Ein Knödel zu viel: Kriminalroman (German Edition)
war nur, dass er Straßengeräusche gehört hatte. Sie hatte ihm erzählt, dass sie den Tag nicht in Sulzberg verbringen konnte und schon gar nicht alleine im Wald unterwegs sein würde. Sie musste möglichst viele Menschen um sich haben.
Er hatte ihr empfohlen, nach Düsseldorf zurückzukommen, aber das hatte sie kategorisch abgelehnt. Sie wollte nicht zurück. Zumindest vorerst nicht. Sie war nervös gewesen, weil sie immer noch keine Bestätigung über den verabredeten Deal bekommen hatte. Die Fotos schienen wohl doch nicht die gewünschte Wirkung gehabt zu haben. Sie hatte wie ein kleines Kind geflennt. Er hatte sie beruhigen müssen, denn sie hatte immer wieder davon gesprochen, aussteigen zu wollen. Egal, ob sie kurz vor dem großen Deal standen oder nicht. Und egal, was die Italiener angedroht hatten. Sie wollte einfach nur weg und in Ruhe gelassen werden.
Carina wurde in der Tat immer mehr zu ihrem eigenen Sicherheitsrisiko. Sosehr er sie auch schätzte, so wenig wollte er auf das Geld verzichten. Ihr letztes großes Geschäft würde auch ihn endgültig zum sorglosen Mann machen. Carina musste also durchhalten.
Leuchtenberg ging hinüber zu seinem Barwagen und goss sich einen Whisky ein. Nachdenklich beobachtete er, wie die goldgelbe Flüssigkeit ölig in das Glas floss. Dann hob er es kurz gegen das Licht. Am Ende würde ihm keine Wahl bleiben. Zur Not musste er diesen letzten Schritt gehen. Aber selbst das würde er überstehen.
Er seufzte und trank das Glas in großen Zügen leer. Zunächst musste er mal dafür sorgen, dass Bongarts gefasst wurde.
Robert Mayr stemmte sich aus der Sitzgruppe auf und ging hinüber zur Rezeption.
»Guten Tag, Frau Bauer. Ich habe Sie schon vermisst.«
Die so Angesprochene trat einen Schritt zurück und nahm ihre Sonnenbrille ab.
Robert Mayr streckte ihr seine Hand entgegen. »Mayr. Kriminalpolizei. Wir hätten da ein paar Fragen an Sie.«
»Bitte?« Carina Bauer war verunsichert. Wo kam der Bulle jetzt auf einmal her?
»Wollen wir uns setzen? Kaffee?«
»Ich, eigentlich wollte ich gerade wieder gehen. Ich habe eine Verabredung. Worum geht es bitte?« Sie gab ihm die Hand. Und die fühlte sich trocken und leicht an.
»Es dauert nicht lange.« Ohne seine Frage zu wiederholen, bestellte Mayr zwei Kaffee bei der jungen Frau, die ihm am Tag zuvor wie ein Engel mit dem rettenden Bier erschienen war.
Carina Bauer versuchte, sich in Sekundenschnelle auf die neue Situation einzustellen.
»Ich weiß nicht, habe ich eine Verkehrsregel missachtet?« Sie versuchte ein Lächeln.
Verkauf mich nicht für dumm, dachte Robert Mayr und erwiderte freundlich: »Sie haben eine etwas unschöne Begegnung gehabt im Wald, oder?«
Woher wusste dieser Kriminalkommissar davon? Carina Bauer sah zur Rezeption hinüber, aber die war nicht besetzt. Hatte etwa das Hotelpersonal die Polizei gerufen? Nein. Sie war sich sicher, dass sie nach Bongarts’ Überfall ungesehen ihr Zimmer erreicht hatte. Wenn es die Angestellten nicht waren, musste Leuchtenberg dahinterstecken! Was für ein Arschloch!
»Unschöne Begegnung?« Sie musste Zeit gewinnen.
»Wir haben aus Mönchengladbach und Düsseldorf den Hinweis bekommen, dass Sie hier oberhalb vom Rottachsee überfallen worden sind.«
Sie zwang sich zu einem Lächeln. »Da wird wohl jemand übertrieben haben. Es war eine unschöne Begegnung, wie Sie sagen. Mehr nicht. Mir geht es gut, ich habe keinen Schaden genommen.«
Carina Bauer machte Anstalten aufzustehen.
»Bitte bleiben Sie sitzen, der Kaffee kommt gerade.« Mayr nickte der jungen Frau zu. »Wissen Sie, wir hier im Allgäu lassen der Zeit ihre Zeit. Nix ist so eilig wie die Uhr. Lassen Sie sie rennen.« Er trank einen Schluck. »Ihr Freund hat sich große Sorgen um Sie gemacht. Er hat uns gesagt, dass wir Sie möglicherweise in Sulzberg antreffen.«
»Mein Freund? Sie meinen sicher Ferdinand Leuchtenberg. Ein väterlicher Freund.« Sie lächelte kokett.
Mich täuschst du nicht, lächelte Mayr zurück. »Er war jedenfalls sehr besorgt.«
»Ferdinand neigt dazu, die Dinge zu dramatisieren. Ich hätte ihn besser nicht angerufen. Dann hätten Sie sich nicht die Mühe machen müssen hierherzukommen.« Sie schenkte ihm einen weiteren Augenaufschlag.
»Oh, das macht nichts. Ich hatte sowieso in der Gegend zu tun. Der Mann, dem Sie, nun ja, begegnet sind, heißt Heinz Bongarts.«
Carina Bauer runzelte die Stirn, als denke sie angestrengt nach.
»Ein eher dicker Mann, etwas schmierig, sagen
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