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Ein kleines Stück vom Himmel nur

Ein kleines Stück vom Himmel nur

Titel: Ein kleines Stück vom Himmel nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Carr
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glamourös war, wie sie auf den Fotos wirkte. Sie hatte dichte blonde Locken, ihre Lippen leuchteten scharlachrot, und sie strahlte eine überwältigende Energie aus, die jeden Raum zu sprengen schien. Sie bombardierte Nancy mit Fragen und erteilte ihr Aufträge in der selbstgewissen Art eines Menschen, der es gewöhnt ist, seinen Willen durchzusetzen. Doch auch wenn Nancy eingeschüchtert war, hatte sie nicht die Absicht, sich das anmerken zu lassen. Sie beantwortete Jackies Fragen so selbstbewusst wie möglich und absolvierte das Vorfliegen – in einer Harvard – routiniert. Als sie in das Büro zurückkehrten, das Jackie beschlagnahmt hatte, gab Jackie Nancy die Antwort, auf die sie gewartet hatte.
    Sie war als eine der sieben Frauen ausgesucht worden, die nach England gehen sollten. Sie sollten so bald wie möglich von St. Johns in Neufundland mit dem Schiff abreisen. Jackie würde nach England fliegen, um die Frauen dort persönlich in Empfang zu nehmen. Nancy war wie berauscht vor Freude. Der Traum war Wirklichkeit geworden. Es ging los.
    Jackies »Truppe« war ein bunt gemischter Haufen: sieben junge Frauen, deren Charaktere ebenso unterschiedlich waren wie ihre Herkunft. Sie kamen aus allen Ecken des Landes, aus Kalifornien und New Jersey, aus Norddakota und Arkansas. Kay Butler, die einzige New Yorkerin, war die Tochter des Vorstandsvorsitzenden einer Eisenbahngesellschaft und ehemalige Debütantin, die sich aus den gehobenen Kreisen zurückgezogen hatte, weil das Fliegen ihr wichtiger war. Sie war hübsch, naturblond, mit heller Haut, blauen Augen und Wimpern, die so lang und dicht waren, dass sie sogar ohne Tusche toll aussahen. Sie hatte einen Schrankkoffer voller Designerkleidung mitgebracht, die Nancy vor Neid erblassen ließ. Trotz ihrer privilegierten Herkunft und der Tatsache, dass sie eine enge Freundin von Jackie Cochran war, begnügte sie sich bereitwillig damit, »zu den Mädels« zu gehören. Julia Montgomery, ein kleiner, hübscher Lockenkopf, war ein Technikgenie. Sie hatte schon in einer Flugzeugwerkstatt gearbeitet, als sie noch zur Schule ging. Die rothaarige Liz Scott und die hochgewachsene dunkelhaarige Bobbie Morrison hatten beim Civilian Pilot Training Program das Fliegen gelernt, einem Ausbildungsprogramm, das von der amerikanischen Regierung gefördert wurde, damit im Falle eines Krieges genügend Piloten bereitstanden. Die stämmige, patente Grace Williams hatte vorher als Ausbilderin beim Civilian Pilot Training gearbeitet. Nur die durch und durch perfekte Miriam de Sousa war, wie Nancy fand, eine eingebildete Langweilerin. Sie unterhielt die anderen mit einer schier endlosen Aufzählung ihrer Leistungen – ihre überragende Ausbildung, ihre unermessliche Erfahrung –, und Nancy gewöhnte sich bald an, vor ihrem Geschwätz die Ohren zu verschließen. Als den Mädchen ihre Kabinen auf der SS Culloden Queen zugeteilt wurden, war Nancy sehr erleichtert, dass sie ihre nicht mit Miriam teilen musste.
    Miriam, Julia, Liz, Bobbie und Grace wurden gemeinsam in einer Vier-Bett-Kabine untergebracht; als fünftes Bett diente eine Matratze auf dem Boden, die jeden Morgen hochgestellt werden musste. Nancy und Kay mussten sich hingegen in eine winzige Kabine quetschen, die gerade breit genug für zwei schmale, übereinander gelegene Kojen und einen winzigen Spind war. Es war so eng, dass sie sich nicht beide gleichzeitig an- oder ausziehen konnten, und sie wechselten sich ab, wer morgens als Erste aufstehen oder abends als Erste in die Koje gehen durfte. Während der ersten Tage auf See litt Nancy stark unter Seekrankheit, so dass sie die untere Koje erhielt und Kay über den Eimer krabbeln musste, der neben Nancys Kopf stand, wenn sie an ihre Siebensachen wollte. Obwohl es in der Kabine nach Erbrochenem stank, blieb Kay stets fröhlich, und die beiden Mädchen schlossen enge Freundschaft, während Kay Nancy schluckweise Wasser einflößte und sie unaufhörlich neckte. Kays Vater besaß natürlich eine Segeljacht, und Kay war schon von Kindesbeinen an auf dem Wasser gewesen, so dass der Seegang ihr keinerlei Probleme bereitete.
    Als Nancys Seekrankheit endlich nachließ, waren sie schon weit draußen auf dem Atlantik, und der Anblick, der sie begrüßte, als es ihr endlich gut genug ging, um an Deck zu gehen, war nicht besonders ermutigend. Ein schwerer bleigrauer

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