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Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Titel: Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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beiden ebenso gelackmeiert wie Sie, und ich habe mich darüber kaputtgelacht. So, und nun hören Sie mir zu.»
    Und dann berichtete er ihr, so daß selbst ein Kind es hätte verstehen können, alle Einzelheiten des Komplotts, dessen Opfer sie geworden war, und die Art, wie man sie für seine eigenen Zwecke benutzen und dann abschieben wollte.
    Und jetzt, da sie das alles aus dem Munde dieses bitter enttäuschten Mannes hörte, von dem sie wußte, daß er damit seinen Vorgesetzten verriet und verkaufte, klang es erschreckend wahr, bis auf die eine große Diskrepanz in der Sache, die vielleicht das Gebäude von Smyces demütigender Geschichte als vom Anfang bis zum Ende aus Rache erlogen einstürzen lassen würde.
    «Aber wie ist es dann gekommen, daß ich gewählt worden bin?» fragte sie in fast triumphierendem und herausforderndem Ton.
    Mr. Smyce blickte sie einen Augenblick düster an, ehe er antwortete: «Das wird eines der großen unerklärlichen Geheimnisse der Wahl bleiben. Sie hatten jemanden hinter sich, von dem wir nichts wußten und der nicht von gestern war. Sie sollten einmal Ihren Freund Bayswater fragen. Ich glaube nicht, daß er von sich aus auf die Idee gekommen ist, die Rolls-Royce-Kolonne für die Wahl einzusetzen.»
    Die Erwähnung des Namens Bayswater ließ Mrs. Harris plötzlich ein Licht aufgehen. Ereignisse, die sie in ihrer freudigen Erregung nicht beachtet hatte, begannen sich wie die Stücke in einem Puzzlespiel zusammenzufügen. Bayswaters Rolls-Royce-Kavalkade, die Einladung zu dem Auftreten im Fernsehen, die nicht über die Partei, sondern unmittelbar an sie ergangen war, und der Angriff in der französischen Zeitung, der fast zur gleichen Zeit erschien. Und der Marquis de Chassagne gerade zu der Zeit in London. Es fehlte nur noch die Bestätigung, die, wie sie verzweifelt hoffte, ausbleiben würde.
    Sie ergriff ihre Tasche und sagte zu Smyces ungeheurer Überraschung in ruhigem Ton: «Ich danke Ihnen, daß Sie mir das erzählt haben. Es tut mir leid, daß ich Sie beschimpft habe. Ich sehe, Sie haben auch Ihr Fett abgekriegt. Ich werde jetzt gehen.»
    Ihr war noch gar nicht ganz bewußt, was für ein schlimmer Schlag das war, und ihr Kopf war darum noch so klar, daß er ihren Gliedern und anderen Organen befahl, was sie tun mußten.
    Als sie auf der Straße war, öffnete sie ihr Portemonnaie, um zu sehen, ob sie genügend Pennys hatte. Es waren nicht genug. Sie ging in einen Süßwarenladen, erstand einen Schokoladenriegel, ließ sich in Kupfermünzen herausgeben und ging dann weiter, bis sie zu einer Telefonzelle kam, in der niemand war. Immer noch vollkommen ruhig, suchte sie eine Nummer im Telefonbuch, steckte die vier erforderlichen Pennys in den Schlitz, wählte Temple Bar 4343, und als die Stimme am anderen Ende der Leitung sagte: «Savoy Hotel», drückte sie fest auf Knopf A und sagte: «Könnte ich Mrs. Schreiber sprechen, Mr. oder Mrs. Schreiber?»
    Das Telefonfräulein, das viele transatlantische Gespräche der Schreibers während ihres Aufenthalts in London vermittelt hatte, antwortete: «Schreiber? Ich glaube, sie sind nicht mehr hier. Sie sind vor ein paar Tagen abgereist. Würden Sie bitte einen Moment warten? Ich gebe Ihnen die Rezeption.»
    «Das ist nicht nötig. Vielen Dank», sagte Mrs. Harris und legte den Hörer auf. Sie hatte das schon vorausgesehen. Es erklärte das plötzliche Interesse des Fernsehproduzenten an ihr und daß man sie aufgefordert hatte, in dieser wichtigen Sendung aufzutreten. Keiner der Vorübergehenden schien telefonieren zu wollen, und so lehnte sie sich einen Augenblick an die Glastür, um nachzudenken. Die Schreibers, natürlich! Aber wenn sie in London gewesen waren, warum hatten sie sich dann nicht mit ihr in Verbindung gesetzt, denn sie und Mrs. Schreiber hatten sich über die normalen Barrieren zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer hinweg befreundet? Außerdem war da der kleine Henry, der Junge, den sie dank ihrer Hilfe hatten adoptieren können. Sie hätten sie doch bestimmt aufgesucht, um ihr zu berichten, wie es Henry ging, und Grüße von ihm bestellt. Es sei denn, sie hatten nicht gewollt, daß sie von ihrem Aufenthalt in London wußte. Es sei denn, es steckte etwas dahinter, eine Art Verschwörung, und hier fügte ihr scharfer Verstand das Wort Gegenverschwörung hinzu. Denn wenn es stimmte, daß sie einerseits das Opfer eines gemeinen politischen Komplotts war, so schien es jetzt andererseits festzustehen, daß noch eine andere

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