten sie zwischen zwei uniformierten Männern hindurchgehen, die die Reisenden von Kopf bis Fuß mit elektronischen Geräten abtasteten, um festzustellen, ob der Reisende nicht etwa am Körper oder in der Kleidung ein verborgenes Schießeisen bei sich trug. Bei einem Fluggast gab das Gerät ein schwaches Piepen von sich, doch die umgedrehten Manteltaschen enthielten nichts Gefährlicheres als einen ungewöhnlich großen Schlüsselbund.
    Als der Beamte nun Mrs. Harris Handtasche öffnete und der ominöse Brief zwischen all den Prospekten sichtbar wurde, bot Mrs. Butterfield ein Bild des Jammers: ihr winziger Mund zitterte, alles Blut war aus ihrem runden, glühenden Gesicht gewichen, und der Schweiß stand ihr auf der Stirn. Falls die Polizei nach jemand Ausschau hielt, der sich durch auffälliges, nervöses Gebaren verdächtig machte, so hatte sie hier ein Paradebeispiel vor Augen.
    Aber die Beamten waren bloß auf der Suche nach kleinkalibrigen Kanonen, und als sich in der Handtasche der beiden Damen nichts Derartiges fand, gaben sie sie ihnen wieder zurück.
    In ihrer Aufregung merkte Mrs. Butterfield zunächst nicht, daß der Beamte die Taschen vertauscht hatte, ihr also Adas Tasche ausgehändigt worden war, und umgekehrt. Erst als sie bei den Männern mit den Spürgeräten anlangten, wurde ihr klar, daß nunmehr sie den Brief bei sich trug.
    Da stand die nun zitternd und zaghaft, und das Herzklopfen, das sie hatte, war offenbar völlig gerechtfertigt, denn als die Männer mit den Abtastgeräten die übliche kleine Pantomime rund um Violets ausgeladene Formen vollführten, gaben beide Geräte anhaltend laute, triumphierende Geräusche von sich.
    Mrs. Butterfields Brust entrang

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