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Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Carr
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versuchte, seine vorgetäuschte Leichtigkeit aufzugreifen, doch sie war empfindlich getroffen und spürte den Schmerz, den sie ihm zufügte. Sie stellte sich vor, wie er voller Hoffnung den Ring ausgesucht hatte und ihn wieder zurückbringen würde, niedergeschlagen und beschämt wegen der Abfuhr, den Armeerucksack über der Schulter – die Frau, die er zurücklassen musste, hatte seinen Antrag abgelehnt.
    Â»Bring ihn nicht zurück«, sagte sie. »Behalte ihn, bis du das nächste Mal nach Hause kommst. Vielleicht bin ich dann bereit.« Sie schloss die Finger um die Schachtel und küsste ihn auf den Hals. »Joe, bitte versteh, dass es nicht an dir liegt. Es liegt an mir. Ich hoffe, dass ich mir über meine Gefühle klar werde, während du weg bist.«
    Â»Das hoffe ich auch«, sagte Joe.
    Am nächsten Morgen zog Joe von dannen, und mit ihm verschwanden die Tage der Sorglosigkeit. Nancy hatte ihm keinerlei Versprechen gegeben; sie war keine Verpflichtung eingegangen, und dennoch waren die Fangarme noch da und hielten sie beinahe so fest umklammert, als wenn sie es getan hätte. Sie wusste, dass sie ihm eine eindeutige Antwort hätte geben müssen – und diese Antwort wäre ein Nein gewesen. Wäre er der Richtige für sie, dann hätte sie nicht lange gezögert, hätte sich nicht bedrängt und gefangen gefühlt. Und sie müsste auch keine Angst davor haben, die ganze Situation noch einmal durchstehen zu müssen. Sie hätte auf ihr Herz hören und ihm und sich selbst gegenüber ehrlich sein sollen. Stattdessen hatte sie feige Ausflüchte gesucht und ihn mit einem »Vielleicht« hingehalten.
    Schuldgefühle nagten an ihr, ätzend wie Batteriesäure. Sie musste sich eingestehen, dass sie egoistisch mit seinen Gefühlen gespielt hatte: Sie hatte ihn ermutigt, weil seine Zuwendung bei ihr ein tiefes inneres Bedürfnis befriedigt hatte. Und sie hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie ihm immer noch falsche Hoffnungen machte. Das Gefühl, sein Herz und sein Glück in der Hand zu haben, war unerträglich belastend. Ihr graute innerlich vor dem Gedanken, dass sie ihm wehtun könnte. Aber sie wollte ihn auch nicht heiraten. Sie wollte sich nicht ihr Leben lang an ihn binden, ihre Unabhängigkeit aufgeben und sich um die Möglichkeit bringen, dieses schwer fassbare Etwas, was ihr fehlte, vielleicht doch noch kennenzulernen. Dieses gewisse, kaum zu beschreibende Etwas, nach dem ihr Herz sich sehnte.
    Das Gefühl, gefangen zu sein, ließ im Laufe der nächsten Wochen und Monate nicht nach, sondern wurde eher noch schlimmer. Die Einschränkungen, die die Behörden über die zivile Luftfahrt verhängt hatten, führten dazu, dass Nancy ihre geliebte Arbeit nicht mehr ausüben konnte; sie saß am Boden fest – ausgerechnet sie, die ihre Freiheit nur in der Luft fand. Und Dorothys entschlossenes Bestreben, Joe zu beschützen, hatte zur Folge, dass sie auch zu Hause versuchte, Nancy die Flügel zu stutzen.
    Dorothy, die sich zur Hüterin von Joes Glück berufen fühlte, wurde zu Nancys Gefängniswärterin: Sie jammerte, dass Nancy lieber vom Wohnwagen ins Haus ziehen solle – es sei doch unsinnig, sagte sie, doppelt für Strom zu bezahlen. Sie beklagte sich, dass sie einsam sei. Sie hing an Nancy wie eine Klette; kaum drehte Nancy sich um, war auch Dorothy da, die Nancy mit ihrem wachsamen Blick verfolgte. Ging Nancy aus, dann fragte Dorothy sie unermüdlich darüber aus, wo sie gewesen sei und mit wem, alles unter dem Deckmantel, sich um Nancys Wohlergehen zu sorgen. Dabei wusste Nancy ganz genau, dass es ihr in Wahrheit bloß um Joe ging. Sie hatte das Gefühl, dass Dorothy sie vollkommen vereinnahmte und sie bald für immer in diesem verhassten Fleischberg verschwinden würde.
    Und nun bot sich ihr die Rettung in Form von Jackie Cochrans Telegramm. Ein Vorschlag, der nicht bloß aufregend war, sondern ihr auch die perfekte Entschuldigung lieferte, von hier wegzukommen.
    Dorothy sah aus, als sei sie von Panik ergriffen und wisse nicht mehr weiter. Sie war einfach nicht daran gewöhnt, dass sich ihr jemand offen widersetzte. Einen Moment lang empfand Nancy fast Mitleid mit ihr, mit dieser Frau, deren Lebensinhalt darin bestand, das Leben von anderen zu lenken.
    Â»Es tut mir leid, Mrs. Costello – aber jeder hat die Pflicht, zu den

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