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Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Titel: Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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war.
    Als sie zum erstenmal aus einer gewissen Distanz auf die Kette der Ereignisse zurückblickte, erschien ihr viel von dem, was geschehen war und geschah, äußerst sonderbar. Die Rede, die sie vor Sir Wilmot an jenem Morgen geschwungen hatte, schien ihn auf den Gedanken gebracht zu haben, sie als Kandidatin in einem zweifelhaften Bezirk aufzustellen. Von dem Augenblick an waren mächtige Kräfte am Werk gewesen, um etwas zustande zu bringen, das offenbar niemanden glücklich gemacht hatte, auch nicht Sir Wilmot, der das alles eingerührt hatte. Nicht einmal ein Glückwunschtelegramm war von ihm gekommen, ehe er zu den griechischen Inseln entschwand. Was sollten das Kichern und die seltsamen Blicke, die sie manchmal auffing, und warum verstummten Unterhaltungen abrupt, sobald sie sich näherte? Und warum beachtete ihre eigene Partei sie nicht? Man hatte sich um ihr stolzes Banner «Leben und leben lassen» geschart, und jetzt wollte man nicht einmal mit ihr sprechen.
    Aber Ada Harris war zu beherzt, um so schnell die Flinte ins Korn zu werfen. Als sie hörte, daß Smyce von seinem Urlaub zurück sei, ging sie in das Parteihaus in der West Rowntree Street in Battersea, um der Sache auf den Grund zu gehen.

13

    Aber Mr. Smyce war natürlich keine Hilfe.
    «Das wäre so, wie wenn man in den Sturm spuckte», sagte er. «Wissen Sie, wie viele Sitze wir im Unterhaus haben? Fünf! Von wem erhoffen Sie sich da Unterstützung? Machen Sie sich nur zum Narren, wenn Sie wollen!»
    «Aber ich bin doch gewählt», sagte Mrs. Harris. «Müßte ich da nicht wenigstens eine Rede halten?»
    «Gewiß, gewiß. Warum tun Sie’s nicht?»
    Immer noch durch ihre Ignoranz eingeschüchtert, sagte sie: «Ich weiß nicht einmal, wie man es erreicht, daß man eine Rede halten kann.»
    Charlie Smyce saß in seinen Sessel geflegelt, hatte die Beine auf den Schreibtisch gelegt und eine Zigarette im Munde, eine Haltung, die nicht gerade zu der Anwesenheit einer Abgeordneten des Parlaments paßte. «Nun», sagte er, «Sie brauchen nur aufzustehen und zu warten, bis der Sprecher Sie bemerkt.»
    «Ach», sagte Mrs. Harris.
    Mr. Smyce blies eine blaue stinkende Rauchwolke aus, und sein säuerliches Gesicht verzog sich zu einem Grinsen. «Manchmal dauert das zwei Jahre», sagte er.
    «Sie gemeiner Schuft», rief Mrs. Harris. Es war heraus, ehe sie merkte, daß sie es gesagt hatte und daß etwas in ihr zersprungen war. «Nehmen Sie die Füße vom Tisch und den Glimmstengel aus dem Mund, wenn Sie mit einer Dame sprechen! Ich habe Sie allmählich satt, Mr. Charlie-Boy Smyce. Ich bin nicht dank Ihrer Anstrengungen gewählt worden.»
    Er verschränkte nur die Hände hinterm Kopf und blickte sie frech an. «Das stimmt», sagte er. «Sie haben’s nicht mir zu verdanken. Es war meine Aufgabe, dafür zu sorgen, daß Sie nicht gewählt werden würden«. All das, was geschehen war, und vor allem der überwältigende Sieg von Mrs. Harris hing ihm zum Halse heraus. Er sah darin nicht eine Reihe von merkwürdigen Zufällen, sondern etwas, das seinem Mann zugekommen wäre. Chatsworth-Taylor hätte gewußt, was er mit solch einem Sieg machen mußte. Smyce war bereit, aus der Schule zu plaudern. Mrs. Harris gab ihm Gelegenheit dazu.
    «Was war Ihre Aufgabe?» schrie sie. «Sie elender kleiner Gauner! Ihr Verhalten kam mir schon gleich verdächtig vor. Und jetzt weiß ich’s. Sie hatten Ihren Mann, den Sie ins Parlament bringen wollten, und darum haben Sie mir so übel mitgespielt. Wenn Sir Wilmot das hört, wird es ihn kaum entzücken.»
    «Es wird ihn nur allzusehr entzücken, denn es war seine Idee.»
    «Seine Idee! Wie können Sie es wagen, so etwas zu sagen?»
    «Weil es die Wahrheit ist», antwortete Mr. Smyce, nahm die Füße vom Schreibtisch, beugte sich vor und deutete mit seinem langen, schmutzigen Finger auf Mrs. Harris. «Weil Sie auf dem Holzwege sind, mein Mädchen, und Sie sollten nicht den alten Charlie Smyce einen Gauner nennen, wenn er nichts weiter tut, als Befehle von oben auszuführen.»
    Seine Haltung hatte plötzlich etwas scheußlich Überzeugendes, das genau zu dem paßte, was ihr in den letzten Wochen mehrmals durch den Kopf gegangen war, ein Gedanke und ein Argwohn, die sie aber weit von sich gewiesen hatte. Trotzdem sagte sie: «Ich verstehe nicht, wovon Sie sprechen.»
    «Noch nicht», erwiderte Mr. Smyce kühl, «aber Sie werden’s gleich verstehen. Sie sind von zwei Schwindlern übers Ohr gehauen worden, doch zum Schluß sind die

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